Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Szalay, László

Szalay, László, ungarischer Reformpolitiker, Publizist und Historiker, * Ofen 18.04.1813, † Salzburg 17.07.1864.

Leben

Sz. studierte an der Universität Pest Jura und Philosophie und legte 1833 seine Advokatenprüfung ab. Bedeutend jedoch für seine Laufbahn als Reformpolitiker war seine Referendarübung bei Ferenc Kölcsey 1831-1832, dessen Konzeption der Reform Sz. entscheidend beeinflußte. Als Publizist einer modernisierten Rechtspolitik in Ungarn errang der junge Sz. eine führende Rolle in der damaligen Reformbewegung. Er gründete 1837 die erste moderne ungarische Zeitschrift für Rechtswissenschaft, „Themis“. In Verbindung mit seinem Jugendfreund und Ideengenossen Baron József Eötvös redigierte er 1840 die wissenschaftliche Revue „Budapesti Szemle“ (Budapester Rundschau). Im selben Jahr leistete er besondere Dienste als Schriftleiter der ungarischen parlamentarischen Kommission zur Modernisierung des Strafrechts. Seine 1841 publizierte Schrift über das Schwurgericht, „A büntető eljárásról tekintettel az esküdtszékre“, diente als Richtschnur der künftigen Strafrechtsreform.
Nach 1843 spielte Sz. eine noch bedeutendere Rolle in der Entwicklung der ungarischen Reformpolitik. Mit Eötvös formulierte er die Reformpläne der sog. Zentralisten, die prinzipiell eine liberale, konstitutionelle Regierung nach westeuropäischem Muster durch grundlegende Reformen des Komitatssystems verlangten. Seine parlamentarische Ansprache im Jahre 1843 formulierte zum ersten Male die Ziele der zentralistischen Reformpolitik. Vom Jahre 1844 bis zum Revolutionsjahr 1848 widmete Sz. seine publizistische Tätigkeit der Verbreitung dieser Reformpolitik als Redakteur und führender Mitarbeiter der Zeitung „Pesti Hirlap“ (Pester Nachrichtenblatt). Während der Revolution leitete er die Kodifikationsabteilung im Justizministerium unter der Führung von Ferenc Deák. Im Sommer 1848 ernannte ihn die ungarische Regierung zum Gesandten bei der deutschen Nationalversammlung in Frankfurt. Er lebte dann bis 1835 als Emigrant in der Schweiz.
Der Umbruch von 1848 wirkte als gewaltiger Katalysator auf die Ideenwelt Sz.s und führte ihn zu einem neuen Aspekt der ungarischen Reformpolitik, zur historischen Betrachtung und zur modernen Geschichtsschreibung Ungarns. Das historische Schaffen Sz.s kann vielleicht als der bleibende Wert seines Lebenswerkes bezeichnet werden. Seine historische Analyse der ungarischen Reformpolitik ist in dem fünfbändigen Werk „Magyarország története“ (Geschichte Ungarns, 1851/54), verfaßt in der Emigration, niedergelegt. Sie betrachtet die ungarische Geschichte von drei besonderen Gesichtspunkten aus. Erstens interpretiert Sz. die bedeutenden sozialgeschichtlichen Wandlungen Ungarns vom Mittelalter bis zum 18. Jh. durch eingehende Analyse des Adels, des Bürgertums und des Bauerntums. Zweitens veranschaulicht Sz. durch Anwendung einer außerordentlichen komparativen Methodik seine überzeugend wirkende Hypothese, daß die ungarische gesellschaftliche Entwicklung im 16. und 17. Jh. einen entscheidenden Verfall darstellt, der das wichtigste Moment der ungarischen Modernisierung im 19. Jh. bestimmte: die große Differenzierung zwischen Ungarn und der westeuropäischen sozialen Entwicklung. Infolgedessen müßte die moderne Reformpolitik diese historische Lücke durch eine radikale Sozial-, Kultur- und Wirtschaftspolitik korrigieren. Drittens betonte Sz., daß die ungarische Geschichte nur im Zusammenhang mit der historischen Entwicklung der ostmitteleuropäischen Nachbarländer verständlich ist, da die Entwicklung Ungarns mit der Geschichte Polens, Kroatiens und Böhmens viele Parallelen aufweist. Leider verhinderte der frühe Tod 1864 die Abschließung seiner großen Geschichte, die insbesondere die Entwicklung Ungarns im 18. und 19. Jh. meisterhaft beleuchtet hätte.

Literatur

Flegler, Alexander: Erinnerungen an Ladislaus von Szalay und seine Geschichte des ungarischen Reichs. Leipzig 1866.
Angyal, David: Szalay László emlékezete. Budapest 1914.
Nagy, Lajos: Szalay László és a magyar büntető eljárásjog. In: Állam-és Jogtudomány 7 (1964) 519-570.
Nizsalovszky, Endre: Szalay László kodifikációs külföldi kapcsolatai és a sioni epizód. In: Állam-és Jogtudomány 7 (1964) 175-207.
Pamlényi, Ervin: Szalay László Magyarország története. In: Magy. Tud. Akad. II. Társadalmi-Történeti Tudományok Osztályának Közleményei 14 (1964) 29-39.
R. Várkonyi, Ágnes: Szalay László és a Magyarország története. In: A pozitivista történetszemlélet a magyar történetírásban. Bd 2. Budapest 1973, 457-475.
Nehring, Karl: Die Beziehungen Ungarns zur deutschen Nationalversammlung im Jahre 1848. In: Südost-Forsch. 36 (1977) 35-63.

Verfasser

Paul Bődy (GND: 151711976)

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Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd1021917079.html


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Empfohlene Zitierweise: Paul Bődy, Szalay, László, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 247-248 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1729, abgerufen am: (Abrufdatum)

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