Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Teleki von Szék, László Graf
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Teleki von Szék, László Graf

Teleki von Szék, László (Ladislaus) Graf, ungarischer Politiker und Schriftsteller, * Pest 11.02.1810, † (Selbstmord) ebd. 8.05.1861, Sohn des Gutsbesitzers László T. d.Ä. aus dem Komitat Pest und Nógrád und dessen zweiter Gemahlin, der Baronesse Johanna Mészáros; seine Halbbrüder waren József, Sámuel und Ádám T.

Leben

T. erhielt die Ausbildung für die Grund- und Mittelstufe als Privatschüler. Von 1828 bis 1830 besuchte er das reformierte Kollegium in Sárospatak. Im Jahre 1831 begann er seine öffentliche Laufbahn, als er vorerst im ungarischen Statthaltereirat, später bei der ungarischen Hofkanzlei diente. Von 1833 bis 1836 unternahm er ausgedehnte Auslandsreisen - nach Deutschland und Frankreich -, und setzte zwischendurch für ein Jahr sein Studium an der Universität Berlin fort.
Im Jahre 1837 hat T. auf dem Landtag in Siebenbürgen als Gesandter durch seine liberalen Ansichten die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Unter diesem liberalen Leitgedanken entstand auch seine bedeutendste schriftstellerische Schöpfung, die Tragödie „Kegyenc“ (Der Günstling, 1841). Auf den Landtagsversammlungen in den Jahren 1839-1840 in Ungarn, 1841-1843 in Siebenbürgen sowie denen von 1843-1844 und 1847-1848 in Ungarn kämpfte T. bereits als führender Vertreter der liberalen Gruppe der Aristokratie für die bürgerliche Umwälzung hin. Für dieses Ziel arbeitete er mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln: als Vizepräsident des im Oktober 1844 von Kossuth organisierten ,,Schutzvereins“ (Védegylet), der wirtschaftliche Ziele verfolgte, dann ebenfalls 1844 als Vorsitzender des „Nationalen Kreises“ (Nemzeti Kör) und des 1846 hieraus entstandenen „Oppositionskreises“ (Ellenzéki Kör) und schließlich auch ab 1836 als korrespondierendes bzw. ab 1844 als ordentliches Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften.
Mit Sorge verfolgte T. die im Frühjahr 1848 einsetzenden ungarnfeindlichen Aktivitäten in den Kreisen der im Lande lebenden Nationalitätengruppen. Im Mai dieses Jahres wurde ihm jedoch plötzlich klar, daß die Revolution in Ungarn weniger durch das Nationalitätenproblem bedroht war als vielmehr von seiten der Habsburger. Von diesem Zeitpunkt an wandte sich T. mit zunehmender Entschlossenheit gegen die liberale Regierung von Graf Lajos Batthyány, die damals Habsburg noch voll Illusionen zugetan war. Als Abgeordneter des Anfang Juli 1848 eröffneten repräsentativen Landtags schloß sich T. daraufhin der Minderheit radikal denkender Abgeordneter an und kämpfte beharrlich um die Aufstellung einer selbständigen ungarischen Armee. Für die Nationalitätenfrage dagegen empfahl er, eine friedliche Lösung zu finden. Bereits Ende Juli beantragte er, Kroatien das Recht zuzusichern, sich vollständig von Ungarn lostrennen zu können.
Ende August 1848 entsandte die Regierung T. nach Paris, von wo aus er die westliche Diplomatie der ungarischen Revolution lenkte. Hier wurde ihm gänzlich bewußt, daß die kleineren Völker in Ost-Mittel-Europa an der Überwindung ihrer Gegensätze elementarisch interessiert waren. In seinem an Kossuth gerichteten Botschaftsbericht vom 14. Mai 1849 erörterte T., daß Ungarn zu einer demokratischen Föderation aller auf dem Landesgebiet lebenden Völker umgewandelt und damit gleichzeitig zum Kern einer breit angelegten ost-mittel-europäischen Konföderation gemacht werden sollte. Diese Anregung fand jedoch keinerlei Beachtung, und bereits drei Monate später war die Revolution in Ungarn gescheitert. In Paris veröffentlichte T. 1848 auch seine Schrift „La Hongrie aux peuples civilisés“, die ein Jahr später auf deutsch (Leipzig), englisch (London) und italienisch (Turin und Neapel) erschien. Nach der russischen Intervention und Artúr Görgeis Kapitulation am 13. August 1849 erschien in Hamburg T.s Studie „Die russische Intervention“ (französische Ausgabe: Paris 1849).
Nach der Niederlage der Revolution lebte T. rund ein Jahrzehnt lang in der Emigration und wurde in dieser Zeit, 1851, vom kaiserlichen Militärgericht in contumaciam zum Tode verurteilt. In den Jahren 1850/51 übernahm er den Vorsitz des Vereins ungarischer Emigranten in Paris, unterließ jedoch in den folgenden Jahren jede Art politischer Betätigung. 1859 zur Zeit der Vorbereitung des österreichisch-italienisch-französischen Krieges, als die Hoffnungen auf die Befreiung Ungarns stiegen, rief T. gemeinsam mit Lajos Kossuth und General György Klapka das „Ungarische National-Direktorium“ (Magyar Nemzeti Igazgatóság) ins Leben. Als er jedoch im November 1860 nach Dresden reiste, um dort mit der Baronesse Auguszta Lipthay, der Witwe des Barons István Orczy, der er zwei Jahrzehnte hindurch in Liebe verbunden war, zusammenzutreffen, wurde er von der sächsischen Obrigkeit festgenommen und den Österreichern ausgeliefert. Kaiser Franz Joseph entließ ihn zwar am 1. Januar 1861 wieder, dafür wurde ihm aber das Versprechen abgezwungen, seinen Kontakt zu den Emigranten abzubrechen.
Als im Frühjahr 1861 der ungarische Landtag wieder zusammentrat, erhielt T. erneut ein Mandat als Abgeordneter und wurde zum Führer der mehrheitlichen Partei des Abgeordnetenhauses, der sog. Beschlußpartei (Határozati párt) gewählt, die anfangs eine Wiederherstellung der Gesetze von 1848 forderte und in Opposition zu der von Ferenc Deák geführten sog. Adreßpartei (Felirati párt) stand, die um eine Übereinkunft mit Habsburg bemüht war. Die Voraussetzungen für die tatsächliche Wiederherstellung der Zustände von 1848 waren jedoch nun nicht mehr gegeben und auch T. mußte sehr bald einsehen, daß selbst ein beträchtlicher Anteil seiner eigenen Anhänger nicht mehr vor einem Kompromiß mit Habsburg zurückschrecken würde. Diese aussichtslose Situation trieb ihn dazu, sich in den frühen Morgenstunden des 8. Mai 1861 das Leben zu nehmen.
T.s ausgewählte Schriften (Teleki László válogatott munkái) erschienen in zwei Bänden 1961 in Budapest.

Literatur

Morzsányi, Sándor: Széki gróf Teleki László életrajza ... Pest 1861.
Kotsányi, László (Hrsg.): Teleki-Album. Pest 1862.
Kertbeny, Karl: Erinnerungen an Graf Ladislaus Teleki. Prag 1862.
Lengyel, Tamás: Gróf Teleki László. Budapest 1942.
Horváth, Zoltán: Teleki László. 2 Bde. Budapest 1964.

Verfasser

György Spira (GND: 1075684846)

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Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd122620038.html


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Empfohlene Zitierweise: György Spira, Teleki von Szék, László Graf, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 276-278 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1751, abgerufen am: (Abrufdatum)

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