Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Kisfaludy, Károly
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Kisfaludy, Károly

Kisfaludy, Károly, ungarischer Schriftsteller, * Tét (Komitat Raab) 5.02.1788, † Pest 21.11.1830, aus einer in Transdanubien begüterten mitteladeligen Familie, Sohn von Mihály K. und der Anna Sándorfi.

Leben

K. besuchte ab 1799 das Benediktinergymnasium in Raab, ohne es zu beenden. Auch bei der Armee, in der er es von 1804 bis 1811 bis zum Leutnant brachte, quittierte er den Dienst. In Pest pflegte er Kontakte mit Anhängern Ferenc Kazinczys, verpfändete dann seinen mütterlichen Erbteil und ging nach Wien, wo er seinen Lebensunterhalt teilweise mit Malerei bestritt. Er lernte in Wien Theodor Körner kennen, der die Lebensgeschichte von Graf Miklós Zrínyi auf sein Anraten als Stoff für das gleichnamige Drama übernahm. Angezogen von dem sich herausbildenden literarischen Zentrum und seinen ehemaligen Freunden zog K. 1817 endgültig nach Pest, wo es zu dieser Zeit noch kein ständiges ungarischsprachiges Theater und selbst vier Jahre hindurch keine ungarischsprachigen Theatervorstellungen gab. Im Mai 1819 gelang es ihm endlich mit einer Schauspieltruppe aus der Provinz, sein bereits 1809-1811 entstandenes Drama „A tatárok“ (Die Tataren) in der Hauptstadt vorzustellen. Das Stück, das der ungarischen Romantik zum Durchbruch verhalf, wurde ein großer Erfolg und erweckte in der Öffentlichkeit Vertrauen für die sich gerade herausbildende ungarische Bühnenliteratur. K. wurde mit einem Schlag der gefeierte Dichter der Hauptstadt. In zwei Jahren hatte er sieben Premieren, meist historischer Dramen. 1821 schloß sich K. der von Kazinczy vertretenen Richtung an und begründete mit der finanziellen Unterstützung seines Bruders, des Dichters Sándor K., den Almanach „Aurora“, der in einem Umfang von 300 Seiten alljährlich die im Zeichen der Romantik sich erneuernde ungarische Literatur veröffentlichte. K. schaltete mit seiner Hilfe die bislang bestehenden literarischen Zentren (um Kazinczy und Sándor K.) aus und machte endgültig Pest zum Zentrum des ungarischen literarischen Lebens. Der „Aurora- Kreis“, dem auch die Dichter und Literaten Mihály Vörösmarty, József Bajza, Ferenc Toldy (Schedel), Mihály Helmeczy angehörten, machte die Romantik um 1825 zur vorherrschenden literarischen Richtung. Ende der zwanziger Jahre lernte K. den Grafen István Széchenyi kennen, der ihn zum Redakteur seiner Zeitschrift „Jelenkor“ (Gegenwart) machen wollte. Auch wurde K. in dieser Zeit Sekretär des von Széchenyi 1825 gegründeten Pferdezüchtervereins (Első Lótenyésztő Egyesület), aus dem einige Jahre später der politisch bedeutsame Verband der Großgrundbesitzer (Országos Magyar Gazdasági Egyesület) hervorging. Doch K. war bereits schwer krank und starb bald darauf an Tuberkulose. In den 1820er Jahren war K. der unumstrittene Führer der ungarischen Literatur. Er schrieb insgesamt 15 historische Dramen. In seiner ersten Schaffensperiode (bis 1821) nahm er seine Themen mit Vorliebe aus der Zeit der Hunyady sowie der Zeit der politischen Auseinandersetzungen nach dem Aussterben der Arpaden zu Beginn des 14. Jh.s. Vom politischen Leben der Gegenwart inspiriert, stellen seine Persönlichkeiten den Typus des adeligen Patrioten dar, deren Sprache vom Geist des ständischen Widerstandes erfüllt ist. Spätere Dramen lassen eine Vertiefung des nationalen und demokratischen Gefühls bei K. erkennen; er behandelt gesellschaftlich-politische Konflikte. Das Hauptverdienst der Dramen K.s ist, daß sie große Teile des Volkes vom adelig-pathetischen Patriotismus zu den liberal-adeligen Anschauungen der Reformära hinführten. K.s Lustspiele, zwischen 1817 und 1829 entstanden, beschäftigen sich mit der sich wandelnden Adelsgesellschaft seiner Zeit; er schuf mit ihnen die wendige und lebhafte ungarische Bühnensprache. K.s Erzählungen stammen meist aus der Zeit nach 1822 und erschienen in der „Aurora“. Sie behandeln historische Themen oder prangern in humorvoller Weise die Rückständigkeit adeliger Lebensformen an. Auch Gedichte schrieb K. erst nach 1821 in größerer Zahl. Mit seiner bedeutendsten Elegie „Mohács“ (1824) führte K. den fortschrittlich-adeligen Patriotismus zu einem literarischen Höhepunkt. 1828/29 schrieb K. auch etwa zwei Dutzend Volkslieder, die mehr für das Volk als für die Literatur bestimmt waren, denn er wollte dem Volk in veredelter Form zurückgeben, was er von ihm erhielt (János Horváth). Mit dem Ertrag der ersten von Ferenc Toldy besorgten Gesamtausgabe der Werke K.s gründeten 1836 K.s Freunde und Anhänger die „Kisfaludy-Gesellschaft“, die literarische Preise verlieh und sich die Pflege der ungarischen Literatur zur Aufgabe machte. Eine besondere Aufmerksamkeit wurde der Volksdichtung geschenkt. Ab 1872 erschien die Sammlung ungarischer Volkslieder (Magyar Népköltési Gyűjtemény). Die
 „Kisfaludy-Gesellschaft“ bestand bis 1952. Seit Ende des 19. Jh.s hatte sie immer stärker die konservativen literarischen Bestrebungen unterstützt.

Literatur

Speneder, Andor: Kisfaludy Károly. Budapest 1930.
Kéky, Lajos: A Kisfaludy Társaság története 1836-1936. Budapest 1936.
Horváth, János: Kisfaludy Károly és íróbarátai. Budapest 1955.

Verfasser

László Possonyi (GND: 126857636)

GND: 119307715

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd119307715.html


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Empfohlene Zitierweise: László Possonyi, Kisfaludy, Károly, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 407-409 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1130, abgerufen am: (Abrufdatum)

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