Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Kondilis, Georgios
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Kondilis, Georgios

Kondilis, Georgios, griechischer Offizier und Politiker, * Prussos (Evritania) 1879, † Athen 31.1. 1936.

Leben

 K., 1896 Freiwilliger der Infanterie, war als Freischärler auf Kreta, dann während des griechisch-bulgarischen Bandenkrieges in Mazedonien tätig und wurde schwer verwundet. Nach der Teilnahme an den Balkankriegen diente er ab 1915 als Stabsoffizier bei der 6. Division. Als die von König Konstantin I. gegen die Parlamentsmehrheit unter Eleftherios V enizelos durchgesetzte Politik einer gegenüber der Entente und Serbien wohlwollenden Neutralität das Vorrücken deutscher und bulgarischer Truppen nach Ostmazedonien 1916 nicht verhindern konnte, entstand in Nordgriechenland der Offiziersbund „Nationale Verteidigung“, der griechische Truppen an der Seite der um Thessaloniki dislozierten Verbände der Entente und Serbiens kämpfen lassen wollte. K. trat hierbei aktiv hervor und rekrutierte auf Chalkidike Soldaten mit den rüdesten Methoden, u. a. durch abschreckende Erschießungen und Folterungen. Doch gelang es ihm nicht, in den engeren Beraterkreis des Venizelos, der im Oktober 1916 seine Gegenregierung in Thessaloniki etablierte, aufgenommen zu werden. Im Range eines Obersten zog er 1919 mit dem griechischen Interventionskorps in die Ukraine und kämpfte 1919/20 in Kleinasien. 1920 sorgte er für umfangreiche Wahlfälschungen im Militär, ohne freilich an der Niederlage der Liberalen etwas ändern zu können. Später desertierte er nach Istanbul und führte von dort aus eine Propagandakampagne gegen die legale Regierung, den zurückgekehrten König und den Kleinasienfeldzug. Nach dem Militärputsch des Nikolaos Plastiras 1922 Kommandeur der Kretischen Division, nahm er im Anschluß an den Lausanner Frieden (1923) seinen Abschied, wurde aber im selben Jahr während der Rebellion der Offiziere Georgios Leonardopulos und Pana-jotis Gargalidis vorübergehend reaktiviert und brachte den Insurgenten in Mazedonien und Attika Niederlagen bei. Mit General Theodoros Pangalos und Admiral Alexandros Chatzikiriakos übernahm er die Führung der 1923 gebildeten Militärliga und trat, ab 1923 auch als Abgeordneter, im Gegensatz zu den gemäßigten Mehrheitsliberalen dafür ein, das Königtum sofort abzuschaffen. Am 12. März 1924 wurde er Fleeresminister im Kabinett des Alexandros Papanastasiu. Nach Errichtung der Republik 1924 erwiesen sich die nunmehr aktuellen sozialreformerischen Programmpunkte der Republikanischen Union des Premiers für eine weitere Zusammenarbeit nicht als tragfähig. Unter dem Vorwand kommunistischer Umtriebe im Fleer trat er am 9. Juni 1924 zurück, mußte aber in der anschließenden parlamentarischen Untersuchung selbst von seinen Behauptungen abrücken. Bis zu seinem Tode versuchte er unablässig, eine am italienischen Vorbild orientierte faschistische Diktatur zu errichten, die zur Reorganisation der Streitkräfte, zur Wiederbelebung des durch die kleinasiatische Katastrophe angeschlagenen Nationalbewußtseins, zur „Disziplinierung“ des Kapitals und gleichzeitig zur Unterdrückung des Kommunismus sowie zur Stärkung des Bauernstandes als der „gesunden“ Volksbasis führen sollte. In der ersten Phase bis 1929/30 versuchte er, dieses Programm als Exponent der radikalisierten Linksrepublikaner und Führer der Nationalen Republikanischen Partei, in der zweiten Phase als Anwalt der radikalisierten Royalisten und Vorsitzender der Nationalradikalen Partei zu verwirklichen. Als Innenminister im Kabinett des Andreas Michalakopulos (ab 7.10. 1924) bemühte er sich vergeblich, staatlich finanzierte Gewerkschaften den bestehenden Syndikaten entgegenzustellen und die Regierung auf eine rücksichtslose Säuberung der Administration und des Militärs von allen politischen Gegnern festzulegen; vor seinem Rücktritt am 10. Juni 1925 bildete er ihm persönlich ergebene Jägerbataillone. Gegenüber der Diktatur des Theodoros Pangalos (1925/26) verhielt er sich in der freilich enttäuschten Hoffnung auf das Amt des Ministerpräsidenten zunächst passiv, stürzte am 21./22. August 1926 das Regime, um selbst die Macht zu übernehmen, wurde aber durch den geschlossenen Widerstand der Parteien zu freien Wahlen ohne eigene Beteiligung gezwungen. In der zweiten Phase arbeitete er zunächst mit der Volkspartei des Panajis Tsaldaris zusammen, in dessen Kabinetten er am 4. November 1932 und 9. März 1933 trotz unbedeutender Wahlerfolge (1932: 4,06%, 7 Mandate; 1933: 4,09 %, 11 Mandate) die Schlüsselposition des Heeresministers einnahm. Seine energischen Versuche, sich im Militär eine Hausmacht aufzubauen, erregten auch in der Volkspartei Mißtrauen. Den großen Militärputsch von 1935, in dessen ersten Stunden sich K. abwartend verhalten hatte, um seine Chancen abzuschätzen, schlug er schließlich entschlossen nieder und plädierte jetzt ebenso wie sein verhaßter Rivale Ioannis Metaxas für die rasche Restauration des Königtums. Als royalistische Offiziere Tsaldaris überfallartig zum Rücktritt zwangen, war der Weg für K. frei: Am 10. Oktober 1935 bildete er ein neues Kabinett und vermochte dank dem Sitzungsboykott der Volkspartei in einem Rumpfparlament die Abschaffung der Republik und seine Ernennung zum Vizekönig durchzupeitschen. Die Serie verfassungswidriger Akte gegen die republikanische Opposition gipfelte in dem gefälschten Plebiszit vom 3. November 1935, das 97,8 °/o für das Königtum erbrachte. Jedoch vermied der zurückkehrende Georg II. jeden Anschein besonderen Vertrauens in K., über dessen Widerstand gegen eine Generalamnestie er sich hinwegsetzte. Die großen Hoffnungen des K., als Exponent der radikalen Royalisten eine führende Rolle zu spielen, scheiterten an dem Vorsatz des Königs, es zunächst mit einem Kurs des inneren Ausgleichs zu versuchen. G. Hering

Literatur

Merkuris, Stamatis: Georgios Kondilis (1879-1936). Athen 1954.

Verfasser

Gunnar Hering (GND: 1078119694)

GND: 140829199

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd140829199.html


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Empfohlene Zitierweise: Gunnar Hering, Kondilis, Georgios, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 448-450 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1160, abgerufen am: (Abrufdatum)

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