Dalmatin, Jurij

GND: 118523503

Dalmatin, Jurij (Georg), slowenischer protestantischer Schriftsteller und Bibelübersetzer, * Gurkfeld (Krško) 1547 (?), † Laibach (Ljubljana) 31.08.1589.

Leben

D. besuchte die Schule von Adam Bohorič, der in Wittenberg studiert hatte, in Krško und später (1565-1566) die lateinische Schule in Bebenhausen (Württemberg). Am 19. März 1566 immatrikulierte er sich an der Universität Tübingen für die Fächer Philosophie und Theologie und legte am 30. März 1569 das Bakkalaureat und am 10. August 1569 die Magisterprüfung ab. Während des Studiums unterstützten ihn nicht nur die Krainer Landstände, sondern vor allem Primož Trubar, der auch bei seinen ersten literarischen Versuchen sein Mentor war. Trubar bemühte sich, für D. einen Posten in Württemberg zu finden, als ihm das aber nicht glückte, suchte er für D. eine Stelle in der Heimat. Seinem am 10. Januar 1572 an die Krainer Landstände gerichteten Gesuch fügte D. eine handschriftliche Übersetzung des „Pentateuh“ bei. Dem Stellengesuch wurde stattgegeben, so daß D. im Sommer 1572 den Dienst eines Predigers der deutschen und slowenischen protestantischen Kirche in Laibach antreten konnte. Er fungierte zugleich als einer der Inspektoren der Ständeschule, als Mitglied des Krainer Kirchenrats und als offizieller Kirchenvisitator. Als er, der Organisator des protestantischen Kirchenwesens in Laibach, 1585 die Pfarrei Škocjan bei Turjak übernehmen sollte, blieb er in Laibach und überließ die Stelle einem Verwalter.
D.s erstes gedrucktes Werk ist „De catholica et catholicis disputatio“ (1572), in dem er beweist, daß allein der lutherische Glaube „katholisch“ sei. Seinen ersten gedruckten slawischen Text stellt das Lied „Ena srčna molitov zuper Turke“ dar, das 1567 in Trubars Gesangbuch veröffentlicht wurde. Als Lebensaufgabe stellte sich D. die Übersetzung der Bibel. Als er 1575 Janž Mandelc (Johannes Manlius) für die Gründung einer Druckerei in Laibach gewonnen hatte, wurde Laibach von 1575-1580 zum Mittelpunkt der editorischen Tätigkeit der slowenischen Reformatoren. Als erstes Buch wurde dort 1575 D.s Übersetzung des „Jezus Sirah“, eines der Bücher des Alten Testaments, gedruckt. Ein Jahr später edierte D. die „Pasijon“, die Leidensgeschichte Christi, zusammen mit einem umfänglichen Lied, um „seinen teuren Zuhörern und dem ganzen Vaterland mit besten Kräften zu dienen“. Sein 1578 gedruckter „Biblije, tu je, vsiga svetiga pisma prvi dejl“, umfaßt die fünf Bücher Mosis (Pentateuch); die Übersetzung hat D., wie er am Ende des Buches erklärt, auch für die Kroaten und die anderen Slawen gedacht. Mit dieser Teilausgabe wollte D., der zu dem Zeitpunkt bereits die ganze Bibel übersetzt hatte (1569-1578), die Krainer Landstände zum Druck der vollständigen Bibel animieren. Mitte 1581 trat in Laibach unter Führung des Grazer Superintendenten Jeremias Homberger eine eigene Revisionskommission (ein Mitglied war Bohorič) zusammen, die D.s Bibelübersetzung durchsah und verbesserte. Da der Drucker Mandelc, der schon 1580 einen Probebogen aus der „Biblija“ gedruckt hatte, von Erzherzog Karl (II.) verjagt und der Druck der Bibel in Laibach verboten wurde, beschloß man, das Werk in Deutschland zu drucken. Im Frühjahr 1583 reisten D. und Bohorič (als Korrektor) nach Wittenberg, wo sie Anfang November bei der Offizin der Crafftschen Nachfolger und der Lehmannschen Druckerei die „Biblija, tu je, vse Svetu Pismu staria inu noviga testamenta, slovenski tolmačena skuzi Jurija Dalmatina“ in einer Auflage von 1500 und unter dem Erscheinungsjahr 1584 herausbrachten. Außer der in deutscher Sprache an den Adel, die Bürger und alle Christen gerichteten Vorrede, in der mit sichtlichem Stolz auf die Größe des Slawentums betont wird, daß die slawischen (hier „windischen“; slowenisch wird „krainski“ genannt!) Sprachen keineswegs in einem unbekannten Winkel der Erde verborgen, sondern in zahlreichen mächtigen Staaten vertreten seien, finden sich noch ein slowenisches Vorwort mit einem Exkurs über die Unterschiede zwischen dem alten und dem neuen Glauben sowie am Ende des Texts, um dessen Verständnis für die Kroaten zu erleichtern, ein kurzes (und sehr unvollständiges) kroatisches Wörterverzeichnis. Was die Sprache und graphische Gestaltung, vor allem die Qualität der Holzschnitte betrifft, überragt die „Biblija“ alle anderen slowenischen Bücher des 16. Jh.s. Grundlage der Dalmatinschen Sprache ist der unterkrainische Dialekt von Dolenjsko, gemischt mit Elementen der Dialekte von Gorenje und Notranjsko. Obwohl D. Griechisch und Hebräisch beherrschte, hielt er sich im wesentlichen an die Luthersche Bibelübersetzung; für das Neue Testament diente ihm vor allem die Trubarsche Übersetzung als Grundlage.
Die Dalmatinsche Bibelausgabe, die als größte sprachschöpferische Leistung der slowenischen Reformation zu werten ist, war bis ins 19. Jh. die normative Grundlage der slowenischen Schriftsprache, Orthographie und Stilistik. Da keine anderen slowenischen Bibelübersetzungen existierten und sogar die Gegenreformatoren die Bedeutung der Dalmatinschen „Biblija“ anerkennen mußten, wurde sie als Bibeltext bis Ende des 18. Jh.s auch von katholischen Geistlichen benutzt.
In Wittenberg gab D., der mit Trubar als Schöpfer des slowenischen Kirchenlieds gilt, neben der Bibel die „Krščanske lepe molitve“, eine neue erweiterte Ausgabe des Gesangbuchs „Ta celi katehismus, eni psalmi inu ... pejsni“ (1584), die „Agenda“ und „Ta kratki wirtemberski katehismus“ (1585) heraus. - Verglichen mit Trubar, dessen Arbeit er praktisch fortsetzte, hat D. die literarischen Ausdrucksmittel des Slowenischen und die Rechtschreibung, bei der er sich an die Kreljschen Reformen und die Bohorič-schen orthographischen Regeln („bohoričica“ hieß die bis Anfang des 19. Jh.s gebrauchte Schreibschrift) hielt, bedeutend vorangetrieben und vervollkommnet. D. ist zwar der bessere Stilist, doch läßt er - im Gegensatz zu Trubar - nicht selten das individuelle, persönliche Moment vermissen.

Literatur

Elze, Theodor: Die Universität Tübingen und die Studenten aus Krain. Tübingen 1877.
Ders.: Die slovenischen protestantischen Gesangbücher des 16. Jahrhunderts. Venedig 1884.
Ahn, Fr.: Die slovenischen Erstlingsdrucke der Stadt Laibach. Graz 1896.
Elze, Th.: Die slovenischen protestantischen Druckschriftten des 16. Jahrhunderts. Venedig 1896.
Vrhovnik, I.: Dalmatinova biblija in katoliški duhovniki. Carniola 1916.
Rupel, Mirko: Slovenski protestantski pisci. Ljubljana 1934.
Ders.: Nove najdbe naših protestantik 16. stoletja. Ljubljana 1954.

Verfasser

Dagmar Burkhart (GND: 12883322X)

Empfohlene Zitierweise: Dagmar Burkhart, Dalmatin, Jurij, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 360-362 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=703, abgerufen am: 29.04.2024