Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Disraeli, Benjamin
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Disraeli, Benjamin

Disraeli, Benjamin, (seit 1876) Lord Beaconsfield, britischer Staatsmann, * London 21.12.1804, † ebd. 19.04.1881.

Leben

Mit dem Namen D. ist die Ausbreitung der britischen Großmacht im Mittelmeerraum auf das engste verknüpft. D. entstammte einer aus Italien nach England eingewanderten jüdischen Kaufmannsfamilie. Sein Vater, Isaac D’Israeli, war als Literarhistoriker hervorgetreten. Nach Lehrjahren in einer Advokatur dilettierte er ohne großen Erfolg als Verfasser romantisch-satirischer Gesellschaftsromane. 1837 zog er nach mehrfachem Bemühen mit Hilfe der Tories in das Unterhaus ein. Als Haupt der Gruppe „Jung-England“, einer Vereinigung aristokratischer Tories, trat er für die Stärkung der Krone ein. Unter Derby wurde er 1848 zweiter Führer der konservativen Unterhauspartei, die er als Schatzkanzler (1852, 1858-1859 und 1866-1868) faktisch beherrschte. Bei der Umbildung der Partei der Tories in die der Konservativen und bei der Parlamentsreform (1867) spielte er die entscheidende Rolle. 1868 Premierminister, mußte er noch im gleichen Jahre zurücktreten, bis die Konservativen unter seiner Führung (ab 1868) eine große Mehrheit erhielten.
Im Mittelpunkt seiner Tätigkeit als Regierungschef stand die Außen- und Kolonialpolitik. Er verband seine konservativen Ideen mit dem imperialistischen Gedanken der Sicherung und Erweiterung des Empires nach Osten. Mit dem Erwerb der Mehrheit der Suez-Kanal-Aktien sicherte er die britische Position in Ägypten und den Seeweg nach Indien, zu dessen Kaiserin er Königin Viktoria noch im gleichen Jahr, 1876, erheben ließ.
Von der Befürchtung beherrscht, daß nach Istanbul bald auch Ägypten in russische Hand fallen könnte, trat D. in der Orientkrise 1875-1878 Petersburg nachdrücklich entgegen, das als „Mandatar“ Europas eine Lösung der orientalischen Frage mit dem Ziel der Vorherrschaft auf dem Balkan anstrebte. Um sich eine dauerhafte Position in der Türkei zu erhalten, unterstützte er die Pforte durch diplomatische Interventionen bei der blutigen Unterdrückung der slawischen Nationalbewegungen, als diese sich 1875/76 gegen den türkischen Oberherrn erhoben. 1876 lehnte er die Zustimmung zu dem Berliner Memorandum ab, mit dem der Dreikaiserbund eine Konservierung des Status quo auf der Balkanhalbinsel herbeiführen wollte. Durch diese Weigerung war eine Beruhigung der Krisensituation nahezu unmöglich geworden. Selbst als sich die britische öffentliche Meinung über die grausame Niederschlagung des bulgarischen Aufstandes durch die Türken empörte und sein Außenminister Lord Salisbury zu Konzessionen riet, war D. nicht zur Parteinahme gegen die Pforte zu bewegen. Er nahm es auf sich, als Verteidiger des Osmanischen Reiches zu gelten. Mit dieser Politik unterstützte er die Entstehung des russisch-türkischen Krieges. Als im Frühjahr 1878 die russischen Friedensbedingungen an die Türkei bekannt geworden waren, setzte der energische Widerstand Englands ein, das sich durch die im Präliminarfrieden von San Stefano festgelegte Neuordnung der Balkanhalbinsel im russischen Sinne benachteiligt fühlte. Auf dem von dem Wiener Außenminister Andrássy geforderten Berliner Kongreß wollte Bismarck als „ehrlicher Makler“ einen friedlichen Ausgleich zwischen England und Rußland dadurch erreichen, daß England die Herrschaft über Ägypten und Rußland die über das Schwarze Meer gewann. D. zog seinen Gewinn aus dem russisch-türkischen Krieg durch einen Vertrag mit der Pforte, in dem er sich das Besatzungs- und Verwaltungsrecht auf Zypern sicherte. Damit gewann er einen strategisch wichtigen Stützpunkt im östlichen Mittelmeer.
Aus den englischen Parlamentswahlen des Jahres 1880 gingen die Liberalen als Sieger hervor. Ihr Führer Gladstone lehnte es aus christlicher Überzeugung ab, mit der islamischen Türkei gegen Rußland zu paktieren.

Literatur

Liebold, R.: Die Stellung Englands in der russisch-türkischen Krise 1875-1878. (Diss.) Leipzig 1930.
Segalowitsch, Boris: Benjamin Disraelis Orientalismus. (Diss.) Berlin 1930.
Sauer, Eugen: Die Politik Lord Beaconsfields in der orientalischen Krisis. (Diss. Tübingen). Sindelfingen 1934.
Wirthwein, Walter G.: Britain and the Balkan Crisis 1875-1878. New York 1935.
Seton-Watson, Robert William: Gladstone, Disraeli and the Eastern Question. London 1936.
Luckwaldt, Friedrich: Das englische Kabinett in der Orientkrise 1876-1878. In: Hist. Jb. 57 (1937) 508-532. British Museum. General Catalogue of Printed Books. Bd 53. London 1960, Sp. 538-558 (Bibliographie der selbständigen Veröffentlichungen von und über D.).

Verfasser

Klaus Appel

GND: 118526014

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  2. JudaicaLink
  3. Personennormdaten im Fachinformationsdienst Darstellende Kunst
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  5. Klassik Stiftung Weimar
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  8. Wikipedia-Artikel
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  12. Name Index of the International Encyclopedia of the First World War, 1914-1918-Online
  13. At the Circulating Library ID
  14. Eintrag im Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon (BBKL) - eventuell im Internet Archive vorhanden [Disraeli, Benjamin (1804-1881)]
  15. Oxford Dictionary of National Biography (ODNB) [Benjamin Disraeli]
  16. Internet Movie Database (IMDb)
  17. Internet Speculative Fiction Database (ISFDb)
  18. Theatricalia person ID
  19. Jewish Encyclopedia
  20. Personendaten-Repositorium (PDR) an der BBAW
  21. MEGAdigital - Online-Angebot der historisch-kritischen Gesamtausgabe von Karl Marx und Friedrich Engels
  22. Werke in der Open Library
  23. Project Gutenberg author ID
  24. Personenseite im Archivportal-D
  25. Wikimedia Commons
  26. 4 Reproduktionen im Digitalen Portraitindex Frühe Neuzeit
  27. British Museum person or institution ID
  28. National Portrait Gallery http://www.npg.org.uk/ (9952)
  29. National Portrait Gallery (London) person ID
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Empfohlene Zitierweise: Klaus Appel, Disraeli, Benjamin, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 410-411 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=738, abgerufen am: (Abrufdatum)

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