Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Bruck, Karl Ludwig
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Bruck, Karl Ludwig

Bruck, Karl Ludwig (ab 1849 Freiherr von), österreichischer Staatsmann, * Elberfeld 18.10. 1798, † Wien 23.04.1860, Sohn eines Buchbinders.

Leben

Zum Kaufmann bestimmt, kämpfte B. 1815 in einem preußischen Regiment gegen Frankreich. Er versuchte sich im Buchhandel, bereiste 1820 England und Frankreich und kehrte bald wieder nach Bonn zurück. 1821 wollte er am griechischen Freiheitskampf teilnehmen, blieb aber als Sekretär einer Versicherungsgesellschaft in Triest. Von hier geht der steile Aufstieg aus, der den deutschen Rheinländer und reformierten Protestanten zum kaiserlich-österreichischen Minister emporführte. In Triest gelangte B. in das Direktorium des 1832 gegründeten „Lloyd Triestino“, des späteren „Österreichischen Lloyd“. 1835 wurde eine eigene Dampfschiffahrtsunternehmung geschaffen, deren Leitung B. zufiel. Im gleichen Jahr gründete er das „Journal des Österreichischen Lloyd“. 1848 war B. Abgeordneter in der Frankfurter Nationalversammlung, wurde aber bald zum österreichischen Bevollmächtigten bei der deutschen Zentralgewalt berufen.
Im November 1848 trat B. in das neue Kabinett Schwarzenberg als Handelsminister ein. Politik war ihm im Grunde vor allem Mittel zur Erreichung seiner wirtschaftlichen Ziele. Das ihm überwiesene Sonderproblem der Friedensunterhandlung mit dem besiegten Piemont wußte er zur Gewinnung wirtschaftlicher Vorteile der Monarchie in Italien zu nützen. Doch Italien blieb politisch und wirtschaftlich Nebenschauplatz - B. dachte in größeren Räumen: es war die mitteleuropäische Wirtschaftseinheit, auf die er hinarbeitete, die Vereinigung Österreichs und Deutschlands zu einem geschlossenen Zoll- und Handelsgebiet, ein Ziel, das die Lösung der deutschen Frage, die Entscheidung des preußisch-österreichischen Machtkampfes in sich schloß. B.s Wirtschaftspläne fügten sich Schwarzenbergs politischem Konzept und Ziel der Errichtung eines Siebzigmillionenreiches ein. In Berlin war man allerdings nicht bereit, das Machtinstrument, als das sich der Zollverein schon bewährt hatte, aus den Händen zu geben. Preußen wollte nur wirtschaftliche Annäherung, nicht Vereinigung.
Das junge Handelsministerium erbrachte bedeutende Leistungen für die wirtschaftliche Entwicklung der Monarchie, z. B. Ausgestaltung des Eisenbahnwesens, Schaffung einer Zentralseebehörde in Triest, Herabsetzung des Postportos, Posteinigung mit Preußen, österreichisch-italienischer Postverein, Lockerung der Verleihung von Gewerbekonzessionen (1850), Gesetz über die Handels- und Gewerbekammern (1850). Die Beseitigung der Einfuhrverbote wurde zu einem Meilenstein in der wirtschaftlichen Entwicklung Österreichs. Die vielleicht einschneidendste innerstaatliche Maßnahme B.s war die Beseitigung der Österreich und Ungarn trennenden Zwischenzolllinie, die möglich wurde, weil die neoabsolutistische Regierung imstande war, das österreichische Steuersystem auf Ungarn auszudehnen. Damit war die Donaumonarchie in ihrem ganzen Umfang als einheitliches Zollgebiet konstituiert - mit eine Vorbedingung, die erfüllt werden mußte, wenn die mitteleuropäische Wirtschaftseinheit Wirklichkeit werden sollte.
B. trat im Mai 1851 als Handelsminister zurück, ging wieder nach Triest und übernahm die Direktion des „Österreichischen Lloyd“. 1853 schloß er in Berlin den Handelsvertrag mit Preußen ab. Im gleichen Jahr wurde er als Internuntius zur Hohen Pforte geschickt. Sein Verhältnis zum Außenminister Buol-Schauenstein, schwer belastet durch manche Eigenmächtigkeiten B.s, wurde allerdings bald unhaltbar, da B. im Gegensatz zu Buol für Verständigung mit Rußland und Distanz von England und Frankreich eintrat.
Anfang 1855 holte man B. als Finanzminister nach Wien. Der Staatshaushalt war durch die militärischen Anstrengungen im Krimkrieg völlig in Unordnung geraten. Obzwar Österreich unter B. zum erstenmal eine staatliche Finanzplanung auf vernünftigen Grundlagen und auf weite Sicht erlebte (z. B. 1855 Schaffung der „Creditanstalt für Handel und Gewerbe“), gelang es ihm nicht, einen völligen finanziellen Zusammenbruch der Monarchie hintanzuhalten. Nach den Niederlagen in Italien 1859 wurde B. in das Verfahren gegen jene Personen hineingezogen, die man der Veruntreuung von Geldern beschuldigte (Unterschleifprozeß Eynatten). Ohne daß er sich verteidigen konnte, wurde B. am 22. April 1860 ungnädig entlassen und beging Selbstmord. B.s Nachfolger, Ignaz von Plener, veranlaßte eine Untersuchung, die B.s völlige Unschuld ergab.
B. legte seine politischen Ansichten in einem 1860 in Leipzig anonym erschienenen Pamphlet nieder („Die Aufgaben Österreichs“), das allgemeines Interesse erweckte.

Literatur

Memoiren des Baron Bruck aus der Zeit des Krimkrieges. Hrsg. Isidor Heller. Wien, Pest, Leipzig 1877.
Charmatz, Richard: Minister Freiherr von Bruck. Der Vorkämpfer Mitteleuropas. Sein Lebensgang und seine Denkschriften. Leipzig 1916.
Friedjung, Heinrich: Historische Aufsätze. Stuttgart, Berlin 1919 (v. a. das Kapitel „Mitteleuropäische Zollunionspläne 1849-1853, 64-89).
Mayer, Theodor Heinrich: Minister Bruck. Leipzig 1929 (Roman).
Ihde, Wilhelm: Karl Ludwig von Bruck. Der österreichische Minister aus Preußen und sein großeuropäischer Wirtschaftsgedanke. Leipzig, Berlin 1943. = Deutschlands Namen. 27.
Kreutner, Elisabeth: Bruck und die deutsche Zoll- und Handelseinigung im Spiegel der Wiener Presse von 1848-1853. (Diss.) Wien 1944.
Schroeder, Paul W.: Bruck versus Buol: The Dispute over Austrian Eastern Policy, 1853-1855. In: J. mod. Hist. 40 (1968) 193-217.

Verfasser

Friedrich Gottas (GND: 105731153)


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Empfohlene Zitierweise: Friedrich Gottas, Bruck, Karl Ludwig, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 261-262 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=620, abgerufen am: (Abrufdatum)

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