Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Ipsilantis, Dimitrios
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Wikidata: Q574899

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Ipsilantis, Dimitrios

Ipsilantis, Dimitrios, griechischer Militärführer, * Istanbul 25.12.1793, † Nauplia 18.08.1832, Sohn des Fürsten der Walachei Constantin Ipsilanti und Bruder des Alexandros I.

Leben

Nach dem gescheiterten Aufstand seines Vaters gegen den Sultan auf der Seite des Zaren (1806/7) wurde I. mit seinem Bruder nach St. Petersburg gebracht, wo er nach der Absolvierung einer französischen Kadettenschule in die russische Armee aufgenommen wurde und bald zum Hauptmann emporstieg. Am 9. März 1821 bekam er von seinem Bruder Alexandros in Kisin’ov (Chișinău), von wo dieser drei Tage zuvor seinen Einzug in die Moldau begonnen hatte, den Auftrag, sich als Bevollmächtigter der „Filiki Eteria“ auf die Peloponnes zu begeben. In Begleitung des Filikers Panajotis Anagnostopulos kam er heimlich über Triest, Hydra und Psara am 21. Juni 1821 in Astros auf der Ostküste der Peloponnes an, um die Führung des Anfang April begonnenen Aufstandes zu übernehmen. Von Astros begab er sich am 22. Juni nach Vervena, wo er zum erstenmal mit den peloponnesischen Notabein, an ihrer Spitze Petros Mavromichalis, in Konflikt geriet, weil er die provisorische Revolutionsregierung, den sog. „Senat von Kaltezä“, der von den Notabein beherrscht war, in ein repräsentatives und vom Volk gewähltes Parlament umzuwandeln versuchte. Nachdem sein Versuch trotz der Unterstützung seitens der Aufständischen und des Volkes gescheitert war, zog er am 28. Juni westlich, nach Megalopolis. Nach einem Kompromiß mit seinen politischen Gegnern wurde er zum Präsidenten des Senats ernannt, während sein Hauptrivale Mavromichalis die militärische Führung des Aufstandes erhielt. Nach der Einnahme des seit Monaten belagerten Tripolis durch die Aufständischen (5.10. 1821) wurde die erste Nationalversammlung zum 20. Dezember 1821 nach Epi- dauros einberufen. An ihren Arbeiten und an der Verabschiedung einer nach französischem Vorbild abgefaßten „Verfassung“, die die bis dahin geltenden Lokalverfassungen ablöste, nahm I. aktiv teil und wurde zum ersten Präsidenten des Parlaments (Vuleftikon) ernannt, während der Sprecher der Notabein, Alexandros Mavrokordatos, zum Präsidenten der Exekutive (Ektelestikon) gewählt wurde und somit die eigentliche „Staatsmacht“ in seine Hände bekam. Am 6. August 1822 nahm I. an der Schlacht bei Dervenakia unter der Führung von Theodoros Kolokotronis teil, in der die türkischen Streitkräfte unter Mahmud Pascha Dramah geschlagen und zum Rückzug aus der Peloponnes gezwungen wurden. Den bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen zwischen den Militärs (Kolokotronis) und den Notabein (Mavromichalis, Mavrokordatos, Kunturiotis) in den Jahren 1823 bis 1825 hielt sich I. fern. Nach der Landung der ägyptischen Truppen Ibrahim Paschas (f 1848) auf der Peloponnes und dem Fall von Tripolis schlug er mit einer kleinen Gruppe von Kämpfern in Myloi einen Angriff Ibrahim Paschas zurück und rettete somit das bedrohte Nauplia (Juni 1825). Bei der 3. Nationalversammlung in Epidauros wandte er sich gegen den von der „Englischen Partei“ des Mavromichalis und anderer peloponnesischer Notabein eingebrachten Entschluß zur Anerkennung des englischen „Schutzes“ über Griechenland (April 1826) und wurde deshalb von den mächtigen Mavromichalis-Anhängern aller Ämter enthoben, dann jedoch von der Gegenversammlung der Kolokotronis-Partei in Ermioni rehabilitiert (Februar 1827).
Nach der Ankunft Kapodistrias5 in Griechenland (Januar 1828) wurde I. zum Oberbefehlshaber des Heeres im östlichen Festland-Griechenland ernannt und mit der Vertreibung der letzten Türken aus Attika und Böotien beauftragt. Sein Sieg über die Türken bei Petra in Böotien (12./24.09.1829) wird als der Abschluß des griechischen Aufstandes angesehen. Nach der Ermordung des Präsidenten (9.10. 1831) wurde I. in den provisorischen Regierungsausschuß gemeinsam mit Ioannis Kolettis gewählt (April 1832) und nahm an der von diesem Ausschuß zum 19. April 1832 nach Argos (später Nauplia) einberufenen 5. Nationalversammlung teil. Er starb, bevor sie ihre Sitzungen abgeschlossen hatte. I. war wegen seiner Tapferkeit und Selbstlosigkeit ein mit Recht hochgeschätzter Kämpfer. Doch spielte er in der politischen Gestaltung des im Aufstand befindlichen Landes nur eine sekundäre und höchst widersprüchliche Rolle. Obwohl als Russophiler verdächtigt, war er nichts als ein aufgeklärter Demokrat französischer Prägung. Seine Mittelstellung zwischen den rivalisierenden Parteien (Militärs gegen Feudalherren und Fanarioten, Rumelioten gegen Moraiten, Frankophile gegen Anglophile) bestimmte auch im voraus den Mißerfolg seiner auf Versöhnung hinzielenden Bemühungen.

Literatur

Gudas, Anastasios: Vii parallili. Bd 6. Athen 1874, 35-49.
Stratos, A.: O stratarchis Dimitrios Ipsilantis ke i endoxos machi tis Petras. Athen 1905.
Kalogeropulos, Dionisios: O stratarchis Ipsilantis. Athen 1946.
Ginis, Dimitrios: O Dimitrios Ipsilantis kateveni stin Ellada. In: O Eranistis 4 (1964) 187-189.
Diamantis, Konstantinos: Dimitrios Ipsilantis, 1793-1832. Athen 1966.
Petropulos, John Anthony: Politics and Statecraft in the Kingdom of Greece, 1838-1843. Princeton/New Jersey 1968, 77-84, 90-101.

Verfasser

Georg Veloudis (GND: 124116787)

GND: 116946261

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd116946261.html


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Empfohlene Zitierweise: Georg Veloudis, Ipsilantis, Dimitrios, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 235-236 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1013, abgerufen am: (Abrufdatum)

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