Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Gibbon, Edward
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Gibbon, Edward

Gibbon, Edward, englischer Historiker, * Putney (Grafschaft Surrey) 8.05.1737, † London 16.01.1794, aus alter Kenter Adelsfamilie, Sohn des Torryparlamentariers Thomas G. und der Judith Porten, Tochter eines Londoner Kaufmanns.

Leben

Ab 1752 im Oxforder Magdalenenkolleg, zeigte G. besonderes Interesse für byzantinische und orientalische Studien. 1753 konvertierte er 16jährig zum Katholizismus, weshalb er das College verlassen mußte. Die Jahre bis 1758 verbrachte G. in Lausanne, intensiv mit Kirchengeschichte beschäftigt. Unter dem Einfluß seines kalvinistischen Lehrers Daniel Pavillard erfolgte die Rückkehr zum Protestantismus. In der Heimat erschienen dann G.s erste Arbeiten. 1759 trat er in die Nationalmiliz von Hampshire ein und studierte vornehmlich preußische und österreichische Militärliteratur; nach Beendigung des Siebenjährigen Krieges folgte 1764, anschließend an einen Aufenthalt in Paris, eine Romreise. Am 15. Oktober auf dem Kapitol stehend, beschloß G., eine Geschichte des römischen Reiches zu verfassen. Ab Juni 1765 wieder in London, publizierte G. verschiedene Beiträge über Literatur und Geschichte in französischer und englischer Sprache und wurde 1774 Professor für alte Geschichte an der Royal Academy und 1775 Mitglied des Unterhauses, doch widmete er seine Kräfte hauptsächlich der „History of the Decline and Fall of the Roman Empire“. Der 1. Band erschien 1776 und machte G. mit einem Schlag als einen der glänzendsten Schriftsteller der englischen Aufklärung berühmt. Das Buch wurde von David Hume ebenso begeistert aufgenommen wie von der Kirche geschmäht und erlebte drei Auflagen rasch hintereinander. Der 2. und 3. Band erschien 1781, der 4., 5. und 6. Band - nachdem er das Werk 1783 in Lausanne abgeschlossen hatte - 1788. Bald folgten fremdsprachige Ausgaben. Eine deutsche Übersetzung kam bereits 1804-1806 auf den Markt.
Die „History“ schildert an Hand fundierter Quellenkritik und in einem blendend narrativen Stil die Geschicke des Römerreiches und aller seiner Völker von 180 bis 1453. Abgesehen von der gewaltigen Inhaltsfülle über dreizehn Jahrhunderte hinweg, stellt das Werk wissenschaftsgeschichtlich eine ganze Reihe von Fragen unter neuen Gesichtspunkten dar, vor allem wird eine kritische Geschichte der christlichen Kirche versucht. Da G. als echter Aufklärer für alles Religiöse nur Verachtung übrig hatte und einem abstrakten Moralismus huldigte, ist seine Darstellung (besonders im XV. und XVI. Kapitel) fast ausschließlich negativ. Das Christentum ist an „Decline“ und „Fall“ insofern maßgeblich beteiligt, als es „bar aller patriotischen und bürgerlichen Gefühle“ mithalf, das Reich von innen her auszuhöhlen. Je mehr die Kirche zur Geltung kam, um so tiefer sank das Reich. Das galt für Byzanz, als Verkörperung des finstersten christlichen Mittelalters, in ganz besonderem Maß. Politischer und sittlicher Verfall kennzeichneten das byzantinische Reich, das jeglichen Wertes entbehrte und nur aus „Tyrannei und Religion“ bestand. Dieses Urteil hat sich fast bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts gehalten, was jede Enzyklopädie jener Zeit bestätigt. Erst Alfred Rambaud, Vasilij Grigor’evič Vasilevskij, Karl Krumbacher und John B. Bury haben die von G. verursachte Lähmung der Byzantinistik behoben.
Nichtsdestoweniger ist die „History“ (neu herausgegeben und mit wertvollen Nachträgen versehen von Bury 1897-1900) eines der klassischen Werke englischer Historiographie bis auf den heutigen Tag. Die Herausgabe von G.s Erinnerungen besorgte Georges Alfred Bonnard (Memoirs of my life, London 1966).

Literatur

Morrison, James Coter: Gibbon. London 1887.
McCloy, Shelby Thomas: Gibbon’s antagonism to Christianity. London 1933 (Neudruck New York 1968).
Fuglum, Per: Edward Gibbon. His view of life and conception of history. Oslo 1953.
Giarizzo, Giuseppe: Edward Gibbon e la cultura Europea del Settecento. Napoli 1954.
Oliver, Edward James: Gibbon and Rome. London, New York (1958).
Ostrogorsky: S. 4.
White, Lynn jr. (Hrsg.): The transformation of the Roman world. Gibbon’s problem after two centuries. Berkeley, Los Angeles 1966.
Jordan, David Paul: Gibbon and his Roman Empire. Urbana, Ill. (1971).

Verfasser

Josef Hahn (GND: 1121331297)

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Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd118717286.html


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Empfohlene Zitierweise: Josef Hahn, Gibbon, Edward, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 51-52 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=879, abgerufen am: (Abrufdatum)

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