Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Hamuljak, Martin
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Hamuljak, Martin

Hamuljak, Martin, slowakischer Schriftsteller, * Jasenice (Komitat Arwa) 19.04.1789, † Námestov (Komitat Arwa) 31.03.1859, aus einer Bauernfamilie.

Leben

Nach dem Studium in Erlau und Ofen trat H. im Komitat Arwa in die Beamtenlaufbahn ein. 1811 kam er in die Kanzlei des ungarischen Landtags zu Preßburg. Zwei Jahre später wurde er als Praktikant in die Statthalterei noch Ofen versetzt. 1814 war er dort als Schreiber tätig und wurde 1817 zum Rechnungs-Offizial befördert. 1843-1853 bekleidete er im gleichen Amt den Posten eines königlichen Rates für das Rechnungswesen.
In der slowakischen Nationalbewegung gehörte H. zu den Anhängern Anton Bernoláks, die das katholische Slowakentum repräsentierten. In dieser Gruppe, zu der sich viele katholische Geistliche zählten, war H. der bedeutendste Laie. Als ungarischer Staatsbeamter konnte er sich nicht öffentlich zu seiner Nation bekennen. Dennoch organisierte er das kulturelle Leben der Slowaken in Ofen. Allerdings scheiterten seine Bemühungen um die Gründung einer slowakischen Zeitung. Zusammen mit dem Pester evangelischen Pfarrer Ján Kollár und einigen jüngeren slawischen Beamten am königlichen ungarischen Statthaltereirat gehörte er zu den Begründern des „Spolok milovníkov reči a literatúry slovenskej“ (Verein der Liebhaber der slowakischen Sprache und Literatur). Im Gründungsjahr dieses Vereins wurde Kollár zum Vorsitzenden und H. zum Sekretär gewählt.
Durch die Zusammenarbeit mit Kollár und Šafárik geriet er in den Bannkreis des Tschechoslowakismus und des Panslawismus. In diesem Sinne schlug H. den Kollár-Anhängern die Annahme einer heimischen Schriftsprache vor. Dabei handelte es sich um eine künstliche Sprache, die zwar auf Bernoláks Sprache aufbaute, die aber auch andere Besonderheiten der slowakischen Sprache sowie den Wortschatz anderer slawischer Sprachen berücksichtigte.
H. wäre auch bereit gewesen, die neue durch Kollár und Šafárik schon angenommene und in der „Čitinka“ (Lesebuch, 1825) gebrauchte Mundart für die Schulen und die Gebildeten in der Slowakei als Schriftsprache anzunehmen, doch auch dieser Versuch scheiterte. H.s Schaffen und Wirken stand unter dem Motto: „Ein Volk, das sich verläßt, wird verlassen werden.“ H. entfaltete selbst eine rege schriftstellerische Tätigkeit und redigierte den slowakischen Kulturalmanach „Zora“ (Morgenröte), von dem 1835-1840 vier Bände erschienen. Sein Hauptanliegen war, die beiden Konfessionen innerhalb des slowakischen Volkes auf kulturellem Gebiet zusammenzuführen. In diesem Sinne bemühte er sich auch um die Herausgabe der Werke des Dichters Ján Hollý, der ebenfalls wie er zu der zweiten Generation der Bernolák-Anhänger gehörte. H. war es auch, der Hollý ein kleines, auserlesenes Publikum verschaffte.
H. wird vorgeworfen, daß er und die Gruppe der katholischen Spätbernolákisten die Begabung L’udovít Štúrs nicht erkannten, der im Gegensatz zu anderen slowakischen Erweckern keine Vorurteile gegenüber Katholiken besaß. Mit seiner Verehrung für Kollár unterstellte sich H., als einer der Führer der slowakischen Katholiken, der Führung der evangelischen tschechoslowakischen Richtung. Tschechen und Magyaren gegenüber ließ sich deshalb nicht der Eindruck vermeiden, die Slowaken seien kein eigenständiges Volk, sondern nur ein Stamm der historisch gewordenen tschechischen Nation.
Die Überbrückung der konfessionellen Gegensätze wird in der von H. herausgegebenen „Zora“ deutlich, wo neben katholischen Autoren auch evangelische anzutreffen sind. Es wurden hier hauptsächlich Arbeiten in der Sprache Anton Bernoláks gedruckt. Daneben gab es aber auch Texte in einer Sprache, die schon deutlich die später von Štúrdurchgeführte Sprachreform andeuteten.
In den Beiträgen der „Zora“ spiegelt sich die geistige Situation des slowakischen Volkes wider. Während verschiedene Beiträge noch ganz klassizistisch geprägt sind, findet man bereits eine ganze Serie aufklärerischer, rationalistischer und dialektischer Arbeiten. Auch das slowakische literarische Biedermeier Wiener Prägung ist vertreten. Das Wirken H.s und seines Kreises ist durch das Auftreten Štúrs, der die bisher getrennten slowakischen Schriftsprachen vereinigte und die beiden Konfessionen durch eine einheitliche Ideologie verband, in den Hintergrund gedrängt worden.

Literatur

Vlček, J.: Dejini literatúry slovenskej. Sv. Martin 1933.
Kotvan, Imrich: Bibliografia bernolákovcov. Bratislava 1957.
Vyvíjalová, Maria: Hamuljakove snahy o literárny časopis a politické noviny. In: Hist. Štúd. 4 (1958) 55-88.
Diess.: K dejinám Spolku milovníkov reči a literatúry slovenskej. In: Hist. Štúd. 9 (1964) 162-208.
Butvin, Jozef: Martin Hamuljak a základné problémy slovenského obrodenia. In: Hist. Čas. 13 (1965) 517-545.
Čechvala, Milan: Martin Hamuljak a slovenské národné hnutie v 20-tych až 40-tych rokoch 19 storočia. In: Sborník filozofickej fakulty univerzity Komenského. Historica 16 (1965) 45-76.
Gogolák: Bd 2, 117-118, 121-123.

Verfasser

Horst Glassl (GND: 128931752)

GND: 11899140X

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd11899140X.html


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Empfohlene Zitierweise: Horst Glassl, Hamuljak, Martin, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 120-121 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=932, abgerufen am: (Abrufdatum)

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