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Karl II. (Carol II.), König von Rumänien 1930-1940, * Sinaia 15.10. 1893, † Estoril (Portugal) 4.04.1953, Sohn des Kronprinzen und späteren Königs Ferdinand I. von Hohenzollern-Sigmaringen und der Prinzessin Maria von Sachsen-Coburg-Gotha, einer Enkelin der Königin Viktoria.
Leben
Der politisch begabte, ab 1921 mit Elena, der Schwester des späteren Königs von Griechenland Georg II., verheiratete K. mußte 1925 unter dem Druck der die politische Szene beherrschenden Liberalen (Ion I. C. Brătianu) auf die Thronfolge verzichten, nachdem seine Verbindung mit Elena Lupescu zu einem Skandal geworden war. Er ging nach Paris ins Exil. 1928 wurde seine Ehe geschieden. Die schwere Wirtschaftskrise, die das Ende der Herrschaft der Liberalen in Rumänien herbeiführte, ließ den Führer der Nationalen Bauernpartei, Iuliu Maniu, K. nach Bukarest zurückrufen. Am 8. Juni 1930 wurde er von der Nationalversammlung anstelle seines seit 1927 formal regierenden minderjährigen Sohnes Michael I. zum König ausgerufen. In den ersten Jahren danach ging es K. vor allem um den - durch den Bruch seines Versprechens, Frau Lupescu nicht nachkommen zu lassen, sehr erschwerten, der Kritik der alten Parteien wie der seit 1933 an Bedeutung zunehmenden nationalistischen Erneuerungsbewegung der „Eisernen Garde“ unter Corneliu Zelea Codreanu ausgesetzten - Ausbau seiner innenpolitischen Stellung. Er schob die Ministerpräsidenten der Bauernpartei, Maniu und Vaida-Voevod, beiseite und ließ ab 1934 ein aus Vertrauten gebildetes Kabinett unter dem Liberalen Gheorghe Tătăreseu regieren. Die Außenpolitik überließ er Nicolae Titulescu, der sidi um eine Stärkung der „Kleinen Entente“ im Rahmen des Völkerbundes und - verum einen Ausgleich mit der Sowjetunion in der Bessarabien-Frage bemühte, um dem schnell wachsenden machtpolitischen Gewicht Hitler-Deutschlands im Donauraum entgegenzuwirken. Die Entlassung Titulescus am 29. August 1936 kündigte nicht nur eine Kursänderung in Richtung auf eine durch die Bedeutung der beiderseitigen Wirtschaftsbeziehungen notwendige, jedoch begrenzte Annäherung an Deutschland unter Beibehaltung der aus Gründen der Sicherheit Großrumäniens unabdingbaren Anlehnung an die Westmächte an, sondern auch das Bestreben K.s, nun auch in der Außenpolitik das Steuer selbst in die Hand zu nehmen. Der Ausgang der Wahlen vom 20. Dezember 1937 mit dem starken Ruck nach „rechts“ veranlaßte K. zum Experiment einer Regierung mit der schwächeren der beiden konkurrierenden Rechts-Parteien, den Christlich-Nationalen unter Octavian Goga, die nur 9,2 % gegenüber 15,6% für die „Eiserne Garde“ an den gültigen Stimmen erhalten hatten. Die sich unter Vermittlung nationalsozialistischer Parteiorganisationen anbahnende Verständigung zwischen den Rechtsparteien Rumäniens drohte die Stellung K.s zu erschüttern und über die unvermeidbare schrittweise außenpolitische Annäherung an Deutschland hinaus auch einen innenpolitischen „Gleichschaltungs-“Prozeß einzuleiten. Dem suchte K. durch die Errichtung einer „Königsdiktatur“ einen Riegel vorzuschieben (Entlassung Gogas am 10. Februar 1938, Übernahme der faktischen Regierung durch den Monarchen mit einem nur „beratenden“ Kabinett, Aufhebung der liberalen Verfassung von 1923, Verbot sämtlicher Parteien am 15. Februar 1938, Verkündung einer neuen, auf die königliche Autorität zugeschnittenen Verfassung, Bildung einer Einheitspartei, der „Front der Nationalen Wiedergeburt“ (Frontul Renaşterii Naţionale) und Verhaftung der Führer der „Eisernen Garde“ am 18. April 1938). In dem seit dem Anschluß Österreichs und dem Münchener Abkommen beschleunigten Tempo der Machtsteigerung Deutschlands suchte K. die Kontrolle über den Grad der unvermeidlichen Annäherung an die Hegemonialmacht in der Hand zu behalten. Sein Treffen mit Hitler am 24. November 1938, die Ermordung Codreanus auf seinen Befehl am 30. November 1938, nach Hitlers „Griff“ nach Prag dann der Abschluß eines weitreichenden Wirtschaftsabkommens mit Deutschland (23.03.1939) und die Anregung zu einer am 13. April 1939 verkündeten britisch-französischen Garantie für die Unabhängigkeit Rumäniens waren Teil dieses Balance-Aktes. Er ließ sich bis zum Zugeblich sammenbruch Frankreichs im Mai/Juni 1940 fortsetzen. Danach glaubte K. allein durch eine unzweideutige Anlehnung an Deutschland (am 2. Juli 1940 Bitte um Entsendung einer deutschen Militärmission und deutsche Garantie für Rumänien) dem Druck der Sowjetunion sowie Ungarns und Bulgariens begegnen zu können. Als sich dies als Illusion erwies (sowjetisches Ultimatum vom 26. Juni, 2. Wiener Schiedsspruch vom 30. August 1940) und die Kritik an der „Königsdiktatur“ lawinenartig anschwoll, berief er am 4. September 1940 General Ion Antonescu, den er im Juli noch hatte beseitigen lassen wollen, als „Conducătorul“ in die Staatsführung. Dieser erzwang jedoch zwei Tage später seine Abdankung zugunsten Michaels I. K. begab sich mit Elena Lupescu ins Exil. Die ungewöhnliche Verbindung von privatem Glücksstreben und politischem Engagement für sein Land ließen K. in einer international außerordentlich schwierigen Situation scheitern. Ob Großrumänien in der gegebenen Mächtekonstellation 1940 von einer anderen Staatsführung hätte behauptet werden können, muß bezweifelt werden.
Literatur
Eastermann, Alexander Levvey: King Carol, Hitler, and Lupescu. London 1942.
Kürenberg, Joachim von (Pseud. für Joachim von Reichel): Carol II. und Madame Lupescu. Bonn 1952.
Hillgruber, Andreas: Hitler, König Carol und Marschall Antonescu. Die deutsch-rumänischen Beziehungen 1938-1944. Wiesbaden 1965(2) (mit Bibliographie).
Broszat, Martin: Deutschland - Ungarn - Rumänien. Entwicklung und Grundfaktoren nationalsozialistischer Hegemonial- und Bündnispolitik 1938-1941. In: Hist. Z. 206 (1968) 45-96.
Reichert, Günter: Das Scheitern der Kleinen Entente. Internationale Beziehungen im Donauraum von 1933 bis 1938. München 1971.
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