Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Schwarzenberg, Felix Ludwig Fürst zu
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Schwarzenberg, Felix Ludwig Fürst zu

Schwarzenberg, Felix Ludwig Fürst zu, österreichischer Staatsmann, * Frauenberg bei Krumau (Krumov, Böhmen) 02.10.1800, † Wien 05.04.1852, Sohn des Joseph Johann Nepomuk zu Sch. und der Prinzessin Pauline Arenberg.

Leben

Sch. entstammte einem ursprünglich fränkischen, seit Mitte des 17. Jh.s in Südböhmen reich begüterten Adelsgeschlecht. Auf Veranlassung des Fürsten Metternich, der seine Begabung erkannte, trat Sch. im Jahre 1824 aus der aus Neigung gewählten Offizierslaufbahn in den diplomatischen Dienst über. Auf seinen ersten selbständigen Posten, 1838 als Gesandter in Turin, ab 1844 in Neapel, lernte er die nationalrevolutionären Strömungen Italiens kennen. Der Ausbruch der Revolution 1848 in Süditalien führte ihn nach Wien, wo er das von ihm erbetene Kommando als Brigadegeneral unter Feldmarschall Joseph Graf Radetzky erhielt. Bald wußte er recht erfolgreich zwischen diesem, dem kaiserlichen Hof und der Wiener Regierung zu vermitteln und den Banus Jelačić dazu zu bewegen, die kroatischen Grenzregimenter vorerst in Italien zu belassen. Am 12. Oktober 1848 vom Kaiser nach Olmütz berufen, wurde Sch. auf Vorschlag seines mächtigen Schwagers, Fürst Alfred zu Windisch Graetz, am 19. Oktober 1848 zum Ministerpräsidenten, zum Minister des Äußeren und des Allerhöchsten Hauses ernannt. Er stand damit an der Spitze der Regierung und gewann rasch das volle Vertrauen des jungen Kaisers Franz Joseph I. Seine politische Zielsetzung war die Umgestaltung der Donaumonarchie zu einem straff organisierten und zentralistisch regierten großösterreichischen Einheitsstaat, um sodann diesem „verjüngten Österreich“ die frühere Machtposition in Europa zurückzugewinnen und schließlich ein ganz Mitteleuropa umfassendes Siebzigmillionenreich unter Habsburgs Führung aufzurichten. Gleichzeitig mit der Auflösung des Reichstages zu Kremsier präsentierte Sch. am 7. März 1849 eine neue, von seiner Regierung ausgearbeitete, die „oktroyierte“ Verfassung, die die Bauernbefreiung sowie die Erklärung der staatsbürgerlichen Grundrechte vom Reichstag übernahm, im übrigen aber unter Hinweis auf die Gleichberechtigung aller Nationen die historischen Rechte der einzelnen Länder des Reiches abschaffte. Die einschneidendsten Veränderungen betrafen Ungarn, von dem Siebenbürgen, Kroatien-Slawonien, das Temeschwarer Banat, die Batschka und Syrmien abgetrennt und die drei letztgenannten Gebiete zu einer Woiwodschaft vereinigt wurden. Nach den Mißerfolgen seines Schwagers am ungarischen Kriegsschauplatz veranlaßte Sch. seine Enthebung vom Kommando und betrieb nach der mit Hilfe der von ihm ins Land gerufenen russischen Streitkräfte herbeigeführten Kapitulation der Honvéds bei Világos die radikale Umformung und Eingliederung Ungarns in die unifizierte Gesamtmonarchie, wie sie von seinem Innenminister Alexander Bach und seinen ins Land einströmenden deutschen und slawischen Beamten unter Neuordnung der ungarischen Verwaltung ins Werk gesetzt worden ist. Das Arader Blutgericht, die überaus harte Bestrafung der ungarischen Rebellenführer, hat Sch. mit veranlaßt, der allerdings am 26. Oktober 1849 jede weitere Hinrichtung wegen Revolutionsverbrechen untersagen ließ. Die Probleme des Vielvölkerstaates versuchte er durch möglichste Ausschaltung der nationalen, dafür aber durch planmäßige Hervorkehrung der sozialen und wirtschaftlichen Momente zu lösen. In dieser großösterreichisch, ja mitteleuropäisch orientierten Zentralisationsidee kam dem deutschen Element als wirtschaftlich stärkstem die Führung zu, womit Sch. unwissentlich zur Verschärfung der nationalen Spannungen erheblich beigetragen hat. Nicht nur die ungarische Nation, sondern auch die Südslawen der Monarchie, Kroaten und Serben, standen mit Verbitterung in Opposition zur Wiener Regierung. Wegen ihrer gebietsmäßigen Abgrenzung miteinander stets im Streit, blieb zudem den Kroaten, obwohl gebietsmäßig recht vorteilhaft abgerundet, die Erfüllung ihres größten Wunsches, die Vereinigung der kroatischen Militärgrenze mit Zivilkroatien, versagt. Da die Regierung Sch. sich weder auf Stände noch auf Nationen stützen wollte, waren auch Siebenbürgen und die Woiwodina nur militärisch zu regieren; die anfangs gewährte Autonomie der Sachsen, die Sch. bald als zu republikanisch erschienen war, wurde im Herbst 1851 aufgelöst. Trotz dieser großen Schwierigkeiten, zu denen noch finanzielle dazukamen, hat die Regierung Sch. auf den Gebieten des Schul- und Justiz-, des Handels- und Wirtschaftswesens in allen Teilen der Monarchie erhebliches geleistet und in diesen erstmals nach planmäßig einheitlichen Gesichtspunkten die allgemeine kulturelle Entwicklung erfolgreich vorangetrieben. An dem vom Kaiser mit Hilfe Karl Kübecks Freiherrn von Kübau seit dem Jahre 1850 in die Wege geleiteten Umbau des Regierungssystems hin zum franzisko-josephinischen Neoabsolutismus (Aufhebung der Verfassung am 31.12.1851) nahm Sch. keinen entscheidenden Anteil, doch hat er sich dieser Entwicklung, in deren Verlauf sein Einfluß auf den Monarchen von Kübeck überboten wurde, auch nicht widersetzt, da er sich von ihr wohl eine Förderung seines ehrgeizigen Mitteleuropaprojektes versprechen mochte. Geistig von Natur aus ganz dem Konservativismus verpflichtet, aber anfänglich dem Konstitutionalismus nicht abgeneigt, hat Sch. in entscheidenden politischen Fragen mehr der Meinung des liberalen Flügels in seiner Regierung beigepflichtet, wodurch auch von diesem die Errichtung des neoabsolutistischen Regimes eine Zeitlang verzögert werden konnte. In den letzten Monaten seines Lebens widmete sich Sch. mit größerer Aufmerksamkeit der Außenpolitik, mit der es ihm gelungen war, die Stellung Österreichs als Vormacht sowohl in Deutschland als auch in Italien zurückzugewinnen und zu festigen, ohne das freundschaftliche Einvernehmen mit Rußland zu gefährden. In der Allianz der drei kontinentalen Höfe Wien, Berlin und Petersburg erblickte Sch. die „einzige Kraft, die den Wogen der Revolution entgegengestellt werden kann“. Das innenpolitische Werk dieses höchst soldatischen und äußerst machtbewußten Staatsmannes, der, stets der Dynastie ergeben, der Gegenrevolution im österreichischen Kaiserstaate zum Siege verholfen hat, scheiterte schließlich an den Kräften, die er mit seinem allerdings unvollendet gebliebenen System nicht zu binden vermochte. Seine Prinzipien widersprachen letztlich zu sehr dem geschichtlichen und bereits zu ausgeprägten Eigenwesen der Monarchie und ihrer Länder, in deren Geschichte der von Sch. mitverantwortete Neoabsolutismus eine im ganzen unglückliche Epoche blieb.

Literatur

Heller, Eduard: Fürst Felix Schwarzenberg. Wien 1933.
Kiszling, Rudolf: Fürst Felix Schwarzenberg. Graz, Köln 1952 (mit Bibliographie).
Walter, Friedrich: Karl Kübeck Freiherr von Kübau und die Aufrichtung des franzisko-josephinischen Neuabsolutismus. In: Südost-Forsch. 19 (1960) 193-214.
Kiszling, Rudolf: Fürst Felix zu Schwarzenberg. In: Gestalter der Geschicke Österreichs. Hrsg. Hugo Hantsch. Innsbruck, Wien, München 1962, 359-370.
Walter, Friedrich: Österreichische Zentralverwaltung. III/1: Die Geschichte der Ministerien Kolowrat, Fiquelmont, Pillersdorf, Wessenberg-Doblhoff und Schwarzenberg. Wien 1964. = Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs. 49.
Rock, Kenneth Will.: Reaction triumphant. The diplomacy of Felix Schwarzenberg. Ann Arbor 1969.
Rumpler, Helmut: Ministerrat und Ministerratsprotokolle 1848-1867. Behördengeschichtliche und aktenkundliche Analyse. Wien 1970. = Die Protokolle des österreichischen Ministerrates 1848-1867. Einleitungsbd.

Verfasser

Gerhard Seewann (GND: 1069961280)

GND: 118612050

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd118612050.html


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Empfohlene Zitierweise: Gerhard Seewann, Schwarzenberg, Felix Ludwig Fürst zu, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 102-104 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1639, abgerufen am: (Abrufdatum)

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