Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Honter(us), Johannes
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Honter(us), Johannes

Honter(us), Johannes (Johannes Aust ex Corona, Johannes [Holler] Coronensis), Humanist und Reformator der Siebenbürger Sachsen, * Kronstadt 1498 (?), † ebd. 23.1. 1549, Sohn von Jörg Austen Lederer (?) aus Kronstadt.

Leben

Lebenslauf und Wirken dieser Zentralfigur der siebenbürgisch-sächsischen Geschichte sind infolge der Spärlichkeit von zuverlässigen Quellen und durch deren widersprüchliche Interpretationen noch nicht eindeutig geklärt. Von abweichenden Thesen und der kritischen Vorsicht einzelner abgesehen, hat sich die Honterusforschung trotzdem auf ein festumrissenes Bild von den Ereignissen und Absichten im Leben H.s geeinigt. Danach erhielt er in der Dominikanerschule seiner Vaterstadt eine vorzügliche Schulbildung und studierte ab 1520 an der artistischen Fakultät der Universität Wien, wo er 1522 zum Baccalaureus und 1525 zum Magister promoviert wurde. Im Umkreis namhafter Humanisten wie Joachim Vadianus, Johann Camers, Johannes Cuspinianus, Georg Collimitius, Peter Apianus und Johannes Stabius eignete sich H. in Wien die Beherrschung des Lateinischen und Griechischen sowie mathematische, naturwissenschaftliche, geographische und historische Kenntnisse an. 1525/26 nach Kronstadt zurückgekehrt, widmete er sich dem Aufbau eines „studium Coronense“, das neben dem Trivium (philologische Fächer) und Quadrivium (naturwissenschaftliche Fächer) auch Theologie, Rechtswissenschaft und Medizin berücksichtigen sollte. Politische Ereignisse im Thronstreit zwischen Ferdinand I. und Johann Szapolyai oder die Absicht, seine Bildung zu vervollkommnen, veranlaßten H. 1529, Siebenbürgen erneut zu verlassen. Im Oktober/November 1529 hielt er sich zwei Wochen lang bei Johannes Aventinus in Regensburg auf. Im März 1530 trug er sich in der Matrikel der Universität Krakau ein. Noch im gleichen Jahr gab er hier in der Offizin des Matthias Scharffenberg seine „De grammatica libri duo“ und die „Rudimentorum cosmographiae libri duo“ heraus, die als Ergebnisse vielseitiger Studien und fundierter Kenntnisse Anklang und in zahlreichen Auflagen Verbreitung fanden. Während seine Weltbeschreibung vor allem durch spätere Basler Drucke in ganz Mitteleuropa bekannt wurde, verhalf seine lateinische Grammatik in Polen und Südosteuropa der humanistischen Sprachwissenschaft zum Durchbruch. Von Krakau ging H. nach Basel. Dort genoß er den Ruf eines hervorragenden Gelehrten und eines guten Kartenzeichners und -schneiders, nahm mit namhaften Humanisten und Reformatoren Fühlung, arbeitete in bedeutenden Druckereien und gab 1532 seine Sachsenland-Karte heraus, die von der Forschung oft als nationales Bekenntnis H.s zitiert wird.
1533 kehrte H. über Kaschau und Großwardein nach Kronstadt zurück, wo er als Mitglied des äußeren, ab 1535 auch des inneren Rats eine angesehene Stellung hatte. 1535 heiratete er Anna, vermutlich die Tochter des Johann Neutze aus Flandern; er hatte drei Söhne und vier Töchter. Seine Bemühungen um die Einführung humanistischer Errungenschaften in das Kronstädter Schulwesen nahm er wieder auf und stellte auch die 1539 (?) auf eigene Kosten errichtete Druckerei - eine der ersten in Siebenbürgen - in ihren Dienst. 1544 eröffnete er das neue Gymnasium, dem er mit der „Constitutio scholae Coronensis“ eine humanistische Schulordnung gab, und errichtete eine Bibliothek. Im gleichen Jahr gab er ein Handbuch des bürgerlichen Rechts heraus, das zu einer der Grundlagen für das 1583-1853 gültige Eigenlandrecht der Siebenbürger Deutschen wurde. 1539 ließ H. in seinen Vorreden zu zwei Augustinus-Ausgaben erstmals reformatorische Gedanken anklingen, aber erst nach dem Tod Szapolyais (1540) und der Wahl seines Freundes Johann Fuchs zum Stadtrichter (1542) gab er der religiösen Neuerungsbewegung, die in Siebenbürgen seit langem Anhänger hatte, mit seiner „Reformatio ecclesiae Coronensis ac totius Barcensis Provinciae“ (1543) die entscheidende Programmschrift. Zur Rechtfertigung vor den Weißenburger Landtag zitiert, verfaßte er eine „Apologia reformationis“ (1543), deren Erfolg ihn ebenso wie die Zustimmung Martin Luthers, Philipp Melanchthons und Johann Bugenhagens ermutigten, die Reformation in Siebenbürgen voranzutreiben. 1544 wurde er zum Kronstädter Stadtpfarrer gewählt. 1547 erschien in seiner Druckerei in lateinischer und deutscher Sprache die „Kirchenordnung aller Deutschen in Sybembürgen“, die 1550 von der Nationsuniversität allen sächsischen Gemeinden als verbindlich vorgeschrieben wurde. Ausgehend vom Humanismus erasmischer Prägung und wesentlich beeinflußt von Johannes Oekolampad, näherte sich H. nach dem Regensburger Religionsgespräch von 1541 der Abendmahlslehre Melanchthons und schloß sich noch vor 1543 der lutherischen Reformation an, die sich bei den Siebenbürger Sachsen schließlich durchsetzte.
H.s Werke wurden z. T. von Oskar Netoliczka herausgegeben (Johannes Honterus’ ausgewählte Schriften, Wien u. Hermannstadt 1898). Eine Bibliographie zu seinen Werken findet sich in Friedrich Schullers „Schriftsteller-Lexikon der Siebenbürger Deutschen“ (4. Band, Hermannstadt 1902, S. 209-216).

Literatur

Klein, Karl Kurt: Der Humanist und Reformator Johannes Honter. Untersuchungen zur siebenbürgischen Geistes- und Reformationsgeschichte. Hermannstadt, München 1935.
Reinerth, Karl: Die Reformation der siebenbürgisch-sächsischen Kirche. Gütersloh 1956.
Ising, Erika: Die lateinische Grammatik des Johannes Honterus. In: Forsch. Volks- u. Landeskde 11 (1968) 2, 41-54.
Reinerth, Karl: Neue Honterusforschung in der Bundesrepublik Deutschland. In: Forsch. Volks- u. Landeskde 11 (1968) 2, 89-99.
Wittstock, Oskar: Johannes Honterus, der Siebenbürger Humanist und Reformator. Der Mann - Das Werk - Die Zeit. Göttingen 1970.
Binder, Ludwig: Zur Honterusforschung. In: Forsch. Volks- u. Landeskde 14 (1971) 2, 89-100.
Engelmann, Gerhard: Topographische Namen auf Holzschnittkarten des 16. Jahrhunderts. In: Karten in Bibliotheken. Festgabe für Heinrich Kramm. o. O. [1971], 33-50. = Kartensammlung und Kartendokumentation. 9.
Nussbächer, Gernot: Johannes Honterus. Sein Leben und Werk im Bild. Bukarest 1973. = Kriterion-Bücherei, Bildmonographien. 1.  

Verfasser

Ute Monika Schwob (GND: 1050326059)

GND: 118553445

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd118553445.html


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Empfohlene Zitierweise: Ute Monika Schwob, Honter(us), Johannes, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 177-179 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=971, abgerufen am: (Abrufdatum)

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