Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Ionescu, Nae

Ionescu, Nae, rumänischer Philosoph und Publizist, * Brăila 4.06.1890, † Bukarest 15.03.1940.

Leben

I. besuchte das Gymnasium in Bräila und studierte Philosophie an der Universität in Bukarest. Den Doktortitel erwarb er 1919 an der philosophischen Fakultät der Universität München mit einer Arbeit über das Thema „Die Logistik als Versuch einer neuen Begründung der Mathematik“. Als Direktor des Militär-Gymnasiums „Mänästirea Dealului“ in Targovişte und als stellvertretender Leiter der kulturellen Institution „Casa Şcoalelor“ tätig, wurde I. 1922 zum Dozenten für Logik und Metaphysik und kurz darauf zum Professor an der Universität Bukarest ernannt, wo er in der Tradition des Historikers Vasile Pärvan zwischen den beiden Weltkriegen einen großen Einfluß auf die rumänische Jugend ausübte. Seine scharfe Analyse und Dialektik, die Hand in Hand mit reichen stilistischen Möglichkeiten und einer hohen rhetorischen Begabung gingen, erweckten bei der Jugend, seiner Grundintention entsprechend, die „metaphysische Unruhe“ und das Interesse für das Philosophieren. I. verachtete den Aufbau von philosophischen Systemen, die für ihn den Tod des Denkens bedeuteten und befürwortete eine Form der Lebensphilosophie auf der Grundlage von Erfahrung und Abenteuer. Ls philosophischer Standpunkt wurde beeinflußt von Soren Kierkegaard, Martin Heidegger, Leon Chestov, Wilhelm Dilthey, Oswald Spengler und Hermann Graf von Keyserling.Die Methode Ls war sowohl in der Forschung als auch in der Lehre sokratisch, da er eher ein Pädagoge war, der ohne zu zögern durch Widersprüche hindurch gehen wollte, als ein Professor im klassischen Sinne. I. setzte seine Ideen auch in zahlreichen Veröffentlichungen in Zeitschriften wie der von ihm gegründeten „Loghios, revue internationale de synthese chretienne orthodoxe“, der Zeitschrift „Cuväntul“ (Das Wort) - deren Chefredakteur er 1924-1928 und Herausgeber 1928-1934 war - und der Zeitschrift „Predanie“ (Tradition, 1937-1938) auseinander. Ein Teil der hier erschienenen Artikel wurde in dem Band „Roza vänturilor, 1926-1933“ (Windrose, 1926-1933, Bukarest 1937) veröffentlicht; der Titel wollte andeuten, daß der Verfasser nicht der Gefangene eines Systems war, sondern sich allen Strömungen aussetzte. Als unabhängiger Abgeordneter 1931 und 1932 vertrat I. die Ansicht, daß der Denker, der besser als jeder andere den historischen Augenblick wahrnimmt, immer die geistige Führung übernehmen sollte; man könne kein Philosoph sein, solange man nicht politisch tätig sei. Man warf I. vor, daß diese Position die Inkonsequenz zum Range eines Grundsatzes erhob. Anfangs kamen Ls Schüler und Anhänger in gleichem Maße aus den Reihen der jüdischen und der rechtsgesinnten Jugend, alle angezogen von den Ideen, die die Aktion und das Abenteuer rechtfertigten. Allmählich kristallisierte sich jedoch die politische Konzeption Ls zu einer nationalen und christlich-orthodoxen Staatsidee, in der auch Elemente des Orthodoxismus von Nikolaj Berdjaev und des Katholizismus von Henri Massis enthalten waren, und dadurch wandten sich seine jüdischen Anhänger von ihm ab. Das taten sie um so mehr, als I. in einer umfangreichen Einführung zu Mihail Sebastians Roman „De douä mii de ani“ (Seit zweitausend Jahren, 1934) von der Tragik der Situation sowohl der jüdischen als auch der christlichen Gemeinschaft sprach, einer Tragik, die seiner Meinung nach nur durch die Auflösung einer der beiden Gemeinschaften zu überwinden wäre. I. stand in den dreißiger Jahren der „Eisernen Garde“ nahe, deren Theorien von ihm geprägt wurden. I. übte einen großen Einfluß auf die Schriftsteller und Denker zwischen den beiden Weltkriegen aus, wie Mircea Eliade, Emil Cioran, Mihail Sebastian, Ion Biberi u. a.

Verfasser

George Ciorănescu (GND: 130641340)

GND: 118555715

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd118555715.html


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Empfohlene Zitierweise: George Ciorănescu, Ionescu, Nae, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 227-228 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1008, abgerufen am: (Abrufdatum)

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