Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Bem, Józef
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Bem, Józef

Bem (auch Behm), Józef (József), polnischer und ungarischer Revolutionsgeneral, * Tarnów (Galizien) 14.03.1794, † Aleppo (Syrien) 10.12.1850, Sohn eines adeligen Rechtsanwaltes.

Leben

B. war mit 15 Jahren Student in Krakau, dann Warschauer Kadett, 1811 Leutnant der reitenden Artillerie, 1812-1814 napoleonischer Offizier in Danzig, 1815 im kongreßpolnischen Heer Instruktor und 1819 Hauptmann, bis er 1822 mit den Lukasinski-Verschwörern zu Kerker bzw. Strafdienst verurteilt wurde und 1826 demissionierte. Er schriftstellerte nun in Lemberg - über Artillerie, Alkoholdestillation, Dampfmaschinen - und beteiligte sich 1830/1831 an der Revolution, wobei er für seine Tapferkeit zum Oberst und nach einer artilleristischen Glanzleistung am 26. Mai 1831 bei Ostrolenka zum General befördert wurde. Nach der Niederlage emigrierte B. nach Paris, schrieb ein Buch über die polnische Revolution, in der er die Bedeutung der Agrarfrage hervorhob, kämpfte 1833/1834 im portugiesischen Bruderkrieg für Dom Pedro, leitete beim dritten allgemeinen Aufstand in Wien ab 14. Oktober 1848 die Stadtverteidigung, entkam und offerierte in Preßburg um den 1. November 1848 herum seine Dienste Kossuth. Aus Sorge vor einer zaristischen Intervention riet er diesem, weder eine selbständige polnische Freiwilligenlegion noch ein polnisches Ministerium zu erlauben, worauf er in Pest am 10. November 1848 durch ein Attentat seiner Landsleute, die ihm zur Last legten, aus Wien vorzeitig geflohen zu sein, verwundet wurde.
B. erhielt von Kossuth am 29. November 1848 das Oberkommando der Siebenbürgen-Armee und nahm am 6. Dezember Großwardein, am 25. Dezember Klausenburg, am 13. Januar Marosvásárhely, am 11. März Hermannstadt. Mit seiner zeitweilig 40-50 000 Mann starken Armee, in der neben Ungarn und Széklern auch Rumänen, polnische, italienische Freiwillige und Sachsen kämpften, glich B. anderweitige ungarische Militärschlappen aus und erklärte in der „Kronstädter Proklamation“ vom 21. März 1849 Siebenbürgen für befreit vom „Moskowiter und österreichischen Kriegsvolk“. Von seinem zeitweiligen Adjutanten Petőfi als Garant des Endsieges gefeiert (vgl. die Gedichte „Az erdélyi hadsereg“ [Die siebenbürgische Armee] und „Négy nap dörgött az ágyú [u. d. T. „Kanonendonner dröhnte ...“ auch in deutscher Sprache]), vom Debrecziner Reichstag am 23. März 1849 zum Honvéd-Feldmarschalleutnant befördert, propagierte seine Feldpresse eine umfassende Sozialrevolution, die er ohne Regierungskonsent vorantrieb, sich selber der Bevölkerung auch als höchste Rechtsinstanz empfehlend. Nach Verkündigung von Nationalitätenautonomie und Chancengleichheit unter der „die konstitutionelle, wahre Freiheit wollenden ungarischen Verwaltung“ begann B. eigenmächtige Preisregulierung (Salz) und Bevölkerungsumsiedlung (loyale Székler in renitente rumänische und serbische Militärgrenzdörfer). Ansonsten Verbrüderung der „Ungarn, Sachsen und Walachen“ fordernd, war er der erwählte Mittelsmann Bălcescus zu Kossuth. Vor Inkrafttreten des am 14. Juli 1849 paraphierten ungarisch-walachischen Antihabsburg-Bündnisses zerschlugen russische Invasoren am 31. Juli bei Schäßburg B.s Armee, der das Kommando über Dembińskys Armee an sich riß, aber am 9. August bei Temeschwar auch gegen Österreich unterlag. B. half dann Kossuth bis Orschowa flüchten und starb in der Emigration als der islamgläubige Türkenpascha „Murad Tevfik“.

Literatur

Czetz, Johann: Memoiren über Berns Feldzug in Siebenbürgen in den Jahren 1848 und 1849. Hamburg 1850. (Ung. Ausg. Pest 1868.)
Gracza, György: Az 1848-49-iki magyar szabadságharcz története. Bd 3. Budapest 1896.
Kossuth Lajos beszédei 1832-1849. Sajtó alá rend. Kossuth Ferenc. Budapest 1905, 441, 454, 474-478, 483.
Galicz, Jan: General Józef Bem. Cieszyn 1927.
Varga, János: Az 1848-1849-i polgári forradalom és szabadságharc. In: Molnár: Bd 1 (mit Bibliographie in Bd 2).
Căzănişteanu, Constantin, Dan Berindei (u. a.): Revoluţia română din 1848. Bucureşti 1969 (mit Bibliographie).
Binder, Pál és Killyén Ferenc: Bem tábornok Brassóban. In: Korunk 28 (1969) 1084-1092.
Petőfi, Sándor: Gedichte. Übertr. Martin Remané. Budapest 1970.

Verfasser

Josef Gerhard Farkas (GND: 108173992)

GND: 118658107

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd118658107.html


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Empfohlene Zitierweise: Josef Gerhard Farkas, Bem, Józef, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 177-178 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=554, abgerufen am: (Abrufdatum)

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