Zaimis, Andreas

GND: 116949902

Zaimis, Andreas, griechischer Politiker, * Kerpini bei Kalavrita 1791, † Athen 13. (1.) 05. 1840, verheiratet mit Eleni Dilijanni, der Tochter des 1816 hingerichteten Mora ayanī Ioannis Dilijannis, deren Brüder Anagnostis und Kanellos im griechischen Unabhängigkeitskampf hervortraten.

Leben

Z. entstammte einer einflußreichen, schon am Aufstand von 1770 beteiligten Grundbesitzerfamilie aus Kalavrita, deren Angehörige in der Selbstverwaltung der Peloponnes wichtige Positionen bekleideten. Wie sein Vater Asimakis Z. (f 1826), der Sohn eines in russischen Diensten stehenden Offiziers und Neffe eines Mora ayani, trat er in den Verschwörerbund Filiki Eteria ein und beteiligte sich an den Zusammenkünften in Vostitsa (Ägion) zur Vorbereitung des Unabhängigkeitskampfes, der- nach ersten Zwischenfällen am 26. [14.] III. 1821 in seiner Heimat (Kalavrita) - am 2. April (21. III.) 1821 losbrach.
 Z. begab sich sogleich nach Patras, wo er die Deklaration an die Konsuln der Mächte, eines der ersten Dokumente der Aufständischen, mitunterzeichnete und in das lokale Revolutionsdirektorium (Epanastatikon Diefthintirion) eintrat. Mit einer eigenen Freischar beteiligte er sich an den Kämpfen, vor allem an der Belagerung von Patras und der Verteidigung Mesolongis während der ersten Belagerung 1822. Den beiden Nationalversammlungen von (Piada bei) Epidauros (Dezember 1821-Januar 1822) und Astros (Dezember 1822) gehörte er an und wurde am 30. (18.) April 1823 in den Exekutivausschuß, am 14. (2.) Juni 1823 in das für die Verhandlungen über eine britische Anleihe zuständige Gremium berufen. Je mehr die Spannungen zwischen dem Legislativ- und dem Exekutivausschuß Zunahmen, desto näher rückte Z., obwohl Mitglied der Exekutive, an die Legislative heran, weil er wie die meisten Archonten im kriegsbedingten Machtzuwachs des Theodoros Kolokotronis und seiner Freischaren eine Gefahr für die soziale Stellung der Honoratioren-Schicht erkannte. Im ersten Bürgerkrieg (November 1823-Juni 1824) trat er auf die Seite der Legislative in Kranidi (s. Ioannis Kolettis) und schied am 20. (8.) Februar 1824 endgültig aus der alten Exekutive aus, nachdem sich in Kranidi eine neue Exekutive unter Georgios Kunturiotis gebildet hatte. Durch Vermittlung der mit Z. und Koloko tronis verschwägerten Archontenfamilie Dilijannis kam angesichts des drohenden Einfalls der Festlandstruppen in die Peloponnes ein Kompromiß zustande (Auslieferung der Festung Nauplion durch Kolokotronis an Z. am 17. [5.] VI. 1824): Schon hier wurde erkennbar, daß die Konflikte über die Grundlagen der staatlichen Ordnung im zweiten Bürgerkrieg (November/Dezember 1824) als regionale Gegensätze ausgetragen würden, in denen Z. mit den anderen Archonten von Morea und Kolokotronis eine geschlossene Front gegen Ioannis Kolettis bildete. Vor den rumeliotischen Truppen flüchtete er Ende 1824 nach Westgriechenland zu Alexandros Mavrokordatos, mit dem er in den kommenden Jahren das Rückgrat der Englischen Partei bildete. 1825 beteiligte er sich an der Verteidigung gegen die ägyptischen Truppen unter Ibrahim Pascha und wurde am 26. (12.) April 1826, zwei Tage nach dem Fall Mesolongis, von der dritten Nationalversammlung in Epidauros zum Vorsitzenden des Regierungsausschusses berufen und mit weitgehenden Vollmachten ausgestattet, um die befreiten Gebiete zu organisieren und den Nachschub zu sichern. Neue Konflikte mit Theodoros Kolokotronis über den Primat der politischen Führung blieben dabei nicht aus. Seine Regierung wurde durch die jetzt in Trizin (Troizen) tagende Nationalversammlung am 17. (5.) April 1827 abgelöst. Ioannis Kapodistrias ernannte ihn am 4. (23.) Januar 1828 zum Mitglied des Panhellenions und zum Probulos des Inneren, doch schloß sich Z. 1831 der Opposition auf Hydra an. Die nach der Ermordung des Grafen in Perachora versammelten Konstitutionalisten nahmen ihn im Januar 1832 mit Georgios Kunturiotis, Ioannis Kolettis und Alexandros Mavrokordatos in den Regierungsausschuß auf, aber angesichts der Gefahr, daß die Peloponnes wieder zum Schauplatz der Kämpfe zwischen den streitenden Parteien würde, suchte er die Verständigung mit Theodoros Kolokotronis und trat am 3. Mai (21. IV.) 1832 in die auch auf Drängen der Vertreter der Mächte gebildete neue Regierung ein. Die bayrische Regentschaft ernannte ihn am 2. September (21. VIII.) 1833 zum Präfekten von Ätolien und Akarnanien und zum Vorsitzenden der mit der Untersuchung der Messenischen Revolte (August/September 1834) beauftragten Kommission; am 30. (18.) September 1835 berief sie ihn in den als
Konsultativorgan und Verwaltungsgerichtshof fungierenden Staatsrat, der ihn am 27. (15.) Oktober 1835 zu einem seiner drei Vizepräsidenten (neben Petros Mavromichalis und Georgios Kunturiotis) bestellte. Der gemäßigte Z., der wegen der angeblichen politischen Unreife des Volkes vom verfrühten Übergang zum Verfassungsstaat abriet, stand ab 1839 in Opposition zu König Otto, der auch die loyalen Politiker vor den Kopf stieß.

Literatur

Gudas, Antonios N.: Vii parallili ton epi tis anagenniseos tis Ellados diaprepsanton andron. Bd 5. Athen 1872, 341-378.
Petropulos, John Anthony: Politics and Statecraft in the Kingdom of Greece 1833-1843. Princeton, N.J. 1968.
Drulia, Lukia: I ikogonia Zaimi os to 1840. In: Epetiris ton Kalavriton 1969.

Verfasser

Gunnar Hering (GND: 1078119694)

Empfohlene Zitierweise: Gunnar Hering, Zaimis, Andreas, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 480-482 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1887, abgerufen am: 19.04.2024