Filipescu, Nicolae

Filipescu, Nicolae, rumänischer Staatsmann, * Bukarest 17.12.1862, † ebd. 26.10. 1916, Sohn von Grigore F.

Leben

F.s Vater, mehrmals Minister in den Kabinetten Constantin Kreţulescus, ließ seinem Sohn frühzeitig eine Ausbildung in echt liberalem Geiste angedeihen und prägte ihn zu einem fortschrittlichen Politiker unter Ion Câmpineanus und Nicolae Blarembergs Einfluß. F. besuchte das Gymnasium in Genf, studierte dann Rechtswissenschaft an der Sorbonne, wo er auch promovierte. Zurückgekehrt widmete er sich mehr aus familiären Rücksichten denn aus ideologischen Erwägungen der Konservativen Partei. 1885 übernahm er die Redaktion der Zeitschrift „Epoca“, die er zu einer überparteilichen Publikation machte, obwohl ihre Mitarbeiter - außer namhaften Journalisten - jüngere und ältere konservative Parteimitglieder waren. F.s kämpferischem Geist ist es zu verdanken, wenn die „Epoca“ der Liberalen Partei, und zwar besonders jener unter Führung Ion Brătianus, den Kampf ansagte.
Bei den Wahlen im Januar 1888 verzeichnete F. seinen ersten politischen Erfolg. Er wurde Abgeordneter des 3. Wahlkollegs von Brăila, wurde jedoch bereits am 26. März wegen der regierungsfeindlichen Angriffe der Abgeordneten der Oppositionspartei verhaftet und nach Văcăreşti gebracht. Unter der Regierung Lascăr Catargius (1891 bis 1895) wurde F. Bürgermeister von Bukarest, wobei er sich große Verdienste insbesondere durch die Freilegung der großen Boulevards erwarb. Anschließend wurde er Oberbürgermeister der Stadt Brăila.
Nach dem Rücktritt der konservativen Regierung startete F. in der „Epoca “ noch heftigere Angriffe gegen die Liberale Partei. Als Wahlkämpfer und mit ausgeprägtem organisatorischem Talent begabt, gelang es ihm in Zusammenarbeit mit Nicolae Fleva, Straßenkundgebungen zu inszenieren, die den Sturz des Kabinetts Sturza herbeiführten (3.12.1896). In der konservativen Regierung Petre P. Carps wurde F. Landwirtschaftsminister (19.07.1900-23.02.1901). Von 1901 bis 1910 blieb F. in der Opposition und setzte seine Angriffe sowohl gegen die Liberale als auch gegen die Konservative Partei fort. Er erregte Aufsehen, als er 1898 George E. Lahovari, den Herausgeber der „L'indépendence Roumaine“, im Duell tödlich verletzte. Im neugebildeten Kabinett Carp wurde F. Kriegsminister (11.01.1911-10.04.1912); er tat sich in diesem Amt als einer der berufensten Ressortminister hervor und trug dazu bei, daß die rumänische Armee modernisiert und reorganisiert wurde. Während der konservativen Regierung unter dem Vorsitz von Titu Maiorescu (26.10. 1912-17.04.1913) übernahm er wieder das Landwirtschaftsministerium. Infolge der Kräfteverlagerung auf dem Balkan und des Balkankrieges forderte F. zusammen mit Petre P. Carp ein massives Vorgehen gegen Bulgarien. Im Bukarester Frieden vom 9. August 1913 wurde das Kadrilater (die südliche Dobrudscha) rumänisch.
1914 gründete F. die „Nationale Aktion“ (Acţiunea Naţională), die für Rumäniens Eintritt in den Krieg auf seiten der Großmächte (Frankreich, England, Rußland) plädierte, um die Vereinigung Siebenbürgens mit dem Altreich durchzusetzen. Mitkämpfer waren Matei Cantacuzino, Barbu Delavrancea und die Konservativ-Demokraten um Take Ionescu. Die in dieser Frage entstandene Spannung zwischen Alexandru Marghiloman, dem Vorsitzenden der Konservativen Partei, und den Führern der Ententefreundlichen Konservativen mit Ion Lahovari und nach dessen Tod mit F. an der Spitze führte schließlich im Mai 1915 zur endgültigen Spaltung der Konservativen. F. gründete somit am 1. Oktober 1915 in Zusammenarbeit mit der Konservativ-Demokratischen Partei die „Unionistische Föderation“ (Federaţia Unionistă). Er griff Ionel Brătianus Politik heftig an und erhob den Vorwurf, daß man Rumäniens Kriegsbeitritt absichtlich hinausschiebe; als die Russen im Laufe der Brussilow-Offensive Lemberg besetzten, verstärkte er seine Agitation. Später gründete F. unter Einbeziehung der Konservativ-Demokratischen Partei die „National-Konservative Partei“ (Partidul naţionalist conservator).
F., impulsiv, mutig und leidenschaftlich, gerissen, aber ehrlich, war zwanzig Jahre lang der treibende Motor der rumänischen Konservativen, ohne sich den Auseinandersetzungen zwischen der älteren Generation und den Junimisten anzuschließen.

Literatur

Filipescu, Nicolae: Partidele politice. Bucureşti 1890.
Ders.: Către un nou ideal. Bucureşti 1898.
Ders.: Discursuri. 2 Bde. Bucureşti 1911/15.
Ders.: Momentul dela Lemberg. Bucureşti 1915.
Bacalbaşa, Constantin: Bucureştii de altă dată. Bd 4. Bucureşti 1933, 181-188.
Iorga, Nicolae: Oameni care au fost. Bd 1. Bucureşti 1935, 211-216.
Oţetea, Andrei: Istoria poporului român. Bucureşti 1970.

Verfasser

George Ciorănescu (GND: 130641340)

Empfohlene Zitierweise: George Ciorănescu, Filipescu, Nicolae, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 513-515 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=819, abgerufen am: 29.04.2024