Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Glatz, Jakob

Glatz, Jakob, deutschungarischer evangelischer Theologe, Pädagoge und Jugendschriftsteller, * Deutschendorf (Poprad, Komitat Zips) 17.11.1776, † Preßburg 25.09.1831, aus einer deutschen Bürgerfamilie der Zips.

Leben

G. besuchte die Lyzeen in Käsmark und Preßburg, ein Jahr lang auch das reformierte Gymnasium in Miskolc, um ungarisch zu lernen, und studierte 1795-1797 Theologie und Philosophie in Jena. 1797-1804 war er Erzieher an Christian Gotthilf Salzmanns Erziehungsanstalt in Schnepfenthal bei Gotha. 1804 wurde er Lehrer an der Wiener protestantischen Schule und 1805 Prediger in der Wiener evangelischen Gemeinde. Ab 1806 war er als geistlicher Rat Mitglied des Kaiserlich-königlichen Konsistoriums Augsburger Bekenntnisses, der leitenden Kirchenbehörde für alle Protestanten der Habsburgermonarchie außer Ungarn und Siebenbürgen. Häufig von Gicht und anderen Krankheiten geplagt, legte er sein Predigeramt 1816 nieder und übersiedelte 1824 nach Preßburg.
G.s besonderes Verdienst liegt in seiner Mitarbeit am Aufbau der evangelischen Kirche in Österreich, wobei ihn die Ablehnung eines betonten Konfessionalismus zur Vermittlertätigkeit besonders geeignet erscheinen ließ. So wurden durch sein Bemühen die protestantischen Volksschulen unter die kirchliche Aufsicht der eigenen Senioren und Superintendenten gestellt, die vorher wie das ganze Schulwesen der Jurisdiktion der katholischen Kirche unterstanden. Auch erreichte er durch sein Ansehen am kaiserlichen Hof, das er sich vornehmlich als Jugendschriftsteller erworben hatte, die Befreiung aller protestantischen Religionsschriften von der Zensur der katholischen Ordinate. G. leistete wichtige Vorarbeiten zur Errichtung der evangelischen theologischen Hochschule in Wien, deren Gründung vom Kaiser angeordnet wurde, nachdem dieser seinen Untertanen das Studium in Deutschland untersagt hatte.
Als Theologe stand G. sowohl dem Rationalismus als auch dem Pietismus nahe. Als Pädagoge war er im Sinne des Philanthropinismus tätig, wobei er aber an der Praxis Salzmanns manche Kritik übte. G. war als Schriftsteller sehr fruchtbar. Über 80 Werke mit über 120 Teilen und Bänden sind nachweisbar. Neben frühen dichterischen Versuchen und Erbauungsschriften treten vor allem seine Jugendschriften hervor, in denen er in belehrender und moralisierender Form auf die Jugend einzuwirken trachtete. Seine Werke fanden weite Verbreitung und wurden auch viel übersetzt, z. B. ins Französische, Englische, Italienische, Holländische, Ungarische und in slawische Sprachen. Er wurde als Jugendschriftsteller mit Christoph von Schmid (1768-1854) verglichen. Allerdings waren seine Schriften dem Zeitgeist eng verhaftet. Eine besondere Stellung nimmt eines der frühesten Werke G.s ein, die anonym erschienenen „Freymüthigen Bemerkungen eines Ungarns über sein Vaterland. Auf einer Reise durch einige ungarische Provinzen. Teutschland 1799“. Auffallend an diesem Werk, das treffende Kritik an ungarischen Zeitverhältnissen, dem ungarischen Adel und der Politik des Wiener Hofes übt, ist das starke deutsche Volksbewußtsein, das aber ungarischen Patriotismus nicht ausschließt.

Literatur

Wenricb, Johann Georg: Jakob Glatz, eine biographische Skizze. Wien 1834.
Pukánszky, Béla: Német polgárság magyar földön. Budapest o. J.
Steinacker, Ruprecht: Jakob Glatz und die Entstehung des ungarndeutschen Volksbewußtseins. In: Ein Leben für Kirche und Volk. Zum 90. Geburtstag des Professors der Theologie Dr. Roland Steinacker. Hrsg. Desider Alexy. Stuttgart 1960, 126-153.

Verfasser

Ruprecht Steinacker (GND: 105709166)

GND: 116654694

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd116654694.html


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Empfohlene Zitierweise: Ruprecht Steinacker, Glatz, Jakob, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 57-58 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=884, abgerufen am: (Abrufdatum)

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