Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Liechtenstein, Aloys Prinz von und zu
Bild: Wikimedia Commons
Wikidata: Q85538

In den Suchergebnissen blättern

Treffer 
 von 1526

Liechtenstein, Aloys Prinz von und zu

Liechtenstein, Aloys Prinz von und zu, österreichischer Politiker, * Wien 18.11.1846, † ebd. 25.03.1920, Sohn des Franz Prinz von und zu L. und Bruder des Alfred Prinz von und zu L., aus der zweiten Linie des Hauses Liechtenstein.

Leben

 L. absolvierte in Wien das Schottengymnasium und das juristische Studium. 1868 ergriff er die militärische Laufbahn, wechselte aber 1869 in den diplomatischen Dienst und wurde 1870 der österreichischen Gesandtschaft in München zugeteilt. Während seiner Dienstzeit in London (1871) und Berlin (1872) wurde sein politisches Bewußtsein durch die Begegnung mit den sozialen Mißständen einerseits und dem preußischen Kulturkampf sowie dem politischen Katholizismus andererseits entscheidend geprägt. 1873 quittierte er den Dienst und wandte sich wie sein Bruder Alfred der Politik zu. Ab 1875 mit Karl Freiherrn von Vogelsang befreundet, stieg er bald zu einem der führenden Programmatiker der katholisch-konservativen Sozialpolitik auf. 1878 wurde er vom Salzburger Großgrundbesitz, 1883 vom steirischen Wahlbezirk Hartberg in den Reichsrat gewählt, wo er rasch in die Führungsgruppe der Rechtsparteien gelangte und 1880 mit den Grundstein für das politische Bündnis des „Eisernen Ringes“ legte. 1881 bildete er gemeinam mit seinem Bruder als Vereinigung der alpenländischen katholisch-konservativen Abgeordneten den „Liechtensteinklub“. L.s politische Interessen waren von Anfang an auf die Schul- und Kulturpolitik sowie auf die Sozialpolitik ausgerichtet. 1880 und 1888 brachte er Anträge zur Revision des Reichsvolksschulgesetzes ein, womit eine Verstärkung des Ländereinflusses sowie des kirchlichen Einflusses auf das Volksschulwesen erreicht werden sollte. In der Sozialpolitik war er entscheidend an der Gesetzgebung sowie an den Versuchen beteiligt, die radikal-sozialistische Arbeiterbewegung zu einer Zusammenarbeit in der Gewerbe- und Sozialreform mit der Regierung Taaffe zu gewinnen, was ihm 1883 heftige Angriffe von liberaler Seite eintrug (Roter Prinz). Das Scheitern seiner Schulgesetzinitiativen am Widerstand der liberalen Jungtschechen veranlaßte ihn 1889, die Obmannstelle im Liechtensteinklub ebenso wie sein Mandat niederzulegen. Die Kontakte mit den geistigen Häuptern der christlich-sozialen Bewegung, nach 1888 auch mit Karl Lueger, brachten L. eine neue politische Plattform. 1891 wurde er als einer der ersten christlich-sozialen Abgeordneten im Wiener Wahlbezirk Hernals-Ottakring in den Reichsrat gewählt, und er blieb bis zum Ende der Monarchie eines der führenden Häupter der neuen Partei. 1896 bis 1902 vertrat er sie auch im Wiener Landtag. 1906 wurde L. zum Landmarschall von Niederösterreich berufen. 1907 gelang ihm das lange angestrebte Ziel der Vereinigung der Katholischen Konservativen mit den Christlich-Sozialen. Am 15. März 1910 zum Nachfolger Luegers als Parteiobmann gewählt, verlor er jedoch 1911 sein Reichsratsmandat. Obwohl im selben Jahr ins Herrenhaus berufen, trat er - vor allem auch wegen einer Krankheit - politisch immer stärker in den Hintergrund. Mit dem Zusammenbruch der Monarchie legte er 1918 sein Amt als Landmarschall und Parteivorsitzender zurück und widmete sich bis zu seinem Tode nur noch der journalistischen Tätigkeit mit der Herausgabe der Zeitschrift „Das neue Reich“ - nun in kritischer Distanz zu seiner Partei und den neuen Verhältnissen.

Literatur

Schmitz, Gertrude: Die Entwicklungsgeschichte der christlichen Volksbewegung in Österreich. 1875-1891. (Diss.) Wien 1938.
Lerch, Friedrich: Die Konservativen und die österreichische soziale Gesetzgebung in der Ära Taaffe. (Diss.) Wien 1948.
Miko, Norbert: Die Vereinigung der Christlichsozialen Reichspartei und des Katholisch-Konservativen Zentrums im Jahre 1907. (Diss.) Wien 1949.
Stöger, Walter: Das Verhältnis der Konservativen zur Christlichsozialen Partei. (Diss.) Wien 1949.
Funder, Friedrich: Aufbruch zur christlichen Sozialreform. Wien, München 1953.
Weinzierl, Erika: Aloys Prinz Liechtenstein (1846-1920). In: Neue Österreichische Biographie. Bd 14. Zürich, Leipzig, Wien 1960, 96-113.
Jenks, Wiliam A.: Austria under the Iron Ring 1879-1893. Charlottesville, Virginia 1965.
Weinzierl, Erika: Der rote Prinz. Zum 120. Geburtstag von Aloys Liechtenstein. In: Neues Forum 13 (1966) 598-600.
Knoll, Reinhold: Zur Tradition der christlich-sozialen Partei. Ihre Früh- und Entwicklungsgeschichte bis zu den Reichsratswahlen 1907. Wien, Köln, Graz 1973.

Verfasser

Rudolf Gustav Ardelt (GND: 1018257101)

GND: 120125838

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd120125838.html


RDF: RDF

Vorlage (GIF-Bild):  Bild1   Bild2   

Empfohlene Zitierweise: Rudolf Gustav Ardelt, Liechtenstein, Aloys Prinz von und zu, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 33-34 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1251, abgerufen am: (Abrufdatum)

Druckerfreundliche Anzeige: Druckerfreundlich

Treffer 
 von 1526
Ok, verstanden

Website nutzt Cookies, um bestmögliche Funktionalität bieten zu können. Mehr Infos