Njegoš, Vasilije Petrović

GND: 119087154

Vasilije Petrović Njegoš, Metropolit von Cetinje 1750-1766, * Njeguši 1709, † St. Peterburg 10.03.1766.

Leben

V. vertrat seinen Onkel, den Vladika Sava Petrovic Njegos, während dessen Rußlandreise 1742-1744. Auch in der Folgezeit überließ ihm Sava weitgehend die politischen Geschäfte des Landes, dessen eigentlicher Herrscher er wurde. 1749 wurde V. Archimandrit, und am 22. August 1750 wurde er vom serbischen Patriarchen Atanasije II. Gavrilovic in Belgrad zum Metropoliten geweiht; gleichzeitig wurde er Exarch der Pecer Patriarchie in Karlowitz (Sremski Karlovci). Letzteres führte zum Konflikt mit dem Karlowitzer Metropoliten Pavle Nenadovic, der V. im Kloster Krusedol internierte, bis er auf Intervention von Kaiserin Maria Theresia freigelassen wurde. Es folgte ein kurzer Wien-Aufenthalt, während dessen V. vergeblich versuchte, die österreichische Regierung für die montenegrinischen Belange zu interessieren. Von diesem Zeitpunkt an begann er in Rußland die einzige Hoffnung für die Erringung der montenegrinischen Unabhängigkeit zu sehen. Im Frühjahr 1752 begab sich V. mit Erlaubnis Savas nach Rußland, um dort um politische und materielle Hilfe für Montenegro nachzusuchen. Er äußerte dabei den etwas unrealistischen Plan, Rußland solle Montenegro unter seinen Schutz und den Landesnamen (Črna Gora, Brda und Primorje) mit in den Zarentitel aufnehmen. Gleichzeitig besprach er die Frage der Auswanderung von Montenegrinern nach Rußland. Um russische Regierungskreise für sein Land zu interessieren, veröffentlichte er 1754 in Moskau eine „Istorija o Cernoj Gori“ - die erste gedruckte montenegrinische Geschichte, die bald auch ins Italienische übersetzt wurde. Mit Kirchenbüchern und 5000 Rubeln für das Kloster Cetinje versehen, kehrte V. im September 1755 wieder nach Montenegro zurück. Er kam gerade rechtzeitig, um zu verhindern, daß die Montenegriner den Türken den von Sava versprochenen Tribut zahlten. Gleichzeitig nahm er auch gegenüber Venedig, das sich häufig in die inneren Angelegenheiten Montenegros einmischte, eine härtere Haltung ein als der stets auf Frieden und Ausgleich bedachte Vladika Sava. Die Venezianer sollen daraufhin versucht haben, V. zu vergiften. Auch die türkische Reaktion auf die Tributverweigerung blieb nicht aus: 1756 erfolgte ein türkischer Einfall in Montenegro, der erfolgreich verlief und die Montenegriner im Januar 1757 zu Friedensverhandlungen zwang, die in Nikšič abgehalten wurden, und in denen sich die Montenegriner verpflichten mußten, künftig keine Überfälle mehr auf türkisches Gebiet zu unternehmen, Tribut zu zahlen und keine ausländischen Gesandtschaften mehr zu empfangen. 1757 begab sich V. erneut nach Rußland; im März 1758 traf er in S. Peterburg ein und unterbreitete der Zarin Elisabeth ein großangelegtes Projekt zur Unterstützung Montenegros. Darin waren vorgesehen: 1. Rußland zahlt jährlich 50000 Cervonci (Dukaten?) an die montenegrinische Staatskasse, 2. Rußland rüstet Montenegro mit Artillerie und dazugehörigen Fachleuten aus, 3. Rußland schickt Bergwerksfachleute sowie 4. eine Druckerei nach Montenegro, 5. Rußland vermittelt Montenegro ein Bündnis mit Neapel, und 6. verpflichtet sich, junge Montenegriner auszubilden. Als Gegenleistung versprach V., der russischen Armee eine Truppe von 1000 Mann zur Verfügung zu stellen. V. wurde zwar zweimal von der Zarin empfangen und erhielt auch eine finanzielle Unterstützung seines Landes von der Regierung und vom Hl. Synod zugesichert, weiterzugehen war Zarin Elisabeth jedoch nicht bereit. Das Geld bekam zudem nicht V. ausgehändigt, sondern der russische Oberst Stefan Justinovič Pučkov, der mit ihm nach Montenegro reiste, um sich über die dort herrschenden Verhältnisse zu informieren. Im August 1759 trafen beide in Montenegro ein, wo im Kloster Stanjeviči eine Stammesversammlung stattfand, auf der Pučkov Bischof Sava als dem offiziellen Repräsentanten Montenegros das Geld der russischen Regierung übergab. Gleichzeitig regte er die Schaffung eines Gerichts und eines 12köpfigen Senats an. Pučkov blieb bis zum 20. September 1759 in Montenegro. Nach seiner Rückkehr nach Rußland verfaßte er einen verheerenden Bericht über die in Montenegro herrschenden Zustände: Die Montenegriner bezeichnete er insgesamt als Wilde und V. selbst als geldgierigen Räuber.
Nach dem Regierungsantritt Katharinas II. (1762) schickten Sava und V. ihre Neffen Nikola und Ivan ohne Wissen des Guvernadurs Vukale Radonjič nach Rußland, um die neue Zarin zur Thronbesteigung zu beglückwünschen. 1765 begab sich V. selbst wieder nach Rußland. Er reiste über Wien, wo er von Kaiserin Maria Theresia empfangen wurde, und dann über Bayern, Preußen und Kiev nach S. Peterburg, wo er bald nach seiner Ankunft verstarb. Er wurde in der Blagoveščenskij-Kirche mit einem Staatsbegräbnis beigesetzt. Sein Tod wurde in Montenegro erst bekannt, als der russische Leutnant Michail Tarasov mit der von V. ausgehandelten finanziellen Unterstützung und dem jungen Petar (I.) Petrovič Njegoš, dem späteren Vladika, den V. zum Schulbesuch nach Rußland geschickt hatte, nach Cetinje kam - im Juli 1766.
V. war zweifellos eine der hervorragendsten Persönlichkeiten aus der Frühzeit des montenegrinischen Staates; er versuchte eine größtmögliche Selbständigkeit seines Landes gegenüber Türken und Venezianern zu erlangen, indem er sich auf das ferne Rußland als orthodoxe Großmacht stützte. Er war es, der in Montenegro den „Rußland-Kult“ (Stanojevič) einführte, der eine Konstante in der montenegrinischen Politik bleiben sollte. V.s politische Ideen waren teilweise etwas unrealistisch, so der Plan eines Balkanstaates mit Montenegro an der Spitze.

Literatur

Ruvarac, Dimitrije: Vasilije Petrović, vladika crnogorski i pomoćnik patrijarha pećkog Atanasija II Gavrilovića, u ćesariji zbog stvari i utvari pećke crkve, iznesenih ovamo patrijarhom Arsenijem IV Jovanovićem Šakabentom. In: Spomenik SA 33/30 (1898) 23-36.
Tomić, Jovan N.: Crnogorski mitropolit Vasilije Petrović u Crnoj Gori po prvom povratku iz Rusije (1754-1756). In: Glas SA 88/52 (1911) 55-158.
Ders.: Mletački pokušaji trovanja Mitropolita Vasilija Petrovića 1756 godine. In: Glas SA 90/53 (1912) 114-174.
Ders.: Turski pohod na Crnu Goru 1756 godine. In: Glas SA 92/54 (1913) 256-340.
Ders.: Mitropolit Vasilije Petrović i misija pukovnika Pučkova u Crnoj Gori 1759 god. In: Glas SA 94/55 (1914) 1-73.
Ders.: Crnogorski mitropolit Vasilije Petrović i pokušaji emigracije Crnogoraca u Rusiju 1754-1757 god. In: Glas SA 96/56 (1920) 209-267.
Istorija Crne Gore. Bd III/1. Titograd 1975.
Stanojević, Gligor: Mitropolit Vasilije Petrović i njegovo doba 1740-1766. Beograd 1978.

Verfasser

Peter Bartl (GND: 133417492)

Empfohlene Zitierweise: Peter Bartl, Njegoš, Vasilije Petrović, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 390-392 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1832, abgerufen am: 28.04.2024