Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Botev, Christo
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Botev, Christo

Botev (Botjov), Christo, bulgarischer Revolutionär, Dichter und Journalist, * Kalofer 6.1.1849, † Vola bei Vraca 1.06.1876.

Leben

B. erhielt seine erste Ausbildung in der Schule in Kalofer, die von seinem Vater Botjo Petkov (1815-1869), einem der angesehensten bulgarischen Pädagogen jener Zeit, geleitet wurde. Auf Wunsch des Vaters, der in Odessa studiert hatte, sollte B. seine Ausbildung in derselben Stadt fortsetzen. 1863 reiste er nach Odessa, wo er bis 1865 das Gymnasium besuchte, wonach er sich zunächst als Privatlehrer in der Stadt, dann als Lehrer im bulgarischen Dorf Zadunaevka in Bessarabien aufhielt. Darauf kehrte er (1867) nach Kalofer zurück, wo er die Stelle des erkrankten Vaters übernahm. Er mußte jedoch im selben Jahr von neuem Bulgarien verlassen, da er durch sein Auftreten, besonders durch seine Ansprache am Kyrill- und Method-Tag, den Argwohn der türkischen Behörden geweckt hatte. Er wollte seine Studien in Odessa fortsetzen, blieb jedoch in Rumänien; eine Zeitlang arbeitete er in Braila in einer Druckerei. Später versuchte er in Bukarest Medizin zu studieren, mußte aber wegen Mangels an Geldmitteln sein Studium aufgeben.
Von 1869-1874 war B. u. a. Lehrer in bulgarischen Schulen in Alexandria, Izmail und Bukarest. Während dieser Zeit knüpfte er enge Beziehungen zur bulgarischen revolutionären Emigration, insbesondere zu Vasil Levski, Ljuben Karavelov und Stefan Stambolov.1874 nahm er an der Sitzung des Zentralen Bulgarischen Revolutionskomitees in Bukarest teil. Nach dem Rückzug Karavelovs von der revolutionären Bewegung im Herbst 1874 organisierte er im August 1875 eine neue Sitzung des Komitees, auf der, unter dem Eindruck des Aufstandes der slawischen Bevölkerung der Herzegowina gegen die Türken, der sofortige Aufstand in Bulgarien beschlossen wurde. Die geplante Erhebung (im September 1875 in Stara Zagora) scheiterte jedoch an der ungenügenden Vorbereitung. Wegen eingetretener Meinungsverschiedenheiten zog sich B. vom Zentralkomitee zurück. Er unterstützte das neue, in der rumänischen Stadt Giurgiu gebildete Zentralkomitee, das unter Vorsitz von Stefan Stambolov die Entscheidung für den April-Aufstand 1876 traf. Nach Ausbruch des Aufstandes organisierte B. eine Freischar, die unter seiner Führung das österreichische Schiff „Radetzki“ besetzte und am 29. Mai 1876 bei Kozloduj am bulgarischen Donauufer an Land ging. B.s Freischar zog nach Süden, wo sie eine Erhebung der Bevölkerung in der Gegend von Vraca hervorzurufen hoffte. Die Bevölkerung blieb jedoch passiv, die Freischar wurde, nach einem Vorgefecht am 30. Mai bei Milin kamŭk, am 1. Juni im Balkan-Gebirge südlich von Vraca eingeschlossen und vernichtet. Hier fand auch B. den Tod.
In der bulgarischen Nationalrevolution nimmt B. eine Stellung ein, die wir heute als radikal und links bezeichnen können. Schon während seines Odessa-Aufenthaltes hatte er entscheidende Einflüsse von den russischen revolutionären Demokraten (Černiševskij, Bogolubov, Pisarev u. a.) empfangen. 1871 bekannte er sich unter dem Eindruck der Pariser Kommune zu dem „einen, lauteren Kommunismus“, wobei ihm allerdings utopisch-sozialistische Vorstellungen vorschwebten. Als Feinde des unterdrückten bulgarischen Volkes sah B. neben der türkischen Oberschicht und Administration auch die vermögenden Schichten an, denen er Kollaboration mit den Türken vorwarf. Er kritisierte scharf den russischen Zarismus (z. B. wegen der Versuche, gewaltsam bulgarische Bauern aus Südrußland in den Kaukasus umzusiedeln) und trat für die südslawische Solidarität ein.
B. hat nur 20 Gedichte geschrieben, die ihm jedoch einen bleibenden Platz in der bulgarischen Literatur sichern. Sein Held ist der Freiheitskämpfer, der zunächst mit sagenhaft-romantischen Zügen (Čavdar, Chadži Dimitŭr), dann in schlichter epischer Größe (Obesvaneto na Vasil Levski) dargestellt wird. B.s dichterische Sprache zeichnet sich durch dramatische Suggestivität aus, sie baut auf der Metaphorik des heroischen Volksliedes (Hajdukenliedes) auf. In Rumänien hat B. mehrere bulgarische Zeitungen herausgegeben: Duma na bŭlgarskite emigranti (1871), Budilnik (1873), Zname (1874-1875), Nova Bŭlgaria (1876). Er war ein temperamentvoller, geistreicher Journalist, der besonders die Mittel der Satire gut beherrschte.

Literatur

Stojanov, Zachari: Christo Botev. Opit za biografija. Ruse 1888.
Penev, Bojan: Christo Botev. Sofija 1931.
Dimitrov, Michail: Poglavni momenti iz života na Boteva. In: Christo Botev. Pŭlno sŭbranie na sŭčinenijata. 2 Bde. Sofija 1940.
Burmov, Aleksandŭr: Christo Botev prez pogleda na sŭvremennicite si. Sofija 1945.
Vasilev, Stefan: Ezik i stil na Botev i Karavelov. Sofija 1956.
Arnaudov, Michail: Kŭm vŭprosa za neustanovenoto literaturno nasledstvo na Christo Botev. In: Izv. Inst. bŭlg. Lit. 7 (1958) 233-266.
Ders.: Botev v poeziata si. In: Tvorci na bŭlgarskoto vŭzraždane. Bd 2. Sofija 1969.

Verfasser

Dimiter Statkov (GND: 1051480892)

GND: 118637959

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd118637959.html


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Empfohlene Zitierweise: Dimiter Statkov, Botev, Christo, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 241-242 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=605, abgerufen am: (Abrufdatum)

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