Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Maček, Vladimir
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Maček, Vladimir

Maček, Vladimir, Führer der kroatischen Bauernpartei 1928-1945 und stellvertretender jugoslawischer Ministerpräsident 1939-1941, * Jastrebarsko 20.07.1879, † Washington 15.05.1964.

Leben

 M. besuchte die Grundschule in Jastrebarsko und anschließend das Gymnasium sowie die Juristische Fakultät in Zagreb, wo er 1903 promovierte. In Zagreb, Petrinja, Samobor und Ivanec war er bis 1905 im Gerichtsdienst tätig, wurde danach Anwaltsassessor in Krapina und eröffnete schließlich in Sv. Ivan Zelina eine Anwaltskanzlei. Während des Ersten Weltkrieges war er als Offizier der österreichisch-ungarischen Armee in Serbien und Italien eingesetzt und führte nach dem Krieg eine Anwaltskanzlei in Zagreb. Seit Gründung der kroatischen Bauernpartei (Hrvatska pučka seljačka stranka - HPSS) Ende 1904 gehörte er als Mitglied des Hauptausschusses zu deren führenden Persönlichkeiten und unterstützte nach Konstituierung des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen (SHS) die föderalistischen Pläne Stjepan Radićs. Gleich diesem lehnte er das von den Parteien im ehemaligen Königreich Serbien verfochtene Programm des integralen Jugoslawismus und des staatsrechtlichen Zentralismus entschieden ab. 1919/20 war er im Zusammenhang mit dem Versuch, dem amerikanischen
Präsidenten Woodrow Wilson ein Memorandum zuzustellen, kurze Zeit verhaftet. 1920 wurde er Vizepräsident der Bauernpartei (jetzt: Hrvatska republikanska seljačka stranka - HRSS) und nahm 1923 an den Verhandlungen seiner Partei mit den Radikalen sowie 1924 mit der Demokratischen Partei teil. Nach der - trotz fortbestehender grundsätzlicher politischer Unterschiede - erzielten Verständigung zwischen Radić und Nikola Pasić (14.07.1925) und der Beteiligung der Bauernpartei (jetzt: Hrvatska seljačka stranka - HSS) an der Belgrader Regierung (bis zum Rücktritt der 5. Koalitionsregierung Nikola Uzunović am 28.01.1927) wurde M. vorübergehend zum Vizepräsidenten der Skupština gewählt. Im Februar 1927 wurde er Präsident des Bezirksausschusses des Zagreber Bezirksparlaments und war als Mitglied des engeren Führungskreises der HSS an der Bildung der oppositionellen Koalition (Seljačko-demokratska koalicija = SDK) zwischen Bauernpartei und der Selbständigen Demokratischen Partei Svetozar Pribićevićs beteiligt. Als einer der vier Vizepräsidenten der Partei wurde er nach dem Attentat auf Radić mit der Wahrnehmung von dessen Funktionen und damit de facto zum neuen Chef der HSS bestimmt (18.08.1928). Wegen seiner Opposition gegen den Belgrader Zentralismus und die während der Königsdiktatur fortgesetzte großserbische Hegemonie wurde er nach dem Bekanntwerden der „Zagreber Punktationen“ der SDK vom 7. November 1932 am 31. Januar des folgenden Jahres verhaftet und am 29. April zu drei Jahren Freiheitsentzug verurteilt (jedoch am 21.12.1934 vorzeitig wieder entlassen). Bei den Parlamentswahlen am 5. Mai 1935 führte M. die Landesliste der kurz zuvor durch Absprache zwischen der SDK auf der einen und dem um Ljubomir Davidović vereinigten Flügel der Demokratischen Partei, der Landarbeiterpartei, der Jugoslawischen Muslimischen Organisation und kleineren Gruppen auf der anderen Seite gebildeten „Vereinigten Opposition“ (Udružena opozicija = UO) gegen die Regierung Bogoljub Jevtić an. (Der Terminus „Vereinigte Opposition“ wurde nach den Wahlen vorwiegend - wenn auch nicht ausschließlich - für die politische Zusammenarbeit zwischen der Demokratischen, der Landarbeiter- und (ab 1936) der Radikalen Partei verwandt.) Infolge der heftigen Gegenmaßnahmen der Regierung und zahlreicher Wahlmanipulationen erhielt seine Liste lediglich 37,4% der Stimmen. Dieser Anteil stieg bei den Wahlen am 11. Dezember 1938 trotz abermals scharfer administrativer Störmaßnahmen seitens der Regierung Milan Stojadinović bereits auf 44,9% an. Die von M. geführte Landesliste repräsentierte diesmal den am 8. Oktober 1937 zwischen der UO und der SDK geschlossenen „Block der nationalen Verständigung“. Das Ziel von M.s Politik war und blieb die Lösung der „kroatischen Frage“, der die Verbesserung der sozialen Lage des Bauernstandes deutlich untergeordnet war. Zur Realisierung seines Hauptanliegens knüpfte er nicht nur Kontakte zum Königshaus (Prinzregent Paul Karadjordjević), repräsentativen Vertretern des Belgrader Regimes (Milan Stojadinović u. a.) oder den oppositionellen serbischen Parteien (in der UO bzw. im Rahmen des „Blocks der nationalen Verständigung“), sondern suchte auch um Unterstützung für die kroatische Sache im Ausland nach - und zwar sowohl bei den revisionistischen (Italien, Ungarn, Deutschland) als auch antirevisionistischen Staaten (Frankreich und Großbritannien). Teilweise noch ungeklärt sind seine über Amadeo Carnelutti und Graf Josip Bombelles aufgenommenen Kontakte zum italienischen Außenminister Galeazzo Ciano von Anfang November 1938 und Frühjahr 1939. Wenn dabei auch gelegentlich der Gedanke einer staatlichen Separation Kroatiens erwogen worden ist, so scheint doch insgesamt die Vorstellung von einer Lösung der „kroatischen Frage“ im Rahmen Jugoslawiens bei M. dominiert zu haben. Insgesamt sind M.s außenpolitische Aktivitäten von Widersprüchlichkeiten und „Opportunismus“ geprägt und stehen in deutlich erkennbarer Korrelation zu seinen innenpolitischen Erfolgen oder Fehlschlägen. Unter dem Eindruck der sich auf einen neuen Krieg zuspitzenden internationalen Lage suchte Prinzregent Paul auch seinerseits nach einer Verständigung mit M. und den Kroaten. Die von Ministerpräsident Dragiša Cvetkovic am 27. April 1939 mit M. erzielte Vereinbarung (sporazum) scheiterte jedoch zunächst noch am Widerstand des Prinzregenten und konnte erst nach einigen Modifizierungen am 26. August realisiert werden. Sie sah die Gründung einer kroatischen Banschaft und die Beteiligung der SDK an der neuen Regierung Cvetković-M. (letzterer als stellvertretender Ministerpräsident) vor. Der langerwartete „sporazum“ leitete jedoch noch keineswegs die innenpolitische Konsolidierung Jugoslawiens ein. Abgesehen von den Vorbehalten auf serbischer Seite wurde er auch in Kroatien als Provisorum betrachtet, zumal der territoriale Umfang der Banschaft bis zur umfassenden staatsrechtlichen Neuregelung Jugoslawiens offengelassen worden war. Durch Verordnung vom 30. März 1940 wurde zwar die finanzielle Autonomie der Banschaft geregelt, die großen fiskalischen Probleme damit aber keineswegs gelöst. Zusätzliche Schwierigkeiten für die innenpolitische Stellung M.s nach dem „sporazum“ ergaben sich aus der raschen politischen Polarisierung nach rechts und links innerhalb der ohnehin schon stark heterogenen HSS (vor allem durch die scharfe Kritik seitens der Sympathisanten mit der rechtsextremen Ustaša-Bewegung). Für das Zurückgehen von M.s Autorität sprechen sowohl die zunehmenden Willkürakte der seit 1935 zum Schutz vor Übergriffen des Belgrader Regimes aufgebauten Bauern- und Bürgerschutzformationen der HSS als auch die teilweise anarchischen Zustände in einigen Landgemeinden oder die äußerst geringe Beteiligung der Bevölkerung an den Kommunalwahlen vom 19. Mai 1940. Nachdem die jugoslawische Regierung am 25. März 1941 dem Dreimächtepakt beigetreten war, wurde sie zwei Tage später durch den Putsch des Generals Dušan Simović gestürzt. M. kehrte noch am selben Tag nach Zagreb zurück:, wo ihm deutscherseits dringend geraten wurde, der neuen Regierung fernzubleiben. In der Hoffnung, einen Krieg der Achsenmächte gegen Jugoslawien noch verhindern zu können, entschloß er sich dennoch, den ihm von Simović angebotenen Posten des Vizepräsidenten anzunehmen. Am 4. April traf er wieder in Belgrad ein. Nach dem deutschen Fliegerangriff auf die jugoslawische Hauptstadt am 6. April zog er sich mit der Regierung nach Užice zurück und begab sich von dort am 8. April auf seinen kroatischen Landsitz Kupinec (seinen Posten in der Regierung übernahm verabredungsgemäß Juraj Krnjević). Obwohl sich M. den deutschen Angeboten auf Zusammenarbeit entzogen hatte, unterzeichnete er am 10. April (Proklamierung des „Unabhängigen Staates Kroatien“ durch Slavko Kvaternik) einen Aufruf, in dem er die kroatische Bevölkerung zur Loyalität gegenüber dem Ustaša-Regime aufforderte. Während der Herrschaft Ante Pavelićs war er rund drei Jahre auf seinem Landsitz (bzw. vom 15.10.1941 - 16.03.1942 im Lager Jasenovac) interniert. Seine Haltung während dieser Zeit war durch einen politischen Attentismus gekennzeichnet, jedoch mit deutlich erkennbarer Gegnerschaft gegen die Volksbefreiungsbewegung. In Opposition dazu standen der rechte, mit dem Ustaša-Regime kollaborierende und der linke, mit der Volksbefreiungsbewegung sympathisierende Flügel der seit 1941 verbotenen HSS. Am 6. Mai 1945 verließ M. Kroatien und lebte bis 1946 in Paris, anschließend in den Vereinigten Staaten, von wo aus er zahlreiche Kontakte zur Emigration aus Südosteuropa unterhielt. In New York erschienen 1957 auch seine Memoiren „In the Struggle for Freedom“ (Nachdruck London 1969).

Literatur

Stojkov, Todor: O stvaranju bloka narodnog sporazuma. In: Istorija XX veka 6 (1964) 243-301.
Boban, Ljubo: Oko Mačekovih pregovora s grofom Ćano. In: ebd. 302- 357.
Krizman, Bogdan: Osvrt na autobiografiju V. Mačeka. In: Jugoslovenski istoriski časopis 3 (1964) 2, 57-75.
Boban, Ljubo: Iz historije odnosa izmedju VI. Mačeka i dvora u vrijeme šestojanuarskog režima. In: Hist. Zborn. 18 (1965) 47-88.
Ders.: Sporazum Cvetković-Maček. Beograd 1965.
Čulinović, Ferdo: Dvadeset sedmi mart. Zagreb 1965.
Stojkov, Todor: Opozicija u vreme šestojanuarske diktature 1929-1935. Beograd 1969.
Boban, Ljubo: Sastanak V. Mačeka s knezom Pavlom (u studenom 1936) i M. Stojadinovićem (u siječnju 1937). In: Časopis za suvremenu povijest 2 (1970) 2, 181-211.
Bodrožić, Milica: O nekim pitanjima politike Hrvatske seljačke stranke prema narodnooslobodilačkom pokretu u Hrvatskoj 1943. g. In: ebd. 5 (1973) 1, 33-63.
Boban, Ljubo: Maček i politika Hrvatske seljačke stranke 1928-1941. Iz povijesti hrvatskog pitanja. 2 Bde. Zagreb 1974.

Verfasser

Holm Sundhaussen (GND: 120956055)

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Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd119168286.html


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Empfohlene Zitierweise: Holm Sundhaussen, Maček, Vladimir, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 65-68 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1275, abgerufen am: (Abrufdatum)

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