Tvrtko I. Kotromanić

GND: 1011847973

Tvrtko I. Kotromanić, bosnischer Ban 1353-1377 und König 1377-1391, † 10. (?)03. 1391, Sohn Vladislavs Kotromanić und der Jelena Šubić.

Leben

Nach dem Tode Stefans II. Kotromanic wurde, weil männliche Nachkommen nicht vorhanden waren, sein erst fünfzehnjähriger Neffe T. zum Ban gewählt. Bosnischem Brauch gemäß hatte auch die Familie, in erster Linie der Vater, der jedoch bald darauf starb, sowie Mutter und Bruder an der Herrschaft Anteil.
Die ersten Jahre T.s brachten Bosnien den Verlust des Landes Hum, das noch Stefan II. Kotromanic als Mitgift für seine Tochter Elisabeth König Ludwig I. von Ungarn versprochen hatte. Überdies setzte der ungarische König alte Rechte wieder in Kraft und beschnitt damit die Herrschaft des Bans. 1357 bestätigte Ludwig I. unter den Bedingungen, daß einer der Brüder immer am ungarischen Hof zu weilen habe und beide gegen die Bogomilen vorzugehen hätten, die Herrschaft T.s und Vuks über Bosnien und Usora (ein nordöstlich von Bosnien gelegenes ungarisches Banat, das bereits zuvor zeitweise Bosnien unterstellt worden war).
1363 mußte T. zwei Feldzüge des ungarischen Königs abwehren, deren Anlässe nicht bekannt sind. Daß es Bosnien gelang, die Ungarn zu schlagen, festigte das Selbstvertrauen T.s beträchtlich. Jedoch schon 1366 mußte T., als ein Aufstand des Adels seinen Bruder an die Macht brachte, nach Ungarn fliehen. T. erhielt - sicherlich nicht ohne erneute Sicherung des Lehnsverhältnisses - ungarische Truppen, die ihn binnen kurzer Zeit wieder an die Herrschaft brachten.
Durch die Unterwerfung Dalmatiens und Dubrovniks unter ungarische Hoheit 1358 einerseits und durch den Zerfall des serbischen Zarenreiches andererseits, ergaben sich für T. langfristig günstige Konstellationen. Nach längeren Streitigkeiten mit serbischen Landesherren gelang es T. 1373 mit ungarischer Hilfe und im Bündnis mit Fürst Lazar, Zupan Nikola Altomanovic, der einen beträchtlichen Teil Serbiens in seine Gewalt gebracht hatte, zu schlagen und mit Lazar dessen Gebiet zu teilen. Nachdem so ein großer Teil des heutigen Montenegro zu T. gekommen war, wurde er intensiv in serbische Angelegenheiten einbezogen. Unter Hinweis auf seine Abkunft mütterlicherseits von den Nemanjiden ließ T. sich im serbischen Kloster Mileseva zum König von Serbien und Bosnien krönen (26.10. 1377). Diese Würde wurde von einem Teil der serbischen Landesherrn anerkannt, in Bosnien scheint sie keine wesentliche Festigung der Zentralgewalt verursacht zu haben, weil dort eine legitimierende Staatskirche fehlte.
In Dalmatien bot sich T. nach dem Tode seines Lehnsherrn Ludwig I. dadurch günstige Gelegenheit, daß er im Thronfolgestreit die Partei der Anjou ergriff und zwischen 1387 und 1390 fast ganz Dalmatien unter seine Herrschaft brachte. Eine Konsolidierung dieser Erwerbungen gelang T. nicht mehr; sein Tod am 10. (?) März 1391 beendete die Periode bosnischen Erstarkens.
Die außenpolitischen Erfolge T.s beruhten auf den wirtschaftlichen Grundlagen, die zur Zeit Stefans II. Kotromanic gelegt worden waren. Die Silber-, Blei- und Kupferproduktion wuchs weiter an, denn neben der Ertragssteigerung aus den älteren Bergwerken wurden die neuen in Nordostbosnien ausgebaut. Den Handel wickelten zwar weiterhin vor allem die Dalmatiner ab, jedoch begannen nun auch einheimische Kaufleute eine Rolle zu spielen. Von den Bergwerksstädten ausgehend begann eine Urbanisierung Bosniens, ein Prozeß, den T. durch Förderung und Gründung neuer Städte, unter ihnen der Adriahafen [Herceg] Novi, unterstützte.

Literatur

Thallóczy, Ludwig von: Studien zur Geschichte Bosniens und Serbiens im Mittelalter. München 1914.
Ćorović, Vladimir: Kralj Tvrtko I. Kotromanić. Beograd 1925.
Ćirković, Sima: Istorija srednjovekovne bosanske države. Beograd 1964.
Ders.: Sugubi venac. (Prilog istoriji kraljevstva u Bosni). In: Zborn. filoz. Fak., Beograd 8 (1964) 343-370.
Mihaljčić, Rade: Kraj srpskog carstva. Beograd 1975. F. Kämpfer

Verfasser

Frank Kämpfer (GND: 129105678)

Empfohlene Zitierweise: Frank Kämpfer, Tvrtko I. Kotromanić, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 366-367 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1812, abgerufen am: 19.04.2024