Moruzi

GND: 124467849

Moruzi (Murusis), Phanariotenfamilie, deren Vorfahren Alexios I. Megas Komnenos 1204 bei der Gründung des Kaiserreiches von Trapezunt beigestanden haben und die bis zur Mitte des 17. Jh.s im Trapezunter Vorort Moruzanda (auch Ponte Ipsala) lebten. Von ihnen stammen ab die Familien der Fürsten Ipsilanti, der Fürsten Hangerli, der moldauischen Bojaren Iamandi und die Familie M. Letztere stellte im 18. und 19. Jh. eine Reihe hoher ziviler Würdenträger des orthodoxen Patriarchats, Großdragomanen der Flohen Pforte und Woiwoden der rumänischen Fürstentümer.

Leben

Constantin (Konstantinos) M., Fürst der Moldau 1777-1782, * Istanbul 1730, † ebd. 01.05.1787, Sohn des Dimitrios M., wurde 1765 zum Postelnic und im September 1774 zum Großdragoman ernannt. Es gelang ihm durch Intrigen, den moldauischen Fürsten Grigore III. Alexandru Ghica im Oktober 1777 zu stürzen und selber den Fürstenthron zu besteigen. Schon bald nach seiner Thronbesteigung geriet er in Gegensatz zu den ihre Interessen verteidigenden Anführern der Großbojaren, Manolache Bogdan und Ioniţă Cuza; es gelang ihm jedoch zunächst, sich ihrer zu entledigen. Da er in der Folgezeit aber den Wünschen der Pforte nach Getreide für die osmanische Armee nur teilweise entsprach, geriet seine Herrschaft bald ins Wanken, nicht zuletzt auch wegen seiner autarken Zollpolitik gegenüber Rußland. Russische Intrigen und Verleumdungen der moldauischen Bojaren veranlaßten die Pforte letzten Endes, ihn im Juni 1782 durch den Fürsten Alexandru (Deli Bey) Mavrocordat (1782-1785) zu ersetzen. Constantin M., der mit Smaragda Ghica verheiratet war, hatte vier Söhne und vier Töchter.
Alexandru (Alexandros) M., Großdragoman der osmanischen Flotte, Fürst der Moldau 1792, 1802-1806, 1806-1807, Fürst der Walachei 1793-1796, 1799 bis 1801, * Istanbul um 1758, † ebd. 1816, Sohn von Constantin M. - Alexandru sollte nach einem französischen Vorschlag 1805 zum Herrscher beider Donaufürstentümer bestellt werden. Der nach persönlicher Macht strebende und sich deshalb mit allen Mächten gutstellende Fürst unternahm innenpolitisch den Versuch, das Justizwesen von der Verwaltung zu trennen, was am Widerstand des auf die Bewahrung ihrer Privilegien erpichten Beamtentums scheiterte. Sein Agrargesetz vom 15. (3.) Januar 1805 brachte eine Erleichterung des Frondienstes. Seine Absetzung als Fürst der Moldau war mit eine der Ursachen des russisch-türkischen Krieges 1806-1812. Dimitrios M., Großdragoman der Pforte, * Istanbul 1768, † Šumen 25.09.1812 (enthauptet auf Befehl Mahmuds II.), Sohn von Constantin M., unterhielt enge Beziehungen zu Frankreich und Rußland. Er handelte im Auftrag Mahmuds II. den Bukarester Frieden vom 28. Mai 1812 aus. Seine Enthauptung sowie die seines jüngeren Bruders Panajotis (08.11.1812), der etliche Jahre Großdragoman der osmanischen Flotte gewesen war, erfolgte nicht zuletzt wegen ihres Zusammenspiels mit Rußland. Entgegen den von der Pforte erteilten Anweisungen und Erwartungen hatte Dimitrios in die Abtretung der ostmoldauischen Provinz Bessarabien an Rußland eingewilligt. Auch ein weiterer Bruder, Georgios, 1792-1796 Großdragoman, endete wegen Treuebruchs gegenüber Selím III. 1796 auf dem Schafott. Ungeachtet dieser zweifelhaften Erfahrungen der Pforte mit der Familie M. erließ Mahmud II. im Januar 1819 eine Bestimmung, wonach neben den Angehörigen der Familien von Scarlat Callimachi, Alexandru Suţu und Mihai Suţu auch jene der M.-Familie den Thron eines der beiden Donaufürstentümer besteigen durften. Jedoch stellten die M. nach Alexandru keinen weiteren Landesfürsten. Ihre Nachkommen spielten allerdings zum Teil bedeutende Rollen in der rumänischen und griechischen Politik und Kultur. Die drei Söhne des Fürsten Alexandru M. besetzten hohe Ämter im Osmanischen Reich: 1) Konstantinos M. war bis 1821 Großdragoman; 2) Nikolaos M., ebenfalls etliche Jahre Großdragoman, nahm aktiv Anteil am griechischen Aufstand und wurde am 16. April 1821 enthauptet; 3) Dimitrios M. war Sekretär beim Großdragoman der Hohen Pforte. 1821, nach der Enthauptung seines Bruders Nikolaos, gelang ihm die Flucht nach Odessa. Später ließ er sich bei Galatz nieder, wo er 1844 verstarb. Alexandru M., * Istanbul 29.08.1805, † Phokäa (Foça; am Golf von Izmir) 25.04.1873, Sohn von Konstantinos M. und Enkel des Fürsten Alexandru M., war Finanzminister und 1861 -1862 Ministerpräsident Rumäniens. Constantin M., * Istanbul 1816, † Odessa 26.02.1886, Sohn des Dimitrios M. und Enkel des Fürsten Alexandru M., hat sich in der Moldau für die Agrarreform eingesetzt und nahm aktiv Anteil an der Vorbereitung der Revolution von 1848/49 in Jassy. Nach der Vertreibung Alexandru Ioan Cuzas 1866 trat er für die Trennung der Moldau von der Walachei ein. 1848, 1854 und 1866 wurde er des Landes verwiesen. Obwohl 1855 in den russischen Adelsstand erhoben, fühlte er sich seiner moldauischen Heimat verbunden.
Alexandru M., rumänischer Politiker und Volkswirtschaf der, * Istanbul 30.03.1817, † Pechea (Kreis Covurlui) 06.02.1878, Sohn des Dimitrios M., war Abgeordneter und Bürgermeister von Galatz. Dumitru M., * Jassy 02.07.1850, † ebd. 09.10. 1914, Sohn von Constantin M., hat als begabter Memoirenschreiber die expansionistische Politik Rußlands verurteilt. Als russischer Offizier hatte er noch am russisch-türkischen Krieg von 1877/78 teilgenommen, dann jedoch, als Rumänien im Frieden von San Stefano 1878 den südlichen Teil Bessarabiens an Rußland abtreten mußte, seine in der Ostmoldau gelegenen Güter verlassen und sich nach Rumänien abgesetzt. Dumitru M. war einer der wichtigsten Vorkämpfer einer Wiedervereinigung Bessarabiens mit Rumänien.

Literatur

Rizo-Rangabé, Eugène: Livre d’or de la noblesse Phanariote en Gréce, en Roumanie, en Russie et en Turquie. Athénes 1892, 1904(2), 87-93.
Moruzi, Dumitru C.: Pribegi în ţara răpită. Iaşi 1912.
Bezviconi, Gheorghe: Prinţul Constantin Moruzi. In: Revista istorică 26 (1940) 154-170.
Slăvescu, Victor: Viaţa şi opera economistului Alexandru D. Moruzi. Bucureşti 1941.
Ionescu, Ştefan: Bucureşti în vremea Fanarioţilor. Cluj 1974.

Verfasser

Dionisie Ghermani (GND: 118893238)

Empfohlene Zitierweise: Dionisie Ghermani, Moruzi, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 238-240 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1399, abgerufen am: 18.04.2024