Wladislaw II.

GND: 118634453

Wladislaw II. (II. Ulászló), König von Böhmen 1471-1516 und Ungarn 1490-1516, * Krakau 1.03.1456, † Ofen 13.03.1516, ältester Sohn des polnischen Königs Kasimir IV. Jagiello.

Leben

Bald nach der Geburt seines Sohnes begann Kasimir IV. - unterstützt von den utraquistischen Ständen - die böhmische Krone für W. anzustreben, die der vom Papst zum Ketzer erklärte Georg von Podiehrad trug. Da Kasimir jedoch auf die päpstlichen Vorschläge zur Bekämpfung des Böhmenkönigs nur zögernd antwortete, unterstützte die Kurie nunmehr den Ungarnkönig Matthias Corvinus, der 1468 - von Friedrich III. zur Verteidigung Österreichs gegen Böhmen zu Hilfe gerufen - Mähren, Schlesien und die beiden Lausitzen für sich selbst erobert hatte und sich am 3. Mai 1469 in Olmütz mit Hilfe der katholischen Ständeopposition zum Gegenkönig Georgs von Podiehrad wählen ließ. Daraufhin kam es zu einem Ausgleich zwischen Georg und den Jagiellonen. Der Prager Landtag erkannte im Juni 1469 W. als Nachfolger Georgs von Podiehrad an. Am 10. Oktober 1470 kam es mit Kaiser Friedrich III. in Graz zu einem Bündnis, das ein gemeinsames Vorgehen gegen Matthias Corvinus sicherte, der sich auch zunächst aus Böhmen zurückzog. Nach dem Tode Georgs von Podiehrad (22.03.1471) wurde der 15jährige W. am 27. Mai 1471 in Kuttenberg zum König gewählt und konnte, von starken polnischen Truppen nach Prag begleitet, dort am 21. August zum König von Böhmen gekrönt werden. Doch wurde Matthias Corvinus nur einen Tag später von Papst Paul II. ebenfalls als solcher anerkannt. In den darauffolgenden Kämpfen konnte keine von beiden Seiten eine Entscheidung herbeiführen. Ein starker Angriff des jagiellonischen Heeres in Schlesien scheiterte 1474 und brachte im Waffenstillstand von Breslau (8.12.1474) die Anerkennung der Herrschaft von Matthias Corvinus über die östlichen Kronländer Böhmens. 1478 kam in Brünn und Ofen die Einigung W.s mit Matthias dahingehend zustande, daß beide den Titel eines Königs von Böhmen führten und W. Böhmen, Matthias aber die Nebenländer einschließlich Mähren behielt. Diese Einigung wurde auf den Friedensverträgen von Ofen (2.04.1479) und Olmütz (25.07.1479) erhärtet. W. wurde nun auch vom Papst und der katholischen Ständeopposition als König von Böhmen anerkannt. Damit erstarkte jedoch nicht seine Macht, sondern die des Hochadels. Nach dem Ausgleich der Katholiken und Utraquisten (1485) rückten Religionsunterschiede als Ursachen ständischer Fehden in den Hintergrund, die adeligen Stände wandten sich vielmehr gemeinsam gegen den Bürgerstand. Die „Wladislawsche Landesordnung“ (1500) sicherte dem König sowie den Städten gegenüber dem Adel die Macht.
Nach dem Tode von Matthias Corvinus (6.04.1490) boten sich neue Möglichkeiten für die Jagiellonen, da der Ungarnkönig nur den illegitimen Sohn Johann Corvin hinterlassen hatte. Eine starke ungarische Magnatenpartei unterstützte die Wahl W.s, der ihr wegen seiner Inaktivität besonders genehm war, gegen andere Thronprätendenten (Johann Corvin, Maximilian von Habsburg und W.s Bruder Johann Albrecht). Vom Landtag in Ofen am 15. Juli 1490 zum König von Ungarn gewählt, zog W. ins Land und akzeptierte am 31. Juli 1490 in Farkashida (Komitat Preßburg, heute Vlckovce, Slowakei) die von den Baronen gestellte Wahlkapitulation, worauf er am 18. September 1490 in Stuhlweißenburg gekrönt wurde. Im Verlaufe des Bruderzwistes kam es nach einem Sieg W.s über Johann Albrecht am 20. Februar 1491 in Kaschau zu einem Abkommen, das die ungarische Krone W. beließ und Johann Albrecht einen Teil des böhmischen Nebenlandes Schlesien einbrachte, das damit jedoch nicht aus dem böhmischen Staatsverband ausschied. Die Kämpfe mit Maximilian von Habsburg endeten am 7. November 1491 mit dem Frieden von Preßburg, in dem W. im Falle des Aussterbens der eigenen Linie das habsburgische Nachfolgerecht anerkannte.
W. hielt seinen Hof in Ofen. 1502 heiratete er Anne de Foix, Gräfin von Candale, eine Verwandte des französischen Königshauses, die ihm 1503 Anna und 1506 Ludwig gebar. Ludwig wurde 1508 zum ungarischen, 1509 zum böhmischen König gekrönt. Die Sicherung der Erbfolge war keineswegs ein Zeichen von W.s erstarkender Macht: dazu fehlte vor allem das finanzielle Fundament. Anders als seine Vorgänger war W. besitzlos - in Böhmen entsagte er 1497 selbst dem Heimfallsrecht - und auch die Regalien-Einkünfte gingen größtenteils an Adlige und andere Gläubiger (darunter an die Fugger). Entgegen seiner Wahlverpflichtung ließ W. daher regelmäßig Steuern eintreiben. Diese mußten jeweils vom Landtag bewilligt werden, wodurch der politische Einfluß des niederen Adels wuchs; wahrgenommen wurde dieser aber nicht vom König, sondern erstrangig von Johann Szapolyai, einem der reichsten Oligarchen in Ungarn. Den weiteren Machtschwund bewirkte W.s Willensschwäche, durch seine Krankheit (ab 1504) und besonders nach dem Tode der Königin (26.06.1506) zum an Idiotie grenzenden Geisteszustand gesteigert. Sein Epitheton „Dobře“ drückt die Gleichgültigkeit des konstanten Ja-Sagers aus. In Wirklichkeit regierten einige Mächtige an seinerstatt, in Böhmen vor allem Zdeněk Lew von Rožmital, Oberstburggraf von Prag, ab 1512 oberster Landesverweser, in Ungarn die Kanzler Thomas Bakócz, Erzbischof von Gran, und Georg Szatmári, Bischof von Wardein, später von Fünfkirchen. Die Expansion der Macht des Adels kam auch seinen Untergebenen gegenüber zur Geltung. Gesetzlich sanktionierte und gesetzwidrige Übergriffe des Adels waren mitverantwortlich dafür, daß der im April 1514 durch Bakócz verkündete Kreuzzug gegen die Türken unter der Führung von Georg Dózsa in einen Bauernkrieg umschlug; an seiner Niederwerfung hatte Johann Szapolyai entscheidenden Anteil. Im Oktober 1514 schuf der Landtag ein Gesetz über die vollständige Aufhebung der Freizügigkeit der Leibeigenen, das auch in das Rechtsregel-Kompendium „Tripartitum opus“ von Stephan Werbőczy, demselben Landtag vorgelegt, artikuliert wurde. Um der angewachsenen Macht Szapolyais ein Gegengewicht zu bieten, schloß W. mit Hilfe seines Bruders, des Polenkönigs Sigismund, am 20. Mai 1515 einen doppelten Ehevertrag mit Maximilian I. Die Verlobung der Kinder W.s mit den Enkeln Kaiser Maximilians I., Ferdinand (I.) und Maria, wurde im Juli 1515 auf dem Wiener Kongreß vollzogen. Damit war nach dem bald darauf erfolgten Aussterben der böhmisch-ungarischen Linie der Jagiellonen (Ludwig II. kam 1526 bei der Schlacht von Mohács ums Leben) die habsburgische Erbfolge in diesen Ländern gesichert und die Möglichkeit der Gründung einer Donaumonarchie unter der Herrschaft des Hauses Habsburg geschaffen.

Literatur

Palacky, Franz: Geschichte von Böhmen. Bd 5, Abt. 1-2. Prag 1865, 1867.
Fraknói, Vilmos: Magyarország és a cambrayi liga 1509-1511. In: Századok 16 (1882) 177-201, 366-387, 705-727, 793-811.
Ders·: II. Ulászló királylyá választása. In: Századok 19 (1885) 1-20, 97-115, 193-211.
Fógel, József: II. Ulászló udvartartása 1490-1516. Budapest 1913.
Mályusz, Elemér: A magyar társadalom a Hunyadiak korában. A hübériség és rendiség problémája. In: Mátyás király. Emlékkönyv születésének ötszázéves fordulójára. Bd 1. Budapest [1940], 309-433.
Hermann, Zsuzsanna: Az 1515. évi Habsburg-Jagelló szerződés. Budapest 1961.
Bak, János M.: Königtum und Stände in Ungarn im 14.-16. Jahrhundert. Wiesbaden 1973.

Verfasser

Zsuzsanna Hermann

Empfohlene Zitierweise: Zsuzsanna Hermann, Wladislaw II., in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 470-472 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1880, abgerufen am: 08.12.2024