Dorotić, Andrija

GND: 122701623

Dorotić, Andrija, dalmatinischer Politiker und Schriftsteller, * Sumartin na Braču (San Martino auf Brazza, Dalmatien) 25.10. 1761, † ebd. 3.09.1837.

Leben

D. trat 1784 in den Franziskanerorden ein, studierte in Makarska und Ferrara und unterrichtete anschließend Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften an Ordenshochschulen in Perugia und Rom. Ab 1795 in Venedig, erlebte er hier im Mai 1797 den von Napoleon erzwungenen Sturz der Adelsrepublik, die Errichtung der Demokratie und die Entlassung von 10 000 kroatischen Söldnern aus Dalmatien. Ohne daß er das geheimgehaltene Abkommen im Vorfrieden von Leoben zwischen Napoleon und Österreich, die außeritalienischen Besitzungen Venedigs unter sich aufzuteilen, kannte, schloß sich D. nach seiner Rückkehr nach Dalmatien am 12. Juni 1797 der bereits von den kroatischen Bischöfen Maksimilijan Vrhovac und Ivan Krst. Ježić sowie dem orthodoxen Metropoliten Stefan Stratimirović eingeleiteten Agitation für die Loslösung Dalmatiens von Venedig und den Anschluß an Ungarn und Kroatien in wirkungsvoller Weise an. Sein in kroatischer Sprache verfaßter Aufruf an das dalmatinische Volk, in dem er die neue Regierung in Venedig als gottlos und kirchenfeindlich bezeichnete, hat sehr dazu beigetragen, daß sich die vor allem sozial bedingten Unruhen unter der Landbevölkerung und den städtischen Unterschichten gegen die Anhänger Venedigs richteten. Der Wunsch der zahlreichen katholischen und orthodoxen dalmatinischen Geistlichkeit und des Adels, der ungarischen Krone und nicht direkt dem Kaiser unterstellt zu werden, war in der Hoffnung begründet, dadurch ihre Privilegien besser schützen zu können. Die Ordensprovinz entsandte D. zu Kaiser Franz II. nach Wien, um in diesem Sinne zu wirken. Ohne den endgültigen Friedensschluß von Campo Formido am 17. Oktober 1797 abzuwarten, in dem dann die Republik Venedig zur Gänze aufgeteilt wurde, konnten die Österreicher Dalmatien, als Befreier begrüßt, widerstandslos besetzen. Nachdem sich D. mit dem österreichischen Gouverneur, Graf Raimund Thurn, über die unmittelbare Unterstellung Dalmatiens unter Wien verständigt hatte, war er zuerst Sekretär, dann Kustos und schließlich Provinzial der dalmatinischen Ordensprovinz. Als 1805 im Frieden von Preßburg Dalmatien zum neugegründeten Königreich Italien kam, weigerte sich D., der über seine Ordensbrüder großen Einfluß auf die Bevölkerung hatte, mit den Franzosen zusammenzuarbeiten und floh nach Österreich. Mit dem Ausbruch des Krieges 1809 kehrte er nach Dalmatien zurück und gewann das Volk in flammenden Aufrufen für den Aufstand gegen die durch hohe Steuern, Rekrutierungen und andere unpopuläre Maßnahmen nicht ganz zu Recht unbeliebt gewordene französische Verwaltung. Gemeinsam mit den einrückenden österreichischen Truppen befreiten die zum Teil von Franziskanern angeführten Aufständischen in kurzer Zeit das Land. Nach dem Frieden von Schönbrunn am 14. Oktober 1809 wurde Dalmatien mit Westkroatien, Istrien, Krain und Oberkärnten zu den Illyrischen Provinzen Frankreichs vereinigt. Mit den abziehenden Österreichern verließen auch viele Aufständische das Land. D. wurde in Abwesenheit mit 25 anderen Führern des Aufstandes zum Tode verurteilt. In Zagreb wurde er Leiter des Hauptpolizeiamtes. Von hier aus unternahm er zahlreiche Reisen, die ihn auch nach Dalmatien führten, wo er wieder gegen die Franzosen agitierte. Nachdem Österreich 1813 Dalmatien in Besitz nahm, wurde D. hoch ausgezeichnet und erhielt eine jährliche Pension von 1000 Gulden. Er lebte von 1816 bis 1821 in Zagreb und zog sich dann auf seine Heimatinsel zurück.
Das entschlossene und wirkungsvolle Auftreten gegen die Franzosen machte D. zu einer der bedeutendsten politischen Persönlichkeiten Dalmatiens während der napoleonischen Zeit. Die Motive seines Handelns sind jedoch weniger in einer nationalen Gesinnung als vielmehr in seiner antirevolutionären Haltung zu suchen, was aus seinen zahlreichen hinterlassenen und noch unbearbeiteten Manuskripten zu philosophischen, rechtlichen u. a. Fragen deutlich hervorgeht.

Literatur

Ljubić, Kazimir: Progonstvo Fra Andrije Dorotića. In: Narodni koledar (1870) 91-101.
Ostojić, Mato: Fra Andrija Dorotić i njegova pjesma. Split 1895.
Božitković, Juraj: Naši filozofski pisci. Fra Andrija Dorotić kao filozof i pravnik, matematik i fizik. In: Bogoslovska smotra (1925) 160-173, 365-371.
Novak, Grga: Pokret za sjedinjenje Dalmacije s Hrvatskom (1797-1814). In: Rad JAZU 269 (1940) 1-110.

Verfasser

Andreas Moritsch (GND: 123957184)

Empfohlene Zitierweise: Andreas Moritsch, Dorotić, Andrija, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 420-422 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=747, abgerufen am: 29.04.2024