Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Herbert, Peter Philipp

Herbert (ab 1779 Freiherr von Rathkeal), Peter Philipp, kaiserlicher Diplomat, * Istanbul 1735, † ebd. 23.02.1802, aus einer irischen Familie, die Jakob II. ins Exil folgte und sich in Pera, dem Fremdenviertel Istanbuls, niederließ.

Leben

H. und sein Bruder Thomas (1738-1760), bekannt als Übersetzer von Hermannus Boerhaaves „Institutiones medicae“ ins Türkische, wurden vom Geistlichen des österreichischen Internuntius, einem Jesuiten, erzogen. Nach kurzer Lehrtätigkeit in Triest wirkte H. nach 1757 als Korrepetitor und bald als Präfekt an der Orientalischen Akademie in Wien. Er führte die Praxis ein, daß die dort ausgebildeten „Sprachknaben“ (Dolmetschergehilfen der Internuntiatur) den letzten Schliff in Istanbul erhielten, wobei sie türkische Tracht anlegen und bei Armeniern wohnen mußten, um dem gesellschaftlichen Getriebe in Pera zu entgehen. 1760 wurde H. von dem in den österreichischen Niederlanden die Regierung führenden bevollmächtigten Minister Graf Karl Cobenzl nach Brüssel in die Rechnungskammer berufen. Er avancierte im Staatsdienste 1777 zum Hofrat bei der Hof- und Staatskanzlei. 1779 endigung des Bayerischen Erbfolgekrieges - unterstützte er den Grafen Philipp Cobenzl beim Teschener Kongreß.
Noch im selben Jahr zum Internuntius ernannt, legte H. die Strecke von Wien nach Rustschuk als erster kaiserlicher Diplomat auf der Donau zurück. Die Hebung der Schiffahrt auf der Donau und im Schwarzen Meer im Dienste des Handels mit der Türkei und Rußland nahm von nun an einen großen Teil seiner Tätigkeit in Anspruch. Er erwirkte die Einsetzung eines Generalkonsuls in Cherson, der von Grigorij Aleksandrovič Potemkin 1778 errichteten ersten russischen Festung und Hafenstadt am Schwarzen Meer, und sorgte für österreichische Magazine. Der österreichische Export litt damals unter dem Wettbewerb der Franzosen, die über das Schwarze Meer schneller und billiger als wie vorher über Riga und St. Petersburg Rußland belieferten. H. gelang 1784 der Abschluß eines Handelsvertrages mit der Pforte und 1785 mit Rußland. Zu den Aufgaben H.s gehörte außerdem die Überwachung des preußischen Geschäftsträgers durch Konfidenten, seit Wien nach der Unterredung Josephs II. mit Katharina zu Mohilev (1780) und dem Besuch des Kaisers bei der Zarin (1787) preußische Intrigen an der Pforte befürchtete. Dazu kam die Überwachung des russischen Botschafters Jakov Ivanovič Bulgakov und der in Rußland gesteigerten Kriegslust. Der türkische Angriff auf Cherson im Herbst 1787 bereitete dem Donauhandel ein Ende. Am 9. Februar 1788 erklärte der Kaiser den Krieg. Vom Schicksal des russischen Kollegen, der in den Sieben Türmen gefangen gehalten wurde, blieb H., der auch Toskana bei der Pforte vertrat, verschont. Er segelte nach Livorno und wurde, wieder in Wien, 1791 mit Franz de Paula Freiherr von Thugut zu den Friedensverhandlungen nach Sistowa (Svištov) entsandt. Als nach dem Frieden von Campoformido Venedig der Habsburgermonarchie angeschlossen wurde, fühlten sich die Barbaresken nicht mehr an die alten Verträge mit der Dogenrepublik gebunden und kaperten venezianische Schiffe. Nach dreijährigen Verhandlungen erreichte H. als seinen letzten Erfolg Schadenersatz und den Schutz auch dieser unter kaiserlicher Flagge segelnden Schiffe.
1779 wurde H. und mit ihm sein in der kaiserlichen Armee dienender Bruder Johann in den Freiherrnstand mit dem auf die irische Abstammung weisenden Prädikat erhoben. Seiner Ehe mit einem Fräulein von Callenbach entstammte die Tochter Constanze, die 1798 den bevollmächtigten Minister Englands bei der Pforte, Sir Spencer Smith, den Bruder des Seehelden Sir Sidney Smith, heiratete.

Literatur

Weiß von Starkenfels, Victor: Die kaiserlich-königliche orientalische Akademie zu Wien, ihre Gründung, Fortbildung und gegenwärtige Einrichtung. Wien 1839.
Archivo del General Miranda. Bd 2. Viajes. Diarios 1785-1787. Caracas 1929.
Halm, Hans: Johann Rosarowitz, der erste österreichische Generalkonsul in Cherson. Wien 1952. = Burgenländische Forschungen. 21.
Ders.: Habsburgischer Osthandel im 18. Jahrhundert. München 1954.

Verfasser

Heinrich Benedikt (GND: 11850892X)

GND: 138405921

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd138405921.html


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Empfohlene Zitierweise: Heinrich Benedikt, Herbert, Peter Philipp, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 150-151 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=953, abgerufen am: (Abrufdatum)

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