Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Erdeljanović, Jovan

Erdeljanović, Jovan, jugoslawischer Ethnograph und Ethnologe, * Pančevo 11.11.1874, † Belgrad 12.02.1944.

Leben

E. war nach Abschluß seines historisch-philosophischen Studiums Assistent bei Jovan Cvijić am Geographischen Institut der Belgrader Hochschule (1897-1898), legte 1901 das Gymnasiallehrerexamen ab und verbrachte vier Jahre als Stipendiat in Wien, Berlin, Leipzig und Prag, wo er 1906 in Ethnologie, Archäologie und slawischer Philologie (bei Lubor Niederle, Jiří Polívka und Tomáš Masaryk) promovierte. Im selben Jahr wurde er an die Universität Belgrad als Dozent, 1919 als außerordentlicher und 1921 als ordentlicher Professor für Ethnologie berufen. 1922 wurde er korrespondierendes und 1933 Vollmitglied der „Serbischen Akademie der Wissenschaften“. Weitere Ehrungen im In- und Ausland folgten. Nach der Zerschlagung Jugoslawiens im April 1941 wurde E. eine Zeitlang als Geisel im Lager Banjica festgehalten, was seine labile Gesundheit so beeinträchtigte, daß er erkrankte und im Februar 1944 starb.
Unter den rund 80 Arbeiten, die E. als Schüler von Cvijić anfertigte, befinden sich neben einigen historisch-geographischen Aufsätzen z. B. über die Handelszentren und -wege Serbiens im Mittelalter und zur Türkenzeit (Trgovački centri i putevi po srpskoj zemlji u srednjem veku i u torsko doba, 1899; zusammen mit Rista Nikolić) sowie anthropogeographischen Untersuchungen über das Gebiet Dragačevo in Südwestserbien (Donje Dragačevo, 1902) u. a. vor allem zahlreiche Studien zur Ursprungs- und Siedlungsgeschichte der jugoslawischen Völker, bei deren Erforschung Ethnologie und Ethnographie für E. eine Einheit bildeten, die er unter dem Begriff „Völkerlehre“ (nauka o narodima) bzw. einfach unter der Bezeichnung „Ethnologie“ zusammenfaßte. Von besonderer Bedeutung in diesem Bereich sind seine Arbeiten über die montenegrinischen Stämme (die Kuči, Bratonožići, Piperi u. a.), die E. als besten Kenner der montenegrinischen Stammesgeschichte ausweisen. Die Ergebnisse seiner bereits vorher veröffentlichten Einzeluntersuchungen faßte er in der umfangreichen Abhandlung „Stara Crna Gora - etnička prošlost i formiranje crnogorskih plemena“ (Das alte Montenegro - ethnische Vergangenheit und Formierung der montenegrinischen Stämme) 1926 unter Zugrundelegung historischer, linguistischer, ethnologischer u. a. Quellen zusammen und erarbeitete damit ein zuverlässiges Bild des Stammeslebens in Montenegro von den ältesten Zeiten bis in die ersten Dezennien des 20. Jh.s. Seine Untersuchungen über die ethnische Verwandtschaft zwischen der Bevölkerung der Boka kotorska und den Montenegrinern (1914-1920), die Herausbildung von Stämmen bei den dinarischen Serben (1921) und über Alter und Bedeutung der Stammesüberlieferungen bei den Serben (1934) runden seine Bemühungen zur Erforschung der komplexen jugoslawischen Stammesgeschichte ab.
Nicht weniger bedeutsam sind ferner seine Arbeiten über die Spuren der ältesten slawischen Einwohnerschicht im Banat (1925), über die Bedeutung ethnologischer Forschungen in der Wojwodina (1926), seine ethnologischen Materialien über die Šumadija (Etnološka gradja o Šumadincima, 1951 postum veröffentlicht) sowie die hinterlassenen Quellensammlungen über Mazedonien und Montenegro.
Auf E.s Vorschlag hin wurde 1922 in Belgrad ein „Ethnographisches Archiv“ zur Sammlung des volkskundlichen Materials eingerichtet und er selbst als dessen Leiter bestellt. Nach dem Tod von Cvijić übertrug ihm die „Serbische Akademie der Wissenschaften“ die Redaktion der 1. Abteilung (Naselja i poreklo stanovništva) des „Srpski etnografski zbornik“ (Bde 43, 46, 47, 51 und 55), nachdem er bereits zuvor eine Reihe von Bänden der 2. Abteilung (Život i običaji narodni) des „Srpski etnografski zbornik“ (Bde 10, 13, 16, 22, 48 und 54) redigiert hatte. Außerdem war er zwei Jahre lang (1935-1936) Sekretär der „Akademie der philosophischen Wissenschaften“.

Literatur

Jovan Erdeljanović. In: God. SKA 30 (1921) 313-318; 35 (1926) 285-287.
Radovanović, V. S.: U spornen akademiku D-ru Jovanu Erdeljanoviću, uredniku Srpskog etnografskog zbornika. In: Srpski etnogr. Zborn., Rasprave i gradja 64 (1951) V-VII.
Drobnjaković, Borivoje M.: Dr. Jovan Erdeljanović. In: Glasn. etnogr. Inst. SAN 1 (1952) 553-557.
Vlahović, Petar Š.: Dr. Jovan Erdeljanović. In: Glasn. etnogr. Muz., Beograd 16 (1953) 262-266.
Petrović, P. Ž.: Jovan Erdeljanović. O desetogodišnjici smrti. In: Zborn. Matice srpske, društ. Nauke 6 (1954) 188-189.

Verfasser

Holm Sundhaussen (GND: 120956055)

GND: 121525686

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd121525686.html


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Empfohlene Zitierweise: Holm Sundhaussen, Erdeljanović, Jovan, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 466-467 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=781, abgerufen am: (Abrufdatum)

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