Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Ştirbei

Ştirbei (auch Ştirbey), seit der Mitte des 17. Jh.s im Fürstlichen Rat und Diwan der Walachei vertretene Großbojarenfamilie, die im 19. Jh. den letzten einheimischen Fürsten der Walachei stellte.

Leben

Dumitraşco Şt., † vor 1689, der erste Überlieferte seines Namens, erhielt unter vier Fürsten von 1666 bis 1685 hohe Hofämter in Polizei und Heer: vătaf de aprozi, căpitan, agă, mare serdar, mare armaş, vornic. Da er kinderlos war, adoptierte er seine Nichte Maria und deren Ehemann Cernica Şt. din Izvor oder Izvoreanul (Name des Gutes im Bezirk Argeş), die damit auch zu den Begründern der Familie gehören.
Alexandru Barbu Şt. * 1836, † 1895, der jüngere Sohn Barbu D. Şt.s, trat unter König Karl I. als konservativer Politiker hervor, war Minister des Öffentlichkeitswesens und des Inneren (beides 1888) im Kabinett Theodor Rosetti sowie der Finanzen im Kabinett Lascăr Catargiu (1891) und Mitglied der kulturpolitischen Gruppe „Junimea“.
Barbu Dimitrie Şt. Fürst der Walachei vom 16.06.1849 bis zum 17.10.1853 und vom 23.09.1854 bis zum 25.07.1856, * Craiova 1799, † Nizza 13.04.1869, Sohn von Dimitrie Bibescu und Bruder des Hospodars Gheorghe Bibescu, der - wie schon seine Mutter Ecaterina geb. Văcărescu - von der aussterbenden Familie Şt. adoptiert wurde; verheiratet mit Elena Cantacuzino.
Nach Studien in Paris (1817-1821) und einem von 1821 bis 1827 währenden Exil zur Zeit der Herrschaft von Grigore IV. D. Ghica kehrte Şt. in die Heimat zurück, um während der russischen Besatzung (1828-1834) in besonderem Einvernehmen mit Kiselev dem Entwurfsausschuß für das ,Reglement organique‘ seit 1830 als Sekretär zu dienen. Unter dem Fürsten Alexandru D. Ghica erhielt Şt. dank russischer Protektion das Innen-, Außen- und Kirchenverwaltungsministerium (bis Ende 1834). Nach einem zweijährigen Parisaufenthalt wurde er Justizminister (1836-1842). - Als im Jahre 1842 die ersten Wahlen eines rumänischen Fürsten anstanden, favorisierte der russische Konsul I. A. Daškov Şt. Sieger wurde aber sein von den Türken vorgezogener Bruder Gheorghe Bibescu, Şt. erhielt das Amt des Kanzlers und Justizministers (mare logofăt, 1844-1846). Das Verhältnis zwischen den Brüdern blieb auch weiterhin nach außen einvernehmlich, war in Wahrheit aber von dauernder Rivaltät um den Thron gekennzeichnet. Die Revolutionswirren wartete Şt. in Istanbul äußerst zurückhaltend ab. Unter dem russischen Protektorat kehrte er als Fürst (und abermals als Kandidat der Russen) zurück. Die Konvention von Balta Liman (24.04.1849), die den politischen Status der Donaufürstentümer wieder im Sinne der russischen Vormachtstellung und Fürstenernennung durch die Pforte und den Zaren auf sieben Jahre festhielt, brachte nur wenige Änderungen gegenüber der reglementären Zeit. So hatte sich auch Şt. weiter an Rußland zu orientieren. Daß er mehr als der Moldaufürst Grigore A. Ghica russischen und nach 1853 österreichischen Beschützern nachfolgte, warfen ihm seine Kritiker vor. Nach Ausbruch der russisch-türkischen Feindseligkeiten legte Şt. sein Amt nieder und ging nach Wien, was - wie sich zeigen sollte - die außenpolitisch korrekte Option war. Er kehrte nach Bukarest erst wieder zurück, nachdem 1854 der kaierliche General Johann Baptist Graf Coronini dort zusammen mit Omer Pascha stationiert worden waren.
Şt.s Herrschaft war vom Willen noch gemäßigter konservativer Reform zur Modernisierung der Walachei geprägt. Die weiterhin im Exil lebenden Revolutionäre von 1848, die überwiegend auch dem großen Bojarentum angehörten, nannten ihn dafür spöttisch den „Hospodar“ und Verderber der Republik. Nur wenige der gemäßigteren Exilanten konnten während seiner Regierungen nach Bukarest zurückkehren; Post und Grenzen blieben streng überwacht. So hatte Şt. auch nur mittelmäßige Mitarbeiter der alten Garde. Widrig waren seinem Reformwerk ferner die einander ablösenden Militärbesatzungen der Russen (25.07.1853-19.07.1854), Türken (Juli bis Ende 1854) und Österreicher (September 1854 bis 13.03.1856), das bis 1854 gültige ,Règlement organique' wie die sich sammelnde nationalliberale Opposition. Şt. reformierte und erweiterte das Grenzer- und Polizeieffektiv, eröffnete 1851 die seit der Revolution geschlossenen höheren Schulen wieder, in denen nun mehr Rumänisch unterrichtet wurde als früher, und begann nach französischem Vorbild einige Fachschulen, z.B. ein Technikum, zu gründen. Das Strafgesetz ließ er 1852 verbessern, Post- und Verkehrswege ausbauen und ab 1854 die Telegraphie einrichten. Neuerungen in der Krankenpflege brachte die Berufung des Dr. Charles Davila.  Die reglementären Finanz- und Agrarbestimmungen wurden verfeinert. Das „Aşezămîntul agrar“ von 1851 schaffte einige Fronlasten ab, und im Februar 1856 wurde die Befreiung der Zigeunersklaven beschlossen. Der Fürst plädierte seit 1855 für die Autonomie der Walachei und internationale Schutzformeln, trachtete jedoch zugleich, seiner Familie mit Hilfe der Pforte die erbliche Thronfolge zu sichern. Damit scheiterte er ebenso wie 1859, als die Wahlkommission im Hause des Metropoliten Nifon I. seinem Bruder die meisten Stimmen gab (ehe sie sich als Kompromiß auf Alexandru Ioan Cuza einigte). Als die Pariser Friedenskonferenz den Donaufürstentümern statt bisheriger Protektorate innere Autonomie und kollektive Garantie der Mächte gewährte, konnte Şt. das als einen Erfolg seines Bemühens werten. In der Unionsfrage gab er nach 1856 seine reservierte Zustimmung.
Barhu Şt., bildete als führender national-liberaler Politiker und Vertrauter des Palastes eine Interimsregierung (Juni 1927).
Constantin Şt., der Neffe Cernica Şt.s, komplottierte mit seinem Vater Radu wiederholt gegen das Herrscherhaus Cantacuzino-Brîncoveanu , erhielt aber als dessen Verwandter auch wieder hohe Hofämter. Im Auftrag des letzten Fürsten Cantacuzino, Ştefan, betrieb er 1714 in Istanbul maßgeblich die Verurteilung der Brîncoveanus.
George B. Şt., Sohn des Fürsten Barbu D. Şt., trat nach dem Jurastudium in Paris an der Seite seines Vaters für eine konservative Politik ein. 1851 hatte er über den Abzug der russischen Truppen aus der Walachei in St. Petersburg erfolgreich verhandelt, und in den 1860er Jahren war er mitverantwortlich für die Gründung der sog. „monstruösen Koalition“, die den Sturz Cuzas vorbereitete. Dem Kabinett Ion Ghica gehörte er 1866 als Außenminister an.

Literatur

Ştirbei, G. B.: La règne de Bibesco. 2 Bde. Paris 1893/94.
Iorga, Nicolae (Hrsg.): Corespondenţa lui Ştirbei-Vodă. Bucureşti 1904.
Ders.: Viaţa şi domnia lui Barbu Ştirbei, domn al Ţării Româneşti, 1849-1856. Vălenii de Munte 1910.
Ştirbei, G. B.: Feuilles d’automne et feuilles d’hiver. 2 Bde. Paris 1916.
Oţetea, Andrei (Hrsg.): Documente privind Unirea Principatelor. 2 Bde. Bucureşti 1961/63.
Florescu, Radu R. N.: The Struggle against Russia in the Romanian Principalities 1821-1854. Monachii 1962.

Verfasser

Krista Zach (GND: 120069873)


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Empfohlene Zitierweise: Krista Zach, Ştirbei, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 201-203 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1701, abgerufen am: (Abrufdatum)

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