Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Šišić, Ferdo

Šišić, Ferdo, kroatischer Historiker, * Vinkovci 09.03.1869, † Zagreb 21.01.1940.

Leben

Š. besuchte die Grundschule und das Gymnasium in Zagreb und studierte dann in Zagreb und Wien Geschichte sowie Geographie. Nach Ablegung der Lehramtsprüfung war er als Lehrer an den Gymnasien in Gospić (1892/93), Zagreb (1893/94), Osijek (1894-1902) und nochmals Zagreb (1902-1906) tätig. Seine Universitätsstudien ergänzte Š. durch Forschungsarbeiten in den Archiven und Bibliotheken von Paris, Venedig, Rom, Neapel, London, Wien, Graz und Budapest; längere Zeit verbrachte er in den Archiven von Zadar, Trogir, Split und Dubrovnik. In Zagreb promovierte er 1900 mit der Arbeit ,,Zadar i Venecija od 1159 do 1247“ (Zadar und Venedig von 1159 bis 1247, in: RadJAZU 142 [1900] 219-274) zum Doktor der Philosophie. 1902 habilitierte er sich in kroatischer Geschichte bei Tadija Smičiklas mit einer Arbeit über den dalmatinischen Chronisten Miha Madijev de Barbazanis (in: Rad JAZU 153 [1903] 1-46). Von 1902 bis 1906 war Š. Privatdozent für kroatische Geschichte des 12.-16. Jh.s, wurde dann 1906 zum ao. Professor und 1909 zum o. Professor für kroatische Geschichte an der Zagreber Universität bestellt und trat damit die Nachfolge seines Lehrers Smičiklas an. 1910 wurde er zum ordentlichen Mitglied der Südslawischen Akademie ernannt. Š. betätigte sich auch politisch: 1910 gehörte er als Volksvertreter der kroatisch-serbischen Koalition im Sabor an und war auch Mitglied der kroatischen Abordnung im ungarischen Reichstag. Obwohl Š. bestrebt war, zu einer umfassenden historischen Synthese der Geschichte des kroatischen Volkes zu gelangen, war es ihm nicht gegeben, eine dementsprechende Gesamtdarstellung zu liefern. In seinem Werk „Pregled povijesti hrvatskoga naroda“ (Übersicht über die Geschichte des kroatischen Volkes, Zagreb 1916) behandelt er die Ereignisse bis zum Jahre 1873 (in der 3. Auflage 1962 hat sein Schüler Jaroslav Šidak die Abhandlung bis 1918 fortgesetzt). Dieses Werk ist auch heute noch die beste einbändige kroatische Geschichte. Im dreibändigen Werk „Hrvatska povijest“ (Kroatische Geschichte, Zagreb 1906/ 13) wird der Zeitraum bis 1847 behandelt. Besonders hervorzuheben als meisterhafte Darstellung ist das mit großer wissenschaftlicher Akribie geschriebene Werk „Povijest Hrvata u vrijeme narodnih vladara“ (Zagreb 1925; deutsche Ausgabe bereits 1917 in kürzerer Form unter dem Titel „Geschichte der Kroaten. Teil 1. Bis 1102“). In diesem Zusammenhang ist auch das Werk zu nennen „Jugoslovenska misao. Istorija ideje jugoslovenskog narodnog ujedinjenja i oslobodjenja, 1790-1918“ (Der jugoslawische Gedanke. Geschichte der Idee der jugoslawischen nationalen Einigung und Befreiung, Belgrad 1937). Unvollendet blieb die 1944 postum veröffentlichte Arbeit „Poviest Hrvata za kraljeva iz doma Arpadovića“ (Geschichte der Kroaten unter den Königen aus dem Hause der Arpaden). In zahlreichen Beiträgen hat sich Š. auch mit Personen und Problemen des Spätmittelalters befaßt, wovon als vielleicht beste Arbeit zu erwähnen ist „Vojvoda Hrvoje Vukčić Hrvatinić i njegovo doba 1350-1416“ (Der Vojvode Hrvoje Vukčić Hrvatinić und seine Zeit, Zagreb 1902). Besonders wertvoll sind auch das 1913 erschienene Handbuch über die Quellen der kroatischen Geschichte „Priručnik izvora hrvatske historije“ sowie die bis heute einzige Darstellung der kroatischen Historiographie „Hrvatska historiografija od XVI do XX stoljeća“ (in: Jugoslovenski istoriski časopis 1 [1935] 22-51 und 2 [1936] 16-48). Š. hat auch einige wichtige Quellenpublikationen herausgegeben, wie die „Hrvatski saborski spisi“ (Acta Croaticae, 5 Bde, Zagreb 1912/18), die die Zeit von 1526 bis 1630 umfassen, die „Dokumenti o postanku Kraljevine SHS“ (Dokumente zur Entstehung des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen, Zagreb 1919) sowie die Korrespondenz zwischen Josip Juraj Strossmayer und Franjo Rački („Korespondencija Rački-Strossmayer“, 4 Bde, Zagreb 1928/34). Š. gilt allgemein als der bedeutendste Repräsentant der modernen kroatischen Geschichtsforschung. Er war ein ausgesprochen historisches Talent, verfügte über eine ausgezeichnete Bildung wie exzellente methodische Technik. Seine Arbeiten sind gekennzeichnet durch eine strenge wissenschaftliche Akribie sowie schwungvolle Darstellungsweise. Mit Beiträgen in den verschiedensten Zeitungen und Zeitschriften hat Š. auch in starkem Maße zur Popularisierung wissenschaftlicher Ergebnisse beigetragen.

Literatur

Novak, Viktor: Ferdo Šišić. In: Ljetop. JAZU 54 (1946/48) 362-443.
Šidak, Jaroslav: Ferdo Šišić. In: Šišić, Ferdo: Pregled povijesti hrvatskoga naroda. Zagreb 1962(3), 491-496 (mit Werksverzeichnis, 497-507).

Verfasser

Manfred Stoy (GND: 1125126671)

GND: 12487827X

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd12487827X.html


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Empfohlene Zitierweise: Manfred Stoy, Šišić, Ferdo, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 132-133 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1657, abgerufen am: (Abrufdatum)

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