Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Darányi, Ignác
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Wikidata: Q902317

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Darányi, Ignác

Darányi, Ignác, ungarischer Agrarpolitiker und Ackerbauminister, * Ofen 15.01.1849, † Budapest 27.04.1927, Sohn des Ignác D., eines angesehenen Advokaten in Budapest, und der Borbála Földváry.

Leben

D. hatte schon von Jugend auf Gelegenheit, durch seinen Vater, der die Interessen einiger der größten Grundbesitzerfamilien in Ungarn vertrat, Einblick in die Agrarverhältnisse des Landes zu gewinnen. Nach dem Jurastudium in Pest ließ sich D. 1873 als Rechtsanwalt in der Hauptstadt nieder, deren 2. Wahlbezirk ihn 1881 ins Parlament schickte. Als Abgeordneter der „Liberalen Partei“ beteiligte er sich besonders an der Ausarbeitung des Theiß- und Wasserschutzgesetzes. 1893 wurde D. zum Vizepräsidenten seiner Partei, und zwei Jahre später zum Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses gewählt. 1902 verließ er die „Liberale Partei“ und beteiligte sich maßgeblich an der Gründung der „Verfassungspartei“ (Alkotmánypárt) im Jahre 1906.
Vom 2. November 1895 bis 3. November 1903 war D. Ackerbauminister der Regierungen Bánffy, Széll und Khuen-Héderváry und vom 8. April 1906 bis 17. Januar 1910 Minister desselben Ressorts in der Koalitionsregierung Wekerle. D. übernahm das Ministerium zu einer Zeit, in der die Bauernbewegung in Ungarn ihrem Höhepunkt zusteuerte. Das zunehmende Bewußtwerden der Landbevölkerung über ihre Lebensverhältnisse führte schon Anfang der 1890er Jahre zu weitverbreiteten Unruhen. Eine wilde Streikwelle breitete sich über das ganze Land aus. Als Minister griff D. mit harter Hand durch und schuf 1898 das Gesindegesetz, das von der erstarkenden Sozialdemokratie als „Sklavengesetz“ apostrophiert wurde. Den Landarbeitern wurde das Recht der Organisierung und das Streikrecht genommen. Die Grundbesitzer konnten die Aufnahme der Arbeit mit Gewalt erzwingen, einige feudale Dienstpflichten sowie das Züchtigungsrecht wurden wieder eingeführt. Eine weitere Ergänzung erfuhr das Gesetz 1907. Die unzureichenden Erwerbsmöglichkeiten der Landarbeiter führten zu einer stärkeren Auswanderung nach Übersee.
D.s Politik zielte auf Verbesserungen durch die Einführung des Genossenschaftswesens und die Gründung von Konsumgenossenschaften; Arbeiter- und Gesindeunterstützung, Unfallversicherung und Pensionskassen wurden geschaffen, die Arbeitszeit und die Altersgrenze wurden geregelt. Einen besonderen Wert legte D. auf die Förderung des landwirtschaftlichen Versuchswesens; unter ihm entstanden mehrere landwirtschaftliche Institute und Versuchsanstalten sowie das „Landwirtschaftliche Museum“ in Budapest (1907). D. trat als Förderer des landwirtschaftlichen Unterrichts und als Herausgeber von Fachzeitschriften und zahlreicher wissenschaftlicher Werke hervor, wie: „The state and agriculture in Hungary. Report on his agricultural administration during the years 1896-1903“ (London 1905), „Okos hazafiság“ (Kluger Patriotismus, Budapest 1908), „A vámpolitikai kérdésekről“ (Über die zollpolitischen Fragen, Budapest 1911). 1918 zog sich D. aus dem politischen Leben zurück.

Literatur

Dégen, Árpád: Darányi Ignác Dr. 1849-1927. Budapest 1927.
Bernát, István: Darányi Ignác t. tag emlékezete. Budapest 1931. = A Magyar Tudományos Akadémia elhúnyt tagjai fölött tartott emlékbeszédek. 21.

Verfasser

O. Zobel

GND: 143948474

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd143948474.html


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Empfohlene Zitierweise: O. Zobel, Darányi, Ignác, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 374-375 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=713, abgerufen am: (Abrufdatum)

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