Innozenz III.

GND: 118555642

Innozenz III. (vorher Lothar von Segni), Papst 1198-1216, * Kastell Gavignano bei Segni 1160/61, † Perugia 16.07.1216, Sohn Trasimunds von Segni und seiner Frau Claricia Scotti. Die reiche Familie des Vaters gehörte zum Adel der römischen Campagna, die der Mutter zum römischen Stadtadel.

Leben

Seine erste Schulbildung erhielt I. in Rom, wo auch seine klerikale Laufbahn begann. Es folgte ein philosophisch-theologisches Studium an der Universität Paris (bis spätestens 1187), anschließend ein juristisches in Bologna. Hier erhielt er noch 1187 die Weihe zum Subdiakon. Mit der Berufung zum Kardinaldiakon (1189) nahm I. seine Tätigkeit an der Kurie auf. Am 8. Januar 1198 erfolgte die Wahl zum Nachfolger Cölestins III. Der Pontifikat I.’ gilt als ein Höhepunkt mittelalterlicher Kirchengeschichte wegen der von I. konsequent fortgeführten Gregorianischen Reformen und des aus ihnen resultierenden Selbstverständnisses dieses Papstes als Haupt der die Kirche und die christlichen Staaten umfassenden „Christianitas“. Seinen in der Tendenz hierokrati- schen Führungsanspruch versuchte I. zu verwirklichen, indem er sich an die Spitze der Kreuzzugsbewegung stellte. Somit bestimmten Förderung und Organisation von Orient-, Ketzer-, Mauren- und Missionskreuzzügen stärkstens, jedoch nicht ausschließlich (vgl. z. B. die Rolle I.’ im deutschen Thronstreit und in Ungarn sein Eintreten für den jungen Thronfolger Ladislaus (III.) nach Emmerichs Tod), seine politische Praxis, ohne daß er sein Ziel erreicht hätte. In seinem Engagement für den 4. Kreuzzug und die mit ihm verbundene Unionspolitik beruht die besondere, aber umstrittene Bedeutung des Papstes für Südosteuropa. Sie ist ersichtlich aus seiner reichen, weit über die Kirchengeschichte hinaus Quellenwert besitzenden Korrespondenz. I. trägt zwar nicht die Hauptverantwortung für die „Ablenkung“ des 4. Kreuzzuges gegen Byzanz, hat aber die Errichtung des Kreuzfahrerreiches und des lateinischen Patriarchats von Konstantinopel sanktioniert, in der irrigen Annahme, so die Byzantiner zu der als Rückkehr zum Gehorsam verstandenen Union zwingen zu können. Unionsverhandlungen seiner Legaten 1204, 1206 und 1214 mit dem griechischen Klerus verliefen jedoch ergebnislos, und politisch folgenlos blieben die Kontakte des Papstes mit Theodor I. Laskarisi, Mchael I. von Epirus und Demetrios von Albanien. Nicht an der Haltung des Papstes, sondern an den politischen Umständen scheiterten die Unionsverhandlungen zwischen 1198 und 1203 mit den serbischen Nemanjiden Stefan II. und Vukan (Vlkan), die beide versuchten, damit auch die Königskrone vom Papst zu erhalten. Dagegen führten etwa vierjährige Verhandlungen mit den Bulgaren zur Krönung des Zaren Kalojan 1204 und zur Union der bulgarischen Kirche, doch verfehlte diese ihren politischen Zweck (1205-1213 Krieg Bulgariens gegen „Romania“) und blieb innerkirchlich von geringer Relevanz. Nur kurzfristigen Erfolg hatte auch der Versuch I.’, 1200-1203 mit ungarischem Druck die bogomilische Kirche im Bosnien des Bans Kulin zu bekämpfen und zu unieren. Auf dem von I. einberufenen 4. Laterankonzil von 1215 fehlte der orthodoxe und unierte Episkopat aus Südosteuropa.

Literatur

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Hagedorn, Gerd: Papst Innozenz III. und Byzanz am Vorabend des Vierten Kreuzzuges (1198-1203). In: Ostkirchliche Studien 23 (1974) 3-20.

Verfasser

Günter Prinzing (GND: 1062916441)

Empfohlene Zitierweise: Günter Prinzing, Innozenz III., in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 223-224 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1005, abgerufen am: 18.04.2024