Germanos

GND: 1025957687

Germanos (eigentlich Georgios), griechischer Erzbischof und einer der Führer des Aufstandes von 1821, * Dimitsana (Peloponnes) 5.04.1771, † Nauplia 11.06.1826, Sohn des Ioannis Gozias und der Kanella Kukuzopulos.

Leben

G. erhielt seine Ausbildung in den Schulen von Dimitsana und Argos. Er wählte die geistliche Laufbahn. Der Metropolit Jakobos von Argos und Nauplia weihte ihn zum Diakon. 1797 begab er sich zu seinem Landsmann, dem Metropoliten Grigorios von Smyrna. Als dieser Patriarch von Konstantinopel wurde, folgte ihm G. dorthin. Grigorios V. entsandte seinen Schützling zur Untersuchung der Klosterprivilegien in die Peloponnes. Als der Patriarch 1799 auf den Athos verbannt wurde, begleitete ihn G. wahrscheinlich einige Zeit. Im Jahre 1800 wurde er zum Generalvikar (Protosynkellos) des Metropoliten Ioakim von Kyzikos ernannt. Er war zu dessen Nachfolger vorgesehen, bestieg aber im März 1806 den Sitz des Metropoliten Makarios von Patras. In der reichsten Diözese von Morea erwarb er sich als Schlichter zwischen Muslimen und Christen bei beiden Parteien Ansehen. 1815-1818 weilte er als Synodaler wieder in Konstantinopel. Von dort zurückgekehrt, schloß er sich Ende 1818 nach anfänglichem Zögern der „Hetärie der Philiker“ an, die insgeheim den Aufstand gegen die Türken vorbereitete.
Er spann diplomatische Fäden zu Ali Pascha von Janina, der gerade seine letzte Fehde mit der Pforte ausfocht. Noch im Februar 1821 setzte sich G. mit den konservativen Primaten gegen die Heißsporne (vor allem Theodoros Kolokotronis und Gregorios Dikeos, genannt Papaflesas) für ein vorsichtiges Abwarten ein. Die unterschiedliche Haltung in der Taktik mündete zwischen G. und Papaflesas in persönliche Feindschaft. Als Anhänger des letzteren durch erfolgreiche Überfälle auf türkische Steuereinnehmer Vergeltung provozierten, wurde bei einer Versammlung im Kloster Hagia Lavra mit Zustimmung des Erzbischofs der Aufstand beschlossen. Mit einigen hundert Mann belagerte G. die Türken, die sich in die Akropolis von Patras zurückgezogen hatten, konnte sie aber nicht bezwingen. Seine Handschrift zeigt das Manifest, in dem die Aufständischen gegenüber den europäischen Konsuln ihre Erhebung rechtfertigten: „Wir sind fest entschlossen, entweder zu sterben oder uns zu befreien!“
Die Notwendigkeit, die europäischen Mächte für die Unterstützung der von den türkischen Truppen hart bedrängten Hellenen zu mobilisieren, veranlaßte die 1. Nationalversammlung von Epidauros im Oktober 1822, eine Delegation zu den in Verona versammelten Vertretern der Großmächte zu entsenden. Wenig später wurde G. mit Georgios Mavromichalis nach Ancona geschickt, um über Papst Pius VII. eine Verbindung zu den Mächten zu gewinnen. Beide Missionen schlugen fehl. G. blieb bis zum Juli 1824 in Italien, knüpfte briefliche Verbindungen mit zahlreichen Griechen in Europa und in der Heimat, ohne jedoch Entscheidendes für die kämpfenden Landsleute bewirken zu können. Nach seiner Rückkehr von innenpolitischen Gegnern angefeindet, zog er sich in ein Kloster zurück, wurde vorübergehend sogar verhaftet. Sein Ansehen war aber immer noch so groß, daß ihn die 3. Nationalversammlung von Epidauros im April 1826 zum Vorsitzenden ihres außenpolitischen Ausschusses wählte. Kurz darauf erlag er dem Fleckfieber.
Das Urteil der griechischen Historiker über G. ist von Parteinahme gefärbt. Seine von Bitterkeit getränkten Memoiren „Ipomnimata tis kata tu tirannu ton Ellinon oploforias, ke tinon politikon simbevikoton en Peloponniso kata tin protin tis diikiseos periodon“ (Erinnerungen von dem Waffengang der Hellenen gegen ihre Tyrannen und von einigen politischen Ereignissen auf der Peloponnes während der ersten Regierungszeit; 1837 von Kallinikos Kastorchis, dann nochmals 1900 und 1968 herausgegeben) behandeln nur die beiden ersten Kriegsjahre, stellen gleichwohl eine wichtige Quelle für die Ereignisse und für die Haltung der konservativen Elemente unter den damaligen Griechen dar.

Literatur

Enianos, Dimitrios: Germanos Paleon Patron. Athen 1854.
Gudas, A.N.: Vii paralleli. Bd 1. Athen 1869, 91-124.
Kampuroglu, Dimitrios G.: Meleti peri tu viu tis draseos tu Paleon Patron Germanu. In: Athina 27 (1915) 202-272; 28 (1916) 205-251.
Stamatopulos, T.: Jiro sto 1821. O Paleon Patron Germanos ke i drasi tu kata tin epanastasi. Athen 1958.
Gritsopulos, Tasos A.: Moni filosofu. Athen 1960, 458-469.
Papadopulos, N. P.: Germanu Paleon Patron anekdota. Athen 1969.

Verfasser

Gerhard Grimm (GND: 13735374X)

Empfohlene Zitierweise: Gerhard Grimm, Germanos, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 38 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=869, abgerufen am: 08.05.2024