Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Pelagić, Vaso

Pelagić, Vaso, bosnischer Publizist, * Gornji Žabar 1838, † Požarevac 06.02.1899.

Leben

Nach Abschluß der Volksschule in seiner Heimat absolvierte P. das Progymnasium und das Priesterseminar in Belgrad. 1860 wurde er Lehrer in Brčko, wo er sich außer der Reform des Schulwesens auch der Erwachsenenbildung widmete und eine Lesehalle gründete. Wegen dieser Aktivität und eines gegen die türkische Herrschaft gerichteten Zeitungsartikels sah er sich 1863 gezwungen, Bosnien zu verlassen. Über Belgrad begab er sich nach Moskau, um Geschichte und Ökonomie zu studieren; hier wurde er auch mit den Gedanken der revolutionären Demokraten vertraut. Bei seiner Rückkehr nach Bosnien 1866 war er fester als zuvor entschlossen, durch Aufklärung zur Veränderung der Gesellschaft beizutragen. Um Lehrernachwuchs heranbilden zu können, förderte er die Gründung eines Priesterseminars in Banja Luka und wurde dessen Leiter, obwohl er längst Atheist geworden war und seit der Mitte der sechziger Jahre seine antiklerikale Haltung auch publizistisch kundtat. Er wurde deswegen von den Kirchenoberen bei den Türken als Aufwiegler denunziert und 1869 nach Kleinasien (Kütahya) verbannt.
Nach seiner Flucht Anfang 1871 spielte P. zeitweilig eine wichtige Rolle in der „Vereinigung der serbischen Jugend“ (Ujedinjene omladine srpske), zu derem Mitglied er gewählt wurde, und kam auch mit den Sozialisten um Svetozar Marković in Berührung. Als die ungarische Regierung die Arbeit der Omladina verbot, gingen P. und andere Vertreter der Jugendbewegung nach Cetinje, wo sie im August 1871 die „Gesellschaft für Vereinigung und Befreiung Serbiens“ (Družina za ujedinjenje i oslobodjenje srpsko) gründeten. Intensiver mit dem wissenschaftlichen Sozialismus beschäftigte sich P. während seiner Emigration 1873-1875 in Triest, Graz und Zürich. Als überzeugter Sozialist kehrte er nach Bosnien zurück, um an dem im Sommer 1875 ausgebrochenen Aufstand leitenden Anteil zu nehmen. Wegen seiner kompromißlosen Einstellung gegen die österreichische Besetzung mußte er 1878 erneut das Land verlassen. In dem schon 1879 erschienenen Werk „Istorija bosansko-hercegovačke bune“ (Geschichte des bosnisch-herzegowinischen Aufstandes) gab er eine fundierte Analyse der am Aufstand beteiligten sozialen Kräfte und der Gründe für die Niederlage. Dem Bestreben der reaktionären Kreise Serbiens nach Einverleibung immer weiterer südslawischer Länder setzte er die Idee einer Balkanföderation unter Einschluß der Karpatenländer entgegen.
In den folgenden Jahren kämpfte P. mit Broschüren und Flugblättern gegen die österreichische Herrschaft in Bosnien, die er gegenüber der türkischen noch als Rückschritt ansah, und er veröffentlichte eine Reihe aufklärerischer Schriften, die sich gegen den Klerikalismus und die Korruption der Staatsapparate richteten und viel zur Verbreitung undoktrinärer sozialistischer Ideen beitrugen („Odgovor na četiri društvena pitanja“ [Antwort auf vier Gesellschaftsfragen, 1892], „Socijalizam ili osnovi preporodjaj društva“ [Sozialismus oder die Grundlagen der Wiedergeburt der Gesellschaft, 1894]). Größte Popularität erlangte er jedoch durch sein Buch „Stvarni domaći učitelj“ (Der wirkliche Hauslehrer, 1879), in dem er in leicht verständlicher Form allgemeine Ratschläge für Gesundheit, Haushalt und Landwirtschaft erteilte. Trotz zunehmender Repressionen kirchlicher- und stattlicherseits, - seine Bücher wurden öffentlich verbrannt und er selbst mehrmals verhaftet und gedemütigt -, widmete sich P. gegen Ende seines Lebens verstärkt der Organisierung der Arbeiterbewegung in Serbien. Er nahm 1892 teil an dem Versuch, eine serbische sozialistische Partei zu gründen, führte 1893 die erste Maidemonstration in Belgrad an und wirkte bei der Gründung verschiedener Handwerker- und Arbeitervereine mit. Sein Einfluß reichte in fast alle südslawischen Länder. 1896 wurde er wegen seiner Schriften zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt und starb Anfang 1899 im Zuchthaus von Požarevac.
P.s ausgewählte Schriften (Izabrana djela) erschienen in drei Bänden 1971 in Sarajevo.

Literatur

Ćorović, Vladimir: Vasa Pelagić pred turskim sudom. In: Politika, Beograd 6.-9. 1. 1937.
Besarović, Risto: O publicističkom radu Vase Pelagića. In: Brazda 3 (1950) 550-568.
Milutinović, Kosta: Vaso Pelagić i bosansko-herzegovački ustanak. Sarajevo 1953.
Vasa, Pelagić i Vojvodina. Dokumenta o Pelagićevim vezama sa Vojvodinom. Hrsg. Kosta Milutinović. Novi Sad 1956.
Besarović, Risto: Vaso Pelagić. Život i rad. Sarajevo 1969.
[Pelagić, Vaso:] Pelagićev Narodni Učitelj. Beograd 1970.

Verfasser

Gottfried Prunkl (GND: 172322057)

GND: 121419223

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd121419223.html


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Empfohlene Zitierweise: Gottfried Prunkl, Pelagić, Vaso, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 421-423 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1512, abgerufen am: (Abrufdatum)

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