Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Karl I. (Carol I.)
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Karl I. (Carol I.)

Karl I. (Carol I., ursprünglich Karl Eitel-Friedrich Zephyrus), Fürst von Rumänien 1866-1881 und König von Rumänien 1881-1914, * Sigmaringen 20.04.1839, † Sinaia (Schloß Peleş) 10.10. 1914, zweiter Sohn des Fürsten Karl Anton von Hohen-zollern-Sigmaringen und der Prinzessin Josephine von Baden.

Leben

Nach dem Sturz des ersten Fürsten der vereinigten Donaufürstentümer Alexandru Ioan Cuza im April 1866 fiel die Wahl der meisten Politiker beider großen Parteien des Landes auf K., den Sohn des damaligen preußischen Ministerpräsidenten. Durch ein Plebiszit wurde diese Wahl am 20. April 1866 bestätigt. Der liberale Politiker Ion C. Brătianu holte den Prinzen unter falschem Namen nach Bukarest, wo dieser am 22. Mai 1866 unter dem Namen Caroll. von einem neugewählten Parlament zum erblichen Fürsten von Rumänien ausgerufen wurde. Die Verhandlungen bei der Pforte um K.s Anerkennung wurden von Fürst Gheorghe Ştirbei geleitet, so daß im Herbst 1866 in Istanbul die förmliche Investitur K.s stattfinden konnte. Unter den Schutzmächten Rumäniens war besonders Österreich gegen die Berufung eines ausländischen Prinzen nach Rumänien gewesen, da es - wie auch die Türkei Recht befürchtete, daß dadurch der Machtverfall der Pforte am zu Balkan beschleunigt werden würde. Am Vorabend des preußisch-österreichischen Krieges (1866) hatte Wien aber keine ernsthaften Schritte gegen die Entscheidung der Rumänen für K. unternommen. Ausdrücklich befürwortet wurde die Wahl K.s allein von Napoleon III. Vom November 1866 bis März 1867 erkannten alle Schutzmächte Rumäniens K. an, zumal seine Person stabile politische Verhältnisse in Rumänien zu verbürgen schien. K. war als Herrscher bemüht, über den politischen Parteien zu stehen. Dessenungeachtet vertrat er nachdrücklich die Bestrebungen der Parteien, das Land allmählich aus der osmanischen Oberhoheit zu lösen. Ein 1876 sich abzeichnender neuer russisch-türkischer Konflikt bot hierzu günstigen Anlaß. Da die westlichen Schutzmächte Rumänien als Lohn seiner Neutralität in einem Krieg Grenzgarantien verweigerten, schloß Ion C. Brătianu 1877 mit Rußland eine Militärkonvention ab: Russische Truppen sollten durch Rumänien ziehen dürfen, wofür der Zar Rumäniens Grenzen garantierte. Die Pforte betrachtete dies als eine feindselige Handlungsweise und ließ einige rumänische Städte an der Donau bombardieren. Auf Rumäniens Kriegserklärung an das Osmanische Reich vom 11. Mai 1877 folgte am 21. Mai die einseitige Unabhängigkeitserklärung durch eine außerordentliche Versammlung der rumänischen Abgeordnetenkammer. Unter dem Oberbefehl des Fürsten K. nahmen rumänische Truppen an der Eroberung der Festung Plevna teil. Auf dem Berliner Kongreß (1878) erkannten die europäischen Mächte Rumäniens Unabhängigkeit an. Jedoch mußte K. Rußland (trotz der Grenzgarantie von 1877) die drei südlichen Kreise Bessarabiens (den Budschak) abtreten. Als Entschädigung erhielt Rumänien mit der Dobrudscha einen Zugang zu den Donaumündungen und zum Schwarzen Meer. Nachdem K. bereits am 21. September den Titel einer „Königlichen Hoheit“ angenommen hatte, beschloß das Parlament am 26. März 1881 seine Ausrufung zum ersten König von Rumänien. Er wurde mit einer aus bei Plevna erbeuteten Kanonen gefertigten Stahlkrone am 22. Mai 1881 gekrönt. In seiner Außenpolitik wünschte K. nach der Abkühlung der Beziehungen zu Rußland wegen Bessarabiens eine Allianz mit den Mittelmächten. Der Bündnisvertrag Rumäniens mit Österreich-Ungarn und Deutschland vom Jahre 1883 bestand zwar bis 1914, war aber schon zum Zeitpunkt der Balkankriege brüchig geworden. Während sich Rumänien durch die Einverleibung der südlichen Dobrudscha mit Silistra (sog. Cadrilater) vergrößern konnte, zeigten sich nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges ernsthafte politische Gegensätze zwischen dem König und seinen engsten Beratern und Ministern. Letztere hatten bereits weitere „nationale Ziele“ einer künftigen rumänischen Außenpolitik ins Auge gefaßt, und der Weltkrieg schien ihnen dazu geeignet, die Vereinigung aller Rumänen in einem einzigen Staat herbeizuführen. Der König, der die Kriegsteilnahme Rumäniens an der Seite der Mittelmächte verlangt hatte, wurde im Kronrat überstimmt und Rumäniens Neutralität beschlossen. Obwohl sich K. immer bereitwillig für die nationale Politik der Rumänen eingesetzt hatte, bedeutete dieses Ereignis am Ende seines Lebens eine herbe Enttäuschung. Auch sein persönliches Leben wurde durch den frühen Tod seines einzigen Kindes Maria (1870-1874) aus seiner 1869 geschlossenen Ehe mit Prinzessin Elisabeth von Wied getrübt. K.s Hauptverdienste als Herrscher lagen im Bereich der Innenpolitik. Er regierte als konstitutioneller Monarch (Verfassung von 1866 nach belgischem Vorbild) und war bemüht, durch Wechsel der beiden großen Parteien an der Macht (rularea puterii) ein stabiles Zweiparteiensystem zu schaffen. Als ehemaliger preußischer Gardeoffizier verstand es K., das rumänische Heer entsprechend aufzubauen. Er konnte seinem Land bereits als Fürst wichtige Hoheitsrechte sichern (Zoll-, Post-, Telegraphen- und Münzvereinbarungen). Allmählich begann die Industrialisierung. Zwar konnte die Schulpflicht auf dem Lande nur teilweise verwirklicht werden, doch bahnte sich unter K. der politische und zivilisatorische Anschluß Rumäniens an Westeuropa an, wenn auch der Bauernaufstand von 1907 zeigte, wie schwierig dieser Weg noch werden sollte.

Literatur

Aus dem Leben König Karls von Rumänien. Aufzeichnungen eines Augenzeugen. 4 Bde. Stuttgart 1894/1900.
Sturdza, Dimitrie A.: Charles Ier, roi de Roumanie. Chroniques, actes, documents. 2 Bde. Bucarest 1899/1904.
Băcilă, Ioan C.: Bibliografia domniei Regelui Carol al României. Bucureşti 1916.
Lindenberg, Paul: König Karl von Rumänien. Ein Lebensbild, dargestellt unter Mitarbeit des Königs. 2 Bde. Berlin 1923.
Henry, Paul: L’Abdication du Prince Cuza et l’avènement de la dynastie de Hohenzollern au trône de la Roumanie. Documents diplomatiques. Paris 1930.
Iorga, Nicolae: Correspondance diplomatique roumaine sous le roi Charles Ier (1866-1880). Bucarest 1938(2).
Giurescu, Constantin C.: Cuvîntările Regelui Carol I. 2 Bde. Bucureşti 1939.
Tzigara-Samurcaş, Alexandru: Din viaţa Regelui Carol I. (1839-1939). Mărturii contemporane şi documente inedite. Bucureşti 1939.
Ţuţui, Gheorghe und Mircea Popa: Hohenzollernii în Romînia. Bucureşti 1962.
Kellogg, Frederick: Rumanian Nationalism and European diplomacy, 1866-1878. (Diss. Indiana Univ.) Ann Arbor, Mich. 1969 (mit Bibliographie).

Verfasser

Krista Zach (GND: 120069873)

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Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd119278219.html


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Empfohlene Zitierweise: Krista Zach, Karl I. (Carol I.), in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 367-369 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1102, abgerufen am: (Abrufdatum)

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