Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Sasinek, František Viktor

Sasinek, František Viktor (Franko Vít’azoslav), slowakischer katholischer Priester, Schriftsteller und nationaler Erwecker, * Skalitz (Skalica, Komitat Neutra) 11.12.1830, † Algersdorf (Steiermark) 17.11.1914.

Leben

 In einer armen slowakischen Familie geboren, besuchte S. die Mittelschule in Skalitz und in Szolnok. Am 30. August 1846 trat er in den Kapuzinerorden in Wiener Neustadt ein (wo er den Namen Viktor erhielt). Nach Beendigung der theologischen Studien in Preßburg (Bratislava) und in Scheibbs (Oberösterreich) wurde er am 9. Oktober 1853 in Raab (Győr) zum Priester geweiht. Danach lehrte er in den Schulen seines Ordens Latein, Mathematik und Philosophie. Für diese Fächer veröffentlichte er Handbücher in lateinischer Sprache. Schon damals war er Mitarbeiter mehrerer slowakischer und tschechischer Zeitschriften. Am 25. September 1864 trat er aus dem Kapuzinerorden aus und wurde von Bischof Stefan Moyses in die Diözese Neusohl (Banská Bystrica) aufgenommen. Hier wurde er Professor am bischöflichen Seminar. Zudem entfaltete er eine außerordentliche Tätigkeit als Schriftsteller, nationaler Erwecker und Förderer der „Matica slovenská“. Am 9. August 1865 wurde er zum Kurator ihrer Sammlungen ernannt. Am 4. August 1869 wurde er zum Sekretär der „Matica slovenská“ gewählt. Er übersiedelte nach Turčiansky Svätý Martin, wo er im selben Jahr als katholischer Katechet am evangelischen Gymnasium eingestellt wurde. Als die „Matica slovenská“ 1875 aufgelöst wurde, kehrte S. nach Skalitz zurück. Hier setzte er seine literarische Tätigkeit fort. In den Jahren 1876-1882 gab er das historische Jahrbuch „Slovenský letopis“ heraus. Um der Verfolgung durch die ungarischen Behörden zu entgehen, verließ er 1882 Ungarn und wurde zuerst als Geistlicher bei den Barmherzigen Schwestern in Prag tätig. 1894 ließ er sich in Mariazell (Niederösterreich) als slowakischer Beichtvater nieder. Im Jahre 1901 siedelte er wegen seines Gesundheitszustandes zu den Barmherzigen Schwestern nach Algersdorf (Steiermark) über, wo er bis zu seinem Tode blieb. Die sterblichen Überreste wurden 1930 in seine Heimatstadt Skalitz überführt und beigesetzt. Als Schriftsteller ist S. Beispiel eines nationalen Erweckers, der auf vielen Gebieten tätig sein muß. Er schrieb volkstümliche Erzählungen, Gebetbücher, Predigten, Biographien, Gedichte, nationale und politische Artikel, aber auch wissenschaftliche Werke über Ethnographie, Geschichte usw. (L’udovít Rizner führt in seiner „Bibliografia písomníctva slovenského“ (1929/34) bis zum Jahre 1900 71 Buchtitel von S. an und bringt noch 26 Seiten Artikel). Die Bedeutung von S. liegt in seinen historischen Werken. Neben dem obengenannten „Slovenský letopis“ (Slowakisches Jahrbuch) sind die wichtigsten: „Dejiny drievnych národov na území terajšieho Uhorska“ (Geschichte der antiken Völker auf dem Gebiet des jetzigen Ungarn, Skalitz 1867), „Dejiny počiatkov terajšieho Uhorska“ (Geschichte der Anfänge des jetzigen Ungarn, Skalitz 1868), „Archiv starých česko-slovenských listín, písemností a dejepisných pôvodín pre dejepis a literatúru Slovákov“ (Archiv der alten tschechischen und slowakischen Urkunden zur Geschichte und Literatur der Slowaken, Turčiansky Svätý Martin 1872/73; nur zwei Hefte erschienen), „Árpád a Uhorsko“ (Árpád und Ungarn, T. Sv. Martin 1884), „Dejepis Slovákov“ (Geschichte der Slowaken, Rosenberg 1895), „Slováci v Uhorsku“ (Die Slowaken in Ungarn, T. Sv. Martin 1902); in deutscher Sprache veröffentlichte er eine kürzere Darstellung: „Die Slowaken. Eine ethnographische Skizze“, T. Sv. Martin 1875. Zu erwähnen sind auch seine cyrillomethodianischen Studien: „Sv. Method a Uhorsko“ (Der hl. Method und Ungarn, T. Sv. Martin 1884), „Život sv. Cyrilla a Methoda apoštolov slovanských“ (Das Leben der hll. Slawenapostel Kyrill und Method, Tyrnau 1885), „Obrana sv. Methoda“ (Die Verteidigung des hl. Method, T. Sv. Martin 1907). Schon aus diesen Titeln sieht man, daß S. besonders die älteste slowakische Geschichte bearbeitet hat. S. war kein Berufshistoriker. Er widmete sich aus Notwendigkeit der Geschichte, um bei den Slowaken das nationale Bewußtsein zu erwecken und aufrechtzuerhalten und um den anderen Nationen in Ungarn zu zeigen, daß zwischen den heutigen Slowaken und denen der vorungarischen Zeit eine Kontinuität besteht. Aber gerade in diesem Vorhaben ging er zu weit: Er hielt mehrere antike Völkerschaften, die auf dem Gebiet der heutigen Slowakei lebten, für Slawen (oder Slowaken), und das Volk, das mit Árpád kam, nicht für Vorfahren der Ungarn, sondern für „slawische Chazaren“ oder „Ugri“. Zur Rettung der Slowaken vernachlässigte der Historiker S. manchmal die historische Kritik. Das wertvollste an seiner Tätigkeit als Historiker ist die Herausgabe zahlreicher historischer Quellen. Trotz ihrer Mängel haben die historischen Arbeiten von S. zweifellos zur Aufrechterhaltung des nationalen Bewußtseins des slowakischen Volkes beigetragen.

Literatur

Kolísek, Alois: František Vít'azoslav Sasinek. Skalica 1930.
Pekáriková-Hvizdošová, Ol’ga: Edičná činnost’ Františka Vít'azoslava Sasinka. In: Hist. Štúd. 4 (1958) 275-292.
Vnuk, František: Franko Vít'azoslav Sasinek. In: Kalendár Jednota (1964) 122-128.
Falath, Tatjana: Die slowakische Historiographie im 19. und 20. Jahrhundert. (Diss.) Wien 1971, 28-59.

Verfasser

Miklós Lackó (GND: 103240195)

GND: 120600315

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd120600315.html


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Empfohlene Zitierweise: Miklós Lackó, Sasinek, František Viktor, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 83-84 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1625, abgerufen am: (Abrufdatum)

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