Hayreddin Barbarossa (eigentlich Hızır), osmanischer Admiral und Beylerbey von Algier, * auf Lesbos 1466/83, † Istanbul 4.07.1546.
Leben
Der Vater Yakub, ein Sipahi, hatte sich auf der Insel Lesbos niedergelassen. Drei seiner Söhne wandten sich früh dem Handel und der Seeräuberei zu. Ishak fiel im Kampf gegen die Rhodeser-Ritter, Oruç darbte eine Weile in ihrer Gefangenschaft. Zwischen 1500 und 1504 verlagerten Oruç und H. ihr Tätigkeitsfeld nach Nordafrika, wo staatliche Zersplitterung und wirre Verhältnisse ein Piratentum größeren Stils ermöglichten. Bald erkannten die Brüder, daß Seeraub nicht ihre einzige Chance war. In jahrelangen Kämpfen eroberten sie mit zäher Beharrlichkeit mehrere Städte, als wichtigste Algier (1515), und wurden in erste Kämpfe mit den ob ihrer Machtausbreitung besorgten Spaniern verwickelt (1516). Nach dem Tode Oruçs trat H. die Nachfolge des Bruders an. Da empörten sich die Städte Cherchell und Tenes, die Kabylen fielen ab, und der König von Tlemcen rückte gegen ihn vor. Die Basis seiner Macht erwies sich als zu schmal, sobald sich mehrere einheimische Kräfte gegen ihn verbanden. Aus dieser Einsicht bat er den osmanischen Sultan Selim um Hilfe und bot ihm die eroberten Länder und einen Tribut an. Selim, der eben Ägypten erobert hatte, ergriff die Möglichkeit, nach Westen auszugreifen, ernannte ihn zum Beylerbey von Algier, und schickte ihm Artillerie und Truppen. Nun gelang es H., die einheimischen Gegner zurückzudrängen und sich gegen die Spanier zu halten (1519).
Noch war indes seine Herrschaft keineswegs gefestigt; Rückschläge durch Verrat, militärische Niederlagen und der Abfall mehrerer Orte blieben nicht aus (1520). In den folgenden Jahren verwüstete und plünderte er in einträglichen Raubfahrten die nördlichen Küsten des westlichen Mittelmeeres. In Nordafrika festigte er seine Position und beseitigte im Mai 1529 schließlich auch die ständige Bedrohung durch die spanische Festung Penon, die in Kanonenschußweite vor Algier auf einer Insel lag. Im Jahre 1533 rief ihn Süleyman I. nach Istanbul, ernannte ihn zum Großadmiral (Kapudan-ı derya) und beauftragte ihn mit dem Ausbau der osmanischen Flotte. H. erfüllte die vom Sultan in ihn gesetzten Erwartungen nicht nur, er übertraf sie.
Seine Aufgabe war es, die osmanischen Küsten, vor allem gefährdet bei Feldzügen in Ungarn und Persien, zu schützen, den Krieg an die Küsten Karls V. zu tragen und dabei mit Franz I. zu kooperieren. Der drohenden Eroberung von Tunis durch Karl V. kam H. 1534 zuvor. Doch schon ein Jahr später gelang dem Kaiser der Gegenschlag. In den Jahren 1537-1538 verlagerte sich der Schwerpunkt seiner Tätigkeit ins östliche Mittelmeer und die Ägäis. Eroberungen, Plünderungen und Besetzungen an der dalmatinischen und italienischen Küste sollten einen Angriff auf Italien vorbereiten. Ein Brückenkopf bei Otranto wurde wieder aufgegeben, da die Franzosen nicht erschienen. Die Einnahme zahlreicher Inseln schreckte nicht nur die Venezianer auf; eine Kreuzzugsflotte unter Andrea Doria sollte die Gefahr bannen. Das Seefahrergenie H.s gewann jedoch einen glänzenden Sieg gegen die christliche Übermacht; Prevesa (1538) signalisierte die osmanische Vormachtstellung zur See im Mittelmeer, die bis Lepanto (1571) Bestand haben sollte. Nach der Rückeroberung von Koron gelangen H. weitere Schläge gegen Venedig: Castelnuovo (Hercegnovi), sowie Malvasia und Nauplia fielen ihm 1539 zu. Die Markusrepublik schied mit einem Friedens vertrag aus der christlichen Allianz (1540).
Die Jahre 1541-1544 sahen eine enge Kooperation H.s mit Frankreich, mit dem er seit langem gute Kontakte hatte. Es kam zu gemeinsamen Flottenoperationen, wie vor allem die Belagerung Nizzas und die berühmte Überwinterung der osmanischen Flotte in Toulon (Winter 1543/44).
Mit dem Frieden von Crépy (1544) klangen langsam auch die Kämpfe zwischen Habsburgern und Osmanen für einige Zeit aus, Waffenstillstände wurden 1545 und 1550 geschlossen. H. hatte sich durch seine großen Erfolge, vielleicht aber mehr noch durch die allgegenwärtige Drohung seiner Plünderungen und Überfälle einen legendären Ruf im Mittelmeerraum erworben. Seine letzten Jahre verbrachte er hochgeehrt und reich in seinen Istanbuler Palästen, wo er fromme Stiftungen errichtete und seine Erinnerungen diktierte. Seinen Traum eines selbständigen Reiches in Nordafrika hatte er nicht verwirklichen können. Dafür verdankte ihm das letzte islamische Großreich zur Zeit seiner Blüte einen guten Teil seiner Weltgeltung.
Literatur
Danişmend, Ismail Hâmi: Izahlı Osmanlı Tarihi Kronolojisi. Bd 2. Istanbul 1947/48 (1971(2)).
Karal, Enver Ziya: Barbaros Hayreddîn Paşa. In: Islâm Ansiklopedisi. Bd 2. Istanbul 1949.
Deny, Jean und Jane Laroche: L’expédition en Provence de l’armée de mer du Sultan Süleyman sous le commandement de l'Amiral Hayreddin Pacha, dit Barberousse (1543-1544). In: Turcica. Revue d’études Turques 1 (1969) 161-211.