Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Camblak, Grigorij
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Camblak, Grigorij

Camblak, Grigorij, bulgarischer Schriftsteller, Metropolit von Kiew 1414-1420, * Tŭrnovo um 1365, † Kiew 1420.

Leben

Die Jugendjahre C.s, der einer vornehmen Familie entstammte, bleiben der fehlenden Quellen wegen ziemlich im Dunkel. Als sein Onkel Kiprian, der spätere Metropolit von Moskau, im Jahre 1379 auf dem Wege nach Konstantinopel Tŭrnovo besuchte, befand sich C. unter den Augenzeugen. Anzunehmen ist, daß er sich als Schüler des Patriarchen Evtimij später mehrere Jahre in einem der Athosklöster aufhielt. Die umwälzenden historischen Ereignisse der Julitage des Jahres 1393 dürfte er höchstwahrscheinlich persönlich in Tŭrnovo erlebt haben. Der Untergang Bulgariens durch die Türken verschuldete C.s Emigrantenschicksal. Nach einem kurzen Aufenthalt in Konstantinopel begab er sich ins serbische Dečani-Kloster, den Mittelpunkt der damaligen serbischen Bildung. Als Igumen des Klosters verfaßte er eine Vita des Königs Stefan Uroš III., der 1340 heilig gesprochen worden war und dessen Gebeine hier ruhten. Zu Beginn des 15. Jh.s, wahrscheinlich im Jahre 1402 oder 1403, ging C. in die Moldau, wo er sich längere Zeit als Prediger in der Metropolitankirche von Suceava, der Hauptstadt des Landes, aufhielt. Der Moskauer Metropolit Kiprian rief C. 1406 nach Moskau; auf der Reise erfuhr der Neffe aber vom Tode des Onkels und begab sich daraufhin nach Konstantinopel. Als zwischen Moskau und Litauen erneut der Streit wegen der Metropolie ausbrach - Litauen wünschte einen eigenen Metropoliten in Kiew -, reiste C. in die litauische Hauptstadt Wilna. In dem Kirchenstreit stellte er sich auf die litauische Seite. Gegen den Willen des Patriarchen und des Moskauer Großfürsten wurde er 1414 zum Kiewer Metropoliten ernannt, was ihm den Kirchenausschluß einbrachte. In die europäische Geschichte ging er aber ein, als er am Konzil von Konstanz (1414-1418) teilnahm. Inwieweit C. für eine Union zwischen West- und Ostkirche unter Führung des Papstes eintrat, die zur Debatte stand, ist schwer auszumachen, da sich die Quellen widersprechen. Die Teilnahme allein diskreditierte ihn aber bei den orthodoxen Russen. Bald nach seiner Rückkehr aus Konstanz starb er 1420.
C. war ein ähnliches Schicksal beschieden wie den griechischen Humanisten seiner Zeit, die nach Italien emigrieren mußten. Dadurch beeinflußte er aber mit seinem literarischen Werk nachhaltig die serbische, rumänische und russische Geistesgeschichte. Als Metropolit von Kiew verfaßte er 1415 sein gelungenstes und einflußreichstes Werk: die Lobrede auf seinen Lehrer Evtimij. C. beschränkte sich in seinem Panegyrikus auf eine Auswahl wichtiger Stationen im Leben, geistlichen Wirken und in der Wundertätigkeit des letzten bulgarischen Patriarchen am Vorabend der Türkeneroberung. Neben ihrem Wert als Sprach- und Literaturdenkmal kommt der Lobrede eine nicht geringe Bedeutung als Zeitdokument zu.

Literatur

Kalużniacki, Emil: Aus der panegyrischen Litteratur der Südslaven. Wien 1901.
Kiselkov, V. Sl.: Mitropolit Grigorij Camblak. Sofija 1946.
Velčev, Velčo: Tvorčestvoto na Grigorij Camblak v svetlinata na južnoslavjanskija predrenesans. In: Ezik i Lit. 4 (1961) 2, 15-38.
Istorija na bŭlgarskata literatura. Bd 1. Sofija 1962, 326-344.
Mečev, Konstantin: Grigorij Camblak. Sofija 1969.

Verfasser

Detlef Kulman (GND: 128703393)

GND: 119541416

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd119541416.html


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Empfohlene Zitierweise: Detlef Kulman, Camblak, Grigorij, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 283-284 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=641, abgerufen am: (Abrufdatum)

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