Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Nenadović, Matija
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Nenadović, Matija

Nenadović, Matija, Woiwode im ersten serbischen Aufstand, Protopope, * Brankovina (bei Valjevo) 1777, † Valjevo 29.11.1854, Sohn des Aleksa N., Knez von Valjevo.

Leben

Nach dem Schulunterricht in seinem Heimatort, später in Kupinovo und Ašanja, wurde N. mit noch nicht einmal 17 Jahren (1793) zum Priester geweiht und kurz darauf Protopope. Er arbeitete zuerst mit seinem Vater und nach dessen Ermordung (1804) mit seinem Onkel Jakov N. bei der Vorbereitung des serbischen Aufstandes gegen die Türken eng zusammen, nahm 1804 an den beginnenden Kämpfen in den Nahijen von Valjevo und Šabac sowie an der Belagerung von Belgrad teil und erwarb sich bei der Beschaffung von Waffen und Munition aus Österreich große Verdienste. In der Folge widmete er sich dann primär der Gestaltung der diplomatischen Beziehungen des neuen Serbien zu Rußland. Zusammen mit Petar Čardaklij und Jovan Protić begab er sich im September 1804 nach St. Petersburg, um Unterstützung für den Aufstand zu erbitten, konnte aber beim unschlüssigen Zaren Alexander I. mit seinen Wünschen nicht ganz durchdringen. Nach seiner Rückkehr wurde N. zusammen mit Božidar Grujović und seinem Onkel Schöpfer und erster Vorsitzender des „Praviteljstvujušči Sovjet“ (1805-1807). Im Februar 1806 begab er sieb gemeinsam mit Grujović im Rahmen einer diplomatischen Mission nach Wien. Danach nahm er an den Abwehrkämpfen an der Drina teil und ließ sich angesichts der kritischen Situation nach Absprache mit seinem Onkel in Verhandlungen mit den Türken ein, was ihm als Verrat ausgelegt wurde. Nach der siegreichen Schlacht an der Mišar (13.08.1806) gelang es ihm jedoch, das Vertrauen Karadjordjes zurückzugewinnen. Angesichts der zunehmenden Spannungen zwischen seinem Onkel und Karadjordje zog er sich dann aber aus dem Sovjet zurück und schränkte auch seine diplomatische Tätigkeit ein, obwohl es gerade damals zu einer Festigung der russischserbischen Beziehungen kam. Nach 1807 widmete er sich hauptsächlich der militärischen Tätigkeit und war zusammen mit seinem Onkel eine der führenden Persönlichkeiten in den Kämpfen bis zum Jahre 1811. Im inneren Konflikt zwischen der Opposition und Karadjordje exponierte er sich nicht, wurde auch vom Fürsten 1811 als Woiwode bestätigt und im Juni 1811 zusammen mit Luka Lazarević zum Oberbefehlshaber der Front von Rača bis zur Mündung der Drina in die Save bestellt. Als er im Juni 1813 mit der Verteidigung der Grenze von Rača bis Loznica beauftragt wurde, konnte er diese Stellung nicht halten und stand dann zuletzt bei Zasavica im Kampf. Mit der Flucht Karadjordjes und dem Zusammenbruch des Aufstandes begab sich auch N. in die Emigration. Er hielt sich vornehmlich in Wien auf, wo er auf dem Wiener Kongreß 1814/15 die Großmächte für die serbische Frage zu interessieren trachtete und von den serbischen Führern zur Führung von Verhandlungen beauftragt wurde. Beim Ausbruch des zweiten Aufstandes (1815) kehrte N. nach Serbien zurück, stellte sich Fürst Miloš Obrenović zur Verfügung, leistete wieder Bedeutendes bei der Beschaffung von Waffen wie Munition und wirkte bei der Wiederherstellung der Ordnung und staatlichen Gewalt in Westserbien entscheidend mit. Zwischen ihm und dem mißtrauischen Miloš, der N. als Rivalen betrachtete, kam es jedoch sehr bald zu Spannungen, die zu N.s Entlassung führten. Ab 1832 war er in Pension und führte die Opposition gegen Miloš an, die dessen autokratische Herrschaft einzuschränken suchte. Als 1838 der Staatsrat bzw. Senat erneuert wurde, wurde N. als angesehener Vaterlandsverteidiger und Befürworter einer prorussischen Politik dessen Vorsitzender. Aufgrund eines Konfliktes mit Michael Obrenović mußte er aber schon 1840 zusammen mit Toma Vučić-Perišić und Avram Petronijević Serbien verlassen und lebte bis 1841 in Istanbul. Von dort kehrte er am 15. Dezember 1841 zurück und wurde nach dem Sturze Michaels 1842 wieder als Staatsrat eingesetzt. Fürst Alexander Karadjordjević leistete er 1844 bei der Niederschlagung einer von Stojan Jovanović Cukić geführten Revolte (Katanska buna), die eine Rückführung von Fürst Michael Obrenović zum Ziele hatte, wertvolle Dienste. 1848 nahm N. an der Karlowitzer Mai-Skupština teil und war der Anführer der serbischen Freiwilligen in der Wojwodina. Auf seine Bitte hin wurde er dann im September 1852 pensioniert. Seine Memoiren über den ersten serbischen Aufstand hat N. wahrscheinlich um 1830 verfaßt. Sie waren jedoch nicht zur Veröffentlichung bestimmt. Einen Teil seines archivalischen Materials hat N. an Jovan Hadžić abgetreten, der es 1843/44 im fünften Band seines literarischen Almanachs „Golubica“ (Die Taube) veröffentlichte (Prilozi za istoriju srbsku [Beiträge zur serbischen Geschichte]), ohne von der Existenz der Memoiren Kenntnis zu haben. N. hat diese allerdings nicht beendet. Sie umfassen die Zeit von 1787 bis 1806 sowie einen Teil des Jahres 1813 und stellen eine bedeutende Quelle zur Geschichte des Aufstandes in Westserbien dar. Sie wurden von seinem Sohn Ljubomir N. veröffentlicht (Memoari prote Matije Nenadovića, Belgrad 1867) und erlebten mehrere Auflagen und Übersetzungen.

Literatur

Karadžić, Vuk Stefanović: „Pravitelstvujuščij Sovet Serbskij“ za vremena Kara-Djordjijeva. U Beču 1860.
Protokol pisama prote Matije Nenadovića o ratovanju kraj Drine 1811, 1812 i 1813 g. Hrsg. Ljubomir Nenadović. Beograd 1861.
Džuričić, M.: Serbskij protoerej Matej Nenadović. Očerk iz istorii serbskogo vosstanija 1804 g. S.-Peterburg 1881.
Nenadović, Konstantin N.: Život i dela velikog Djordja Petrovića Kara Djordja. .. i život njegovi vojvoda i junaka. Bd 2. U Beču 1884 (Nachdruck Beograd 1971), 362-400.
Ćorović, Vladimir: Prota Matej Nenadović. Život i rad. In: Prota Matej Nenadović. Celokupna dela. Beograd [o. J.], VII-LXIV.
Jovanović, Djordje: Epska istina Prote Mateje Nenadovića. In: Srpski književni glasnik (1939) 2, 75-86.
Marković, Slobodan Ž.: Prota Mateja Nenadović. In: Književnost i jezik 3 (1956) 8/9, 419-425.
Drašković, Rad. M.: Nenadovići iz Brankovine. In: Istorijski glasnik (1967) 123-142.

Verfasser

Manfred Stoy (GND: 1125126671)

GND: 120220504

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd120220504.html


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Empfohlene Zitierweise: Manfred Stoy, Nenadović, Matija, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 308-310 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1447, abgerufen am: (Abrufdatum)

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