Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Theophanes
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Theophanes

Theophanes (genannt ,Confessor‘, d.i. ,Bekenner'), byzantinischer Geschichtsschreiber, * Konstantinopel (?) um 752, † Samothrake 12.03.817 (818?).

Leben

Th. entstammte einer vornehmen byzantinischen Familie, die später Familienbeziehungen mit der makedonischen Kaiserdynastie zu knüpfen vermochte. Über seine Jugend fehlen geschichtliche Nachrichten. Der Historiograph wandte sich zunächst dem weltlichen Leben zu und gründete eine Familie, wechselte aber schon bald darauf in die Zurückgezogenheit eines von ihm selbst begründeten klösterlichen Konvikts (nahe Sigriane bei Kyzikos) über. Th. legte hier sein umfassendes Geschichtswerk nieder, welches die Geschehnisse der Jahre von 284 n. Chr. (ab Kaiser Diokletian) bis 813 beschreibt und nach den Worten des Verfassers damit die geschichtliche Darstellung des Georgios Synkellos fortsetzen will, in Wirklichkeit jedoch weit zurückgreift. Th. hat sein Werk in den Jahren 810 bis 814 niedergeschrieben. Ähnlich wie der berühmte Psellos benannte der Autor sein Werk als "Chronographia“. Tatsächlich allerdings handelt es sich hierbei um geschichtliche Annalen, da Th. sein Material streng nach Jahren geordnet unterbreitet. Seine chronologische Richtschnur ist im Gegensatz zu den meisten mittelalterlichen griechischen Schriftstellern und im Widerstreit auch zur offiziellen Zeitrechnung der Reichsbehörden nicht die byzantinische, sondern die alexandrinische Weltära, derzufolge das Gründungsdatum der Welt nach den Angaben der Bibel sich auf den 1. September 5493 vor Christus errechnet. Seine Daten sind nicht immer gänzlich gesichert, doch gibt der Autor daneben vielfach die Zählung nach der christlichen Ära und nach den Regierungsjahren von Kaisern, Königen, Päpsten und Patriarchen und ermöglicht so eine Korrektur irriger Ärenrechnung. Th. hat zahlreiche Autoren, deren Namen er nur hin und wieder zitiert, in seinem Werke verwendet. Seine byzantinischen Gewährsleute für das 4. 17. Jh. scheint er nicht im Original benutzt zu haben. Den geschichtlich wichtigsten Teil bildet die Schilderung der Ereignisse des 8./9. Jh. Auch für diesen Abschnitt sind Th.’ Vorlagen z.T. nicht bekannt; etliche Werke aus der Epoche des Bilderstreits, die ihm zur Verfügung standen, sind heute verloren.
Das schriftstellerische Niveau des Th. hält sich an die ungeschriebenen Gesetze der byzantinischen Mönchschronik: fromme Absicht, Hinwendung an ein breites Publikum und Allgemeinverständlichkeit rechneten zu den Grundforderungen der umschriebenen literarischen Gattung. Dem Autor mangelt es spürbar an einem prüfenden Blick gegenüber seinen Gewährsleuten. Gerade dadurch sind der Nachwelt allerdings besonders interessante Berichte erhalten geblieben. Th. ist für die dunkle Zeit des 8. Jh.s auch weithin die einzige zusammenhängende griechische Geschichtsquelle. Eine zweibändige Ausgabe seines Geschichtswerkes (Theophanis chronographia) wurde von Carolus de Boor besorgt (Leipzig 1883/85; Neudruck Rom o. J.), der auch die textkritisch wichtige lateinische Übersetzung des Anastasius Bibliothecarius aus dem 9. Jh. mit aufnahm.
Als Th. im Bilderstreit offen gegen den häretischen Kaiser Leon V. zugunsten der orthodoxen Lehrmeister Stellung bezog, wurde er 817 auf die Insel Samothrake verbannt, wo er bald darauf starb. Die Ostkirche hat ihn in die Schar der Bekenner (daher der Beiname ,Confessor') aufgenommen.

Literatur

Krumbacher: S. 342-347.
Brooks, E. W.: The Chronology of Theophanes 607-775. In: Byzant. Z. 8 (1899) 82-97.
Ders.: The Sources of Theophanes and the Syriac Chroniclers. In: ebd. 15 (1906) 578-587.
Tabachovitz, D.: Sprachliche und textkritische Studien zur Chronik des Theophanes Confessor. (Diss.) Uppsala 1926.
Ostrogorsky, Georg: Zur Chronologie des Theophanes im 7. und 8. Jahrhundert. In: Byzantinisch-neugriechische Jahrbücher 7 (1928/29) 1-56.
Ders.: Theophanes. In: Realenzyklopädie der classischen Altertumswissenschaft, 2. Reihe 5 (1934) 2127-2132.
Moravcsik: Bd 1, 531-537.
Beck, Hans-Georg: Zur byzantinischen „Mönchschronik“. Speculum Historiale. Geschichte im Spiegel von Geschichtsschreibung und Geschichtsdeutung. Freiburg, München 1965, 188-197.
Beševliev, Veselin: Der Bericht des Theophanes und Nikephoros über die Thronwirren in Bulgarien 763-765. In: Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik 20 (1971) 67-82.
Ders.: Zwei Versionen bei Theophanes und Nikephoros dem Patriarchen. In: Rev. Ét. sud-est europ. 9 (1971) 363-367.

Verfasser

Peter Wirth (GND: 132882191)

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Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd118801864.html


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Empfohlene Zitierweise: Peter Wirth, Theophanes, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 304-305 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1771, abgerufen am: (Abrufdatum)

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