Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Ferdinand I., Kaiser von Österreich

Ferdinand I., Kaiser von Österreich bzw. König von Ungarn und Böhmen (Ferdinand V.) 1835-1848, * Wien 19.04.1793, † Prag 29.06.1875, Sohn Kaiser Franz I. und Maria Theresias, der Tochter Ferdinands IV. von Sizilien.

Leben

Trotz seiner geistigen und körperlichen Leiden (Rachitis und Epilepsie) setzten Franz I. und Metternich, um das monarchische Legitimitätsprinzip nicht zu gefährden, F.s Thronfolge durch. Von harmlos-gütiger Natur, liebte F. höfische Zeremonien, technische Spielereien und stellte eine Figur dar, um die sich unentwegt Anekdoten bildeten. Am 28. September 1830 wurde er zum König von Ungarn gekrönt und heiratete am 27. Februar 1831 Anna Maria Carolina, Prinzessin von Savoyen. Ein Attentat des Hauptmannes Franz Reindl (9.08.1832) fügte ihm nur eine leichte Verletzung zu, doch erkrankte er in der Folge schwer. Kurz nach seinem Regierungsantritt am 2. März 1835 traf er in Teplitz mit Zar Nikolaus I. von Rußland und König Friedrich Wilhelm III. von Preußen zusammen. Da dem Zaren der geistige Zustand des Kaisers nicht verborgen blieb, wie Freiherr Kübeck in seinem Tagebuch notierte, verstärkte sich der russische Einfluß auf Österreich.
Am 7. September 1836 wurde F. in Prag zum böhmischen König, am 6. September 1838 mit der eisernen Krone des lombardo-venezianischen Königreiches gekrönt.
Faktisch war Österreich unter der Regierung Kaiser F.s eine „Monarchie ohne Monarchen“ (Viktor Bibl). Die tatsächlichen Regierungsgeschäfte wurden von der Staatskonferenz (Erzherzog Ludwig, Clemens Lothar Fürst von Metternich, Franz Anton Graf Kolowrat-Liebsteinsky) geleitet. Die dauernden Spannungen zwischen Metternich und Kolowrat gaben den Anstoß zu zahlreichen gekonnten Intrigen, denen der Kaiser teilnahmslos zusah. Allerdings verlor so das „monarchische Prinzip“ immer mehr an Ansehen. Während F.s Regierungszeit wurde der Freistaat Krakau nach den Unruhen von 1846 an die Monarchie angeschlossen.
Selbst auf den Ausbruch der Revolution von 1848 reagierte F. ohne sichtliche Emotionen. Er entließ Metternich, wobei er gesagt haben soll: „Sagt dem Volk, daß ich allem zustimme“, mußte aber wegen der Maiereignisse selbst Wien verlassen und nach Innsbruck gehen. Trotzdem blieb er „beim Volk“ relativ beliebt. Zu seinem 55. Geburtstag im April 1848 erschienen 11 Gratulationsgedichte; ein Gedicht forderte für F., „Dem, der mit voller Segenshand gegeben“, sogar die deutsche Kaiserkrone. Als aber F. im Oktober 1848 Wien zum zweitenmal verlassen mußte, konnte man sich der Notwendigkeit einer Abdankung nicht mehr verschließen. Am 2. Dezember 1848 verzichtete der Kaiser, der „Fideikommißsukzessor“ (Metternich), in Olmütz zugunsten seines Neffen Franz Joseph auf den Thron. Die restlichen 27 Jahre verbrachte er zurückgezogen in Prag inmitten seiner technologischen und heraldischen Sammlungen.

Literatur

Tagebücher des Carl Friedrich Freiherr Kübeck von Kübau. Hrsg. u. eingeleitet von seinem Sohne Max Freiherrn von Kübeck. Bd 1/2. Wien 1909.
Ségur-Cabanac, Viktor: Kaiser Ferdinand I. als Regent und Mensch. Wien 1912.
Ders.: Kaiser Ferdinand I. der Gütige in Prag. Wien 1913.
Bibl, Viktor: Metternich. Der Dämon Österreichs. Leipzig, Wien 1936.
Srbik, Heinrich Ritter von: Metternich. Der Staatsmann und Mensch. 2 Bde. München 1957(3).
Corti, Egon Cäsar Conte: Anonyme Briefe an drei Kaiser. Salzburg, Leipzig 1939(2).
Mádl, Antal: Politische Dichtung in Österreich (1830-1848). Budapest 1969.
Hosp, Eduard: Kirche Österreichs im Vormärz. 1815-1850. Wien 1971. = Forschungen zur Kirchengeschichte Österreichs. 9.

Verfasser

Ernst Hanisch (GND: 118080822)


GND: 172509157

Weiterführende Informationen: https://prometheus.lmu.de/gnd/172509157

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Empfohlene Zitierweise: Ernst Hanisch, Ferdinand I., Kaiser von Österreich, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 507-508 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=814, abgerufen am: (Abrufdatum)

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