Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Zvonimir Dmitar
Bild: Wikimedia Commons
Wikidata: Q470647

In den Suchergebnissen blättern

Treffer 
 von 1526

Zvonimir Dmitar

Zvonimir Dmitar (Z'v'nim(i)r’, Suinimir, Suenimir, Zolomer, Zorobel u.ä., Demetrius), kroatischer König 1075-1087/88.

Leben

Z. war allem Anschein nach Nachkomme der kroatischen einheimischen Dynastie, aber er entstammte nicht dem traditionellen Herrscherhaus der Trpimirovici bzw. Kresimirovici.  In den Quellen taucht er in den sechziger Jahren des 11. Jh.s als Banus von Slawonien auf. Gegen 1063 heiratete Z. die Tochter des ungarischen Königs Bela I. bzw. die Schwester von König Ladislaus I., Helena (Hone, Lepa), mit der er eine Tochter namens Klaudia bekam, die wiederum mit dem kroatischen Edelmann Vonik (Vonycka) aus dem Geschlecht Lapčani vermählt wurde, und einen Sohn Radovan, der offenbar in jugendlichem Alter starb, denn nach 1083 verschwindet er spurlos aus den Quellen. Anfang der siebziger Jahre nahm Z. mit Hilfe des ungarischen Königs Salomon und des Herzogs Geza (später Geza I.) dem Markgrafen von Krain-Istrien den nördlichen Teil des byzantinischen Themas Dalmatien und das benachbarte kroatische Festland (die sog. Dalmatinische Mark oder das Kroatisch-dalmatinische Herzogtum) ab. Ungefähr um diese Zeit wurde er auch Banus im Königreich Kroatien (,,Dei gratia dux Chroatiae et Dalmatiae“).
Nach der Gefangennahme des kroatischen Königs Petar Krešimir IV. durch den normannischen Grafen Amico von Giovinazzo und seinem Verschwinden von der historischen Bühne im Herbst 1074 bestieg Z. den kroatischen Thron. Unter welchen Umständen der gesetzliche Erbe des Petar Krešimir IV., sein Neffe Stjepan II. (kroatischer König ca. 1088-1091), umgangen und Z. vom päpstlichen Legaten Gebizo im Oktober 1075 in der St.-Petrus-Basilika in Solin gekrönt wurde, ist bis heute noch nicht eindeutig geklärt. Diese Krönung, im Augenblick als die Weltstellung Gregors VII. auf ihren Kulminations punkt gelangte, war nicht nur ein kluger politischer Schritt von Z., sondern bedeutete für ihn auch die Festigung seiner mangelnden Legalität bei der Thronerlangung. Als König „durch Gottes Gnade und die Verleihung des apostolischen Stuhles“ versprach Z. „alles, wozu mich [= ihn] der Papst oder dessen Legaten bereits verpflichtet haben oder in Zukunft verpflichten werden, ohne Wanken zu erfüllen“, jährlich 200 Dukaten dem Papst zu zahlen, und schenkte dazu dem apostolischen Stuhl das Kloster des hl. Gregor in Vrana bei Zadar. Die zahlreichen Schenkungsurkunden bzw. ihre Fälschungen, die sich meistens auf Z. berufen, dann Z.s starke Verbundenheit mit dem Spliter Erzbischof Lovro (Laurentius) und die Chronikenüberlieferung sprechen dafür, daß Z.s Politik sehr kirchenfreundlich war. Andererseits unterstützte Papst Gregor VII. Z.s politische Interessen. In einem Brief vom 7. Oktober 1079 ermahnte der Papst den „edlen Ritter“ Wezelin in Istrien, gegen Z. keine Waffen zu erheben. Papst Gregor VII. half Z. sicher, sich auch der dalmatinischen byzantinischen Städte zu bemächtigen. Dabei ist noch ungeklärt, ob Z. alle dalmatinischen Städte unter seiner Kontrolle hatte und, im Zusammenhang damit, ob er am Krieg des normannischen Herrschers in Süditalien Robert Guiskard gegen Byzanz (1081/82) teilnahm, denn an diesem Krieg haben sich Dubrovnik (Ragusa) und die Dalmatiner („gens Dalmatica“), wahrscheinlich die Städte von Süddalmatien (Dalmatia Superior), als Verbündete von Guiskard beteiligt. Urkundlich wird Z. am 8. Oktober 1087 zum letzten Mal erwähnt. Im kommenden Jahrzehnt 1087-1097 gerieten die kroatischen Länder in Anarchie und Zerspaltung. Bevor sich die Dynastie der Arpaden auf dem kroatischen Thron endgültig installiert hatte, tauchten als kroatische Herrscher auf einer Seite Z.s Witwe Helena, auf der anderen Stjepan II. Trpimorović, Slavac und Petar Svačić auf, aber es gelang der historischen Wissenschaft bis heute nicht, ihre Reihenfolge bzw. Herrschaftsgebiete mit Sicherheit zu rekonstruieren.
Der modus moriendi König Z.s - ein natürlicher Tod oder die Ermordung des Königs durch seine Gegner - ist in der kroatischen Historiographie eine bis in die neueste Zeit heiß diskutierte Frage. Die These vom Königsmord in der Fassung des Stipe Gunjača scheint m. E. plausibel. Gunjača hat dieses Problem mehrmals aufgegriffen, eine überzeugende Quellenkritik durchgeführt und eine konsistente historische Rekonstruktion der Ereignisse dargelegt. Er geht davon aus, daß die sog. „Historia Salonitana Maior“ (HSM) ein Konzept des Thomas Archidiakon ist, demnach genauso zuverlässig wie dessen „Historia Salonitana“ (HS) sein sollte. In der HSM wird über Z.s Tod folgendermaßen berichtet: „[Croati] invaserunt ipsum regem et occiderunt“. Auf diese Angabe als eine glaubwürdige sich stützend, kennzeichnet Gunjaca die Aussage der HS „[Suinimir] mortis debitum solvit“ (Cap. XVII.) als einen „Euphemismus“, bewertet das Erzählen der anderen Chroniken neu, zieht die eigenen archäologischen Entdeckungen in diesem Bereich heran, verdeutlicht sie und bringt alles in Einklang. Nach Gunjačas Rekonstruktion wurde Z. im Jahre 1087/88 in Biskupija auf dem kroatischen Kosovo Polje (bei Knin) von den Gegnern ermordet, als er als päpstlicher Vasall die Kroaten zu bewegen versuchte, zusammen mit Kaiser Alexios I. Komnenos einen Feldzug gegen die Seldschuken zu führen. Die chronistische Beschreibung von Z.s Regierungszeit als einer Wohlstandsperiode stuft Gunjača als eine mittelalterliche klerikale Ausmalung ein, die ihren Ursprung in Z.s kirchenfreundlicher Politik habe. Die Vertreter der These von einem natürlichen Tode König Z.s lehnen die Auffassung der HSM als Thomas Archidiakons Konzept ab und verschieben sämtliche chronistische Berichte vom gewaltsamen Tod Z.s in die Welt der Legende. In der Sprachwendung der HS „mortis debitum solvit“ sehen sie einen passenden Ausdruck für den natürlichen Tod. Dazu ist zu bemerken, daß dieser Ausdruck der theologischen patristischen Vorstellung entstammt und, semantisch genommen, den Tod nur als Erlösung erfaßt, d.h. von dem konkreten (natürlichen oder gewaltsamen) Vorgang des Todes nichts aussagt.

Literatur

Šišić, Ferdo: O smrti hrvatskoga kralja Zvonimira. In: Vjesnik hrvatskoga arheološkoga društva. N.S. 8 (1905).
Ders.: Povijest Hrvata u vrijeme narodnih vladara. Zagreb 1925.
Ders.: Ljetopis Popa Dukljanina. Zagreb 1928.
Radojčić, Nikola: Leganda o smrti hrvatskoga kralja Dimitrija Zvonimira. In: Glas SA 171 (1936) 1-85.
Gunjača, Stipe: Kako i gdje je svršio hrvatski kralj Dimitrije Zvonimir. S dodatkom: O grobu kralja Zvonimira na Kapitulu kod Knina. In: Rad JAZU 288 (1952) 205-324, XXII Taf.
Novak, Viktor u. Petar Skok: Supetarski kartular. Zagreb 1952.
Klaić, Nada: O legendarnoj smrti kralja Zvonimira. In: Ist. Zap. 16 (1963) 229-270.
Grafenauer, Bogo: Pomenbnejši novi rezultati v starejši zgodovini jugoslovanskih narodov. In: Zgodovinski časopis 18 (1965) 191-218.
Klaić, Nada: Povijest Hrvata u ranom srednjem vijeku. Zagreb 1971.
Gunjača, Stjepan: Ispravci i dopune starijoj hrvatskoj historiji. 4 Bde. Zagreb 1973/78 (vor allem der Artikel: Tretiranje ubojstva kralja Zvonimira u historiografiji. Bd 3, 169-268; mit Bibliographie).

Verfasser

Srećko M. Džaja (GND: 110387554)


GND: 119386267

Weiterführende Informationen: https://prometheus.lmu.de/gnd/119386267

RDF: RDF

Vorlage (GIF-Bild):  Bild1   Bild2   Bild3   

Empfohlene Zitierweise: Srećko M. Džaja, Zvonimir Dmitar, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 506-508 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1907, abgerufen am: (Abrufdatum)

Druckerfreundliche Anzeige: Druckerfreundlich

Treffer 
 von 1526
Ok, verstanden

Website nutzt Cookies, um bestmögliche Funktionalität bieten zu können. Mehr Infos