Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

In den Suchergebnissen blättern

Treffer 
 von 1526

Grujić, Nikanor

Grujić, Nikanor, serbischer orthodoxer Bischof, * Lipova (Komitat Baranya) 1.12.1810, † Pakrac 8.04.1887.

Leben

G. war einer der führenden Vertreter des orthodoxen serbischen Klerus in Südungarn in der zweiten Hälfte des 19. Jh.s, der nach dem Scheitern der politischen und nationalen Ambitionen des Jahres 1848 maßgeblich die Politik der konservativen Kirchenführung im serbischen Patriarchat Karlowitz (Sremski Karlovci) mitbestimmt hat. In jungen Jahren hatte er sich gegenüber den national-serbischen Zielen aufgeschlossen gezeigt und sich in der Freiheitsbewegung der südslawischen Intelligenz engagiert. Seine theologischen Studien absolvierte er in Karlowitz. Als er sich mit seinen Oberen überworfen hatte, ging er nach Pest, fand Anschluß an die Studentenbewegung und stand ab 1843 in engerer Beziehung zu dem antimagyarisch eingestellten Kreis um L’udovít Štúr in Preßburg. Beim Aufstand der Serben in der Wojwodina trat er als einer der Wortführer auf der Mai-Skupština in Karlowitz hervor und wurde als Vertreter der südungarischen Serben zum Slawenkongreß nach Prag (Juni 1848) entsandt.
Nach dem Scheitern der Revolutionsbewegung von 1848/49 wandelte er sich zum Befürworter einer loyalen Zusammenarbeit mit dem Kaiserhause in Wien. 1850 wurde er Archimandrit des Klosters Krušedol. In dem Streit um die Übersetzung des Neuen Testaments von Vuk Karadžić und dessen Schriftreform teilte er die ablehnende Einstellung des Karlowitzer Metropoliten bzw. Patriarchen (nach 1848) Josip Rajačić und veröffentlichte 1852 eine kritische Stellungnahme. 1864 wurde er Bischof in Pakrac, einem orthodoxen Bischofssitz in Slawonien, der 1705 als Gegengewicht gegen die katholischen Unionsbestrebungen von dem damaligen Metropoliten in Karlowitz begründet worden war. G. leitete das Bistum bis zu seinem Tode, nachdem sich seine Hoffnungen, Nachfolger des 1870 verstorbenen Patriarchen Samuil Maširević von Karlowitz zu werden, nicht erfüllten. Er war als ein dem Wiener Hof wie der ungarischen Regierung genehmer Kandidat dazu ausersehen, den 1870 bestellten Administrator Arsenije Stojković, Bischof von Ofen (Budim), abzulösen, scheiterte aber an dem energischen Einspruch der radikalen Fortschrittspartei unter Svetozar Miletić. G. hatte sich auf den nationalen Kirchenkongressen der 60er und 70er Jahre immer deutlicher als Exponent der konservativen Kirchenführung gegenüber den Forderungen einer wachsenden laikalen Bewegung profiliert. Diese kirchenpolitischen Wandlungen fanden ihren Niederschlag auch in seinen dichterischen Versuchen, bei denen patriotische Gedichte in volkstümlichem und sentimentalem Ton von einer bombastischen Hymnik zu Ehren des habsburgischen Herrscherhauses abgelöst wurden.

Literatur

Magarašević, Djordje: Život i književni rad Nikanora Grujića pakračkog vladike. In: Rad JAZU 156 (1904) 1-134.
Avtobiografija Nikanora Grujića. In: Bogoslovski Glasnik 3 (1904) Bd 6; 4 (1905) Bd 7, 8.

Verfasser

Edgar Hösch (GND: 105823724)


RDF: RDF

Vorlage (GIF-Bild):  Bild1   Bild2   

Empfohlene Zitierweise: Edgar Hösch, Grujić, Nikanor, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 96-97 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=913, abgerufen am: (Abrufdatum)

Druckerfreundliche Anzeige: Druckerfreundlich

Treffer 
 von 1526
Ok, verstanden

Website nutzt Cookies, um bestmögliche Funktionalität bieten zu können. Mehr Infos