Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Bogoridi, Aleksandŭr
Bild: Wikimedia Commons
Wikidata: Q743929

In den Suchergebnissen blättern

Treffer 
 von 1526

Bogoridi, Aleksandŭr

Bogoridi, Aleksandŭr (Aleko Pascha), türkischer Staatsmann bulgarischer Abstammung, * Istanbul 1823, † ebd. 1910, Sohn des Stefan B.

Leben

B. besuchte die griechische Schule in Kuruçeşme, danach ging er für 6 Monate nach Jassy, wo seine Schwester Smaragda mit dem rumänischen Fürsten Sturza verheiratet war. Mit dessen zwei Söhnen begab sich B. für anderthalb Jahre nach Luneville (Frankreich), von dort nach Berlin, wo er 6 Jahre verbrachte und die Staatswissenschaften studierte. 1844 kehrte er nach Istanbul zurück und trat in das Dragomanbüro des diplomatischen Dienstes der Hohen Pforte ein. Fünf Jahre lang studierte B. hier die orientalischen Sprachen, danach war er 5 Jahre Legationsrat unter seinem Schwager Musurus Pascha in London. Seine weiteren diplomatischen Stationen waren: Moldau, Mitglied des Obersten Rates in Istanbul, Minister für öffentliche Bauten, Post und Telegraphenwesen und Botschafter in Wien, wo er 1876 eintraf.
Sein umgängliches Wesen brachte B. zahlreiche Freundschaften, jedoch auch die erbitterte Feindschaft des türkischen Außenministers Ehdem Pascha ein; einer gefährlichen Intrige (angeblich hatte er „türkischen Interessen geschadet“) entzog sich B., indem er als Privatmann nach Paris ging. Nach Ehdem Paschas Verschwinden berief ein huldvolles Schreiben des Sultans („….daß Sie so mein kaiserliches Vertrauen und die gute Meinung, die ich von Ihnen hege, vermehren .. .“) B. zum ersten Generalgouverneur des durch den Berliner Vertrag (1878) von Bulgarien abgetrennten Landesteils Ost-Rumelien. Als B. im Mai 1879 mit seiner Frau Aspasia, einer Griechin aus Istanbul, in Plovdiv eintraf, wurde er von den Einwohnern freundlich empfangen, deren Sympathien er sich zudem durch einen betonten Verzicht auf türkische Symbole erhalten konnte. Von Anfang an bemühte sich B., der selbst kein Wort bulgarisch sprach, Bulgaren um sich zu sammeln. U. a. versuchte er, den Historiker Konstantin Jireček zum Aufbau einer Bibliothek und eines Museums nach Ost-Rumelien zu holen; auch die rumelischen Organe setzten sich überwiegend aus Bulgaren zusammen, unter denen B. die Liberalen favorisierte. Seine probulgarische Politik hatte B. sowohl den Russen als auch der Hohen Pforte entfremdet, und als im April 1884 seine Amtszeit zu Ende ging, zeigten beide keine Neigung für eine Neuernennung. B.s Nachfolger wurde sein bisheriger Stellvertreter Gavril Krŭst'ovič, der im September 1885 kurz vor der Vereinigung Bulgariens mit Rumelien gestürzt wurde. B. zog sich als Pivatmann nach Istanbul zurück, wo er 1910 starb, nachdem er nochmals vorübergehend als möglicher Nachfolger des Fürsten Alexander von Battenberg, der im September 1886 abdankte, im Gespräch gewesen war.
Bulgariens Historiograph, der gebürtige Tscheche Jireček, der ein Freund und Bekannter B.s war, charakterisierte diesen in seinem Tagebuch: „Bogoridi war Grieche, Bulgare und Türke in einer Person, eine Besonderheit für Rumelien, und bei all seinen negativen Seiten der einzig mögliche Mensch für diese Schöpfung oder dieses Ungeheuer der Diplomaten.“

Literatur

Gešov, Ivan Evstratiev: Iztočna Rumelija i izborŭt na pŭrvija i postojanen komitet. In: Period Spis. bulg. kniž. Druž. 16 (1904) 417-427.
Ders.: Borbata za pobŭlgarjavane Iztočna Rumelija i mojata pŭrva diplomatičeska misija. In: ebd. 16 (1904) 487-544.
Jireček, Constantin: Das Fürstentum Bulgarien. Prag, Wien, Leipzig 1891.
Ders.: Bŭlgarski dnevnik. 2 Bde. Sofija, Plovdiv 1930/32.
Madžarov, Michail: Iztočna Rumelija. Sofija 1925.
Hajek, Alois: Bulgariens Befreiung und staatliche Entwicklung unter seinem ersten Fürsten. München, Berlin 1939.
Mitev, Yono: L’attitude de la Russie et de l’Angleterre a l’égard de l’union de la Bulgarie en 1885. In: Etudes historiques. Sofia 1960, 347-377.

Verfasser

Wolf Oschlies (GND: 107216760)

GND: 1109773471

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd1109773471.html


RDF: RDF

Vorlage (GIF-Bild):  Bild1   Bild2   

Empfohlene Zitierweise: Wolf Oschlies, Bogoridi, Aleksandŭr, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 225-226 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=590, abgerufen am: (Abrufdatum)

Druckerfreundliche Anzeige: Druckerfreundlich

Treffer 
 von 1526
Ok, verstanden

Website nutzt Cookies, um bestmögliche Funktionalität bieten zu können. Mehr Infos