Prohászka, Ottokár

GND: 119381826

Prohászka, Ottokár, ungarischer Bischof, * Neutra 10.10.1858, † Budapest 02.04.1927, Sohn eines nach Neutra versetzten tschechischen Verwaltungsbeamten und einer deutschen Kaufmannstochter aus Neutra.

Leben

Nach dem Besuch des Gymnasiums in Losonc, bei den Piaristen in Neutra und den Jesuiten in Kalocsa studierte P. 1875-1882 am Collegium Germanico-Hungaricum in Rom. Nachdem er den philosophischen und theologischen Doktor erworben hatte, wurde er 1882 Theologieprofessor und Spiritual des Priesterseminars in Gran. P. beabsichtigte, auch in den Jesuitenorden einzutreten, doch verweigerte ihm der Bischof die Erlaubnis.
Die Verwirklichung seines Lebenszieles - die religiöse und gesellschaftliche Erneuerung Ungarns - begann P. mit der Modernisierung der ungarischen Priesterausbildung und der Studienordnungen an den Priesterseminaren. Zur Unterstützung seiner Bestrebungen veröffentlichte er u. a. die Bücher „Diadalmas világnézet“ (Siegreiche Weltanschauung, 1903), „Modern katolicizmus“ (1907) und „Elmélkedések az Evangéliumról“ (Betrachtungen über das Evangelium, 1908). Durch seine Mitarbeit entstanden zwei bedeutende Einrichtungen: Die Priestervereinigung „Regnum Marianum“ (1902) und die Frauenkongregation „Szociális Missziótársulat“ (Soziale Missionsgesellschaft, 1908). Nachdem P. 1904 an der theologischen Fakultät der Universität Budapest Professor für Dogmatik geworden war, folgte am 11. Dezember 1905 seine Berufung zum Bischof von Stuhlweißenburg und am 21. Dezember 1905 seine Bischofsweihe durch Papst Pius X.
Seit der Jahrhundertwende setzte sich P. in zahlreichen Ansprachen im ganzen Land für seine Reformbestrebungen ein. Sein Ideal war ein christlicher Sozialismus, den er gegen den Liberalismus und Sozialismus verteidigte (vgl. seine Schrift „Kultúra és terror“, 1918). Mit seinen Agrarreformvorschlägen, die er im April 1916 dem Kongreß des „Ungarischen Landwirteverbandes“ (Magyar Gazdaszövetség) unterbreitete, konnte sich P. nicht durchsetzen. Von 1920 bis 1922 war er Abgeordneter im ungarischen Parlament, dann Vorsitzender der im Februar 1919 von Klebelsberg und István Bethlen gegründeten „Partei der Christlichen Nationalen Einheit“ (Keresztény Nemzeti Egyesülés Pártja, KNEP).
P.s philosophische Vorstellungen waren stark von Henri Bergson, Friedrich Nietzsche sowie vom Existentialismus und Personalismus der Jahrhundertwende beeinflußt. Seinen umfangreichen Nachlaß (összegyüjtött munkái) hat Antal Schütz in 25 Bänden 1928/29 in Budapest herausgegeben.

Literatur

Sík, Sándor: Gárdonyi, Ady, Prohászka. Budapest 1928.
Schütz, Antal: Prohászka pályája. In: Prohászka, Ottokár: Összegyüjtött munkái. Bd 25. Budapest 1929, 1-152.
Muharay, Edith: La pansée politique et sociale de Prohaszka Ottokar. Louvain 1965.
Szabó, Ferenc: Prohászka „egzisztencializmusa“. In: Katolikus Szemle (1967) 1, 5-16.
Gergely, Jenő: Ottokár Prohászka und der politische Katholizismus. In: Ann. Univ. Budapest, Sect. hist. 15 (1974) 77-104.

Verfasser

Emmerich András (GND: 122422015)

Empfohlene Zitierweise: Emmerich András, Prohászka, Ottokár, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 490-491 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1559, abgerufen am: 13.10.2024