Asen II.

GND: 118848410

Asen II., bulgarischer Zar 1218-1241, * um 1190, † 1241.

Leben

Nach der Ermordung seines Vaters Asen I. und seiner beiden Onkel Petŭr und Kalojan wäre A. rechtmäßiger Thronerbe gewesen, was aber der Usurpator Boril vereitelte. A. floh mit seinem Bruder Aleksandŭr nach Galizien und kehrte 1218 mit Unterstützung russischer Söldner nach Tŭrnovo zurück. Borils glücklose Innen- und Außenpolitik ermöglichte es ihm, den bulgarischen Thron für sich zu gewinnen. Befriedigung im Inneren und Absicherung gegenüber den Nachbarstaaten standen im Mittelpunkt seiner ersten Regierungsjahre. Durch die Heirat mit der ungarischen Königstochter Anna kamen die Gebiete von Belgrad und Braničevo wieder zum bulgarischen Reich. Im Süden sah sich A. einerseits mit dem lateinischen Kaiserreich konfrontiert, andererseits mit den byzantinischen Reststaaten Nikaia und Epirus, die Konstantinopel zurückzuerobern trachteten. Mit dem epirotischen Herrscher Theodoros Angelos Dukas Komnenos, der 1224 Saloniki erobert hatte, schloß er einen Freundschaftspakt. In dem Angebot der westeuropäischen Barone in Konstantinopel, den bulgarischen Zaren als Regenten des minderjährigen Balduin II. einzusetzen und diesen mit einer der Zarentöchter zu verheiraten, sah A. das jahrhundertealte Streben Bulgariens nach der Herrschaft in Byzanz erfüllt. Diese Konstellation durchkreuzten aber die politischen Pläne von Theodoros in einem Präventivkrieg 1230 gegen die Bulgaren erlitt der epirotische Herrscher jedoch in der Schlacht bei Klokotnica, nordöstlich von Chaskovo, eine völlige Niederlage. Der Herrscher geriet in bulgarische Gefangenschaft, sein Reich wurde Bulgarien einverleibt. A. herrschte nun über ein Territorium, das an drei Meere grenzte und Simeons Reich übertraf. Verwandtschaftliche Beziehungen verbanden das bulgarische Herrscherhaus auch mit dem jungen serbischen Staat, so daß A. der eigentliche Beherrscher der Balkanhalbinsel war; er vereinigte eine Machtfülle, die vor und nach ihm während der mittelalterlichen bulgarischen Geschichte nicht erreicht wurde.
Die aussichtsreichen Beziehungen zum lateinischen Kaiserreich enttäuschten A. jedoch bald, als er von dem lange geheimgehaltenen Vertrag von Perugia (1228) erfuhr, in dem Johann de Brienne mit Unterstützung des Papstes als Regent in Konstantinopel eingesetzt worden war. Er annullierte daraufhin die unter Kalojan geschlossene Kirchenunion mit Rom und bestimmte Joakim zum unabhängigen bulgarischen Patriarchen. Einen von Papst Gregor IX. im Jahre 1232 veranlaßten ungarischen Angriff konnte A.s Bruder Aleksandŭr Zurückschlagen. Als sich Konstantinopel und Nikaia in Kämpfe verwickelten, wandte sich Johannes III. Dukas Vatatzes an A. um Hilfe. Der Zar nutzte die Gelegenheit und schloß mit Nikaia einen Vertrag gegen die Lateiner, der durch ein Heiratsbündnis bekräftigt wurde. Darüber hinaus erkannte man das bulgarische Patriarchat an. A. mußte jedoch bald erkennen, daß er mit seiner militärischen Unterstützung nur das Reich von Nikaia stärkte und seinen eigenen Plänen zuwiderhandelte. Er brach die Beziehungen zu Nikaia ab und suchte wieder eine Annäherung an Konstantinopel. Eine Epidemie in Tŭrnovo im Jahre 1237, der die Zarin und der Patriarch zum Opfer fielen, sah A. als Strafe für seinen Vertragsbruch mit Nikaia an und schloß mit Johannes III. erneut ein Bündnis. In Tŭrnovo deckte A. einen Verrat des gefangenen Theodoros I. auf, den er blenden ließ. Die letzten Lebensjahre verbrachte A. an der Seite seiner dritten Frau Irene, der Tochter Theodoros’ I., in Tŭrnovo, ohne sich noch intensiver in die Politik des Auslandes einzumischen.
A., der hervorragendste Herrscher der Asenidendynastie, baute ein Reich auf, das einen bedeutenden Platz unter der damaligen abendländischen Staaten weit einnahm. Seine Politik glich außen- und innenpolitisch in vielem der Simeons im Ersten Bulgarischen Reich. Wie Simeon blieb es aber auch A. verwehrt, Herrscher über das byzantinische Reich zu werden. Als Zeitgenosse Friedrichs II. betrieb A. nicht nur eine kluge diplomatische Politik, sondern wußte Handel und Wirtschaft auszudehnen und galt als großzügiger Förderer der Kultur. Während seiner Herrschaft wurden zum ersten Mal in Bulgarien Münzen geprägt und Kaufleute aus vielen Ländern suchten unter dem persönlichen Schutz des Zaren bulgarische Märkte auf. Die Hauptstadt Tŭrnovo baute A. zu einem kulturellen Zentrum aus, das mit Konstantinopel konkurrieren konnte.

Literatur

Nikov, Petŭr: Cŭrkovnata politika na Ivan Asenja II. In: Bŭlg. Ist. Bibl. 3 (1930) 3, 65-111.
Zlatarski, Vasil N.: Ivan Asen II. In: Bŭlg. Ist. Bibl. 3 (1930) 3 1-55.
Dujčev, Ivan: Car Ivan Asen II. Sofia 1941.
Ders.: Prinosi kŭm istorijata na Ivan Asen II. In: Spis. Bŭlg. Akad. Nauk., kl. ist.-filol. 66 (1943) 147-179.

Verfasser

Detlef Kulman (GND: 128703393)

Empfohlene Zitierweise: Detlef Kulman, Asen II., in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 103-104 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=484, abgerufen am: 20.04.2024