Lazarević, Stefan

GND: 118966790

Lazarević, Stefan, serbischer Fürst 1389-1402 und Despot 1402-1427, * um 1377, † Drvenglava oder Glavica (heute Crkvina) 19.07.1427, Sohn des Fürsten Lazar.

Leben

 Nach dem Tode Lazars in der Schlacht auf dem Amselfeld (15.06.1389) übernahm zunächst seine Witwe Milica die Regentschaft für L. Gleichwohl sind die schweren Entschlüsse, die Oberherrschaft der Osmanen anzuerkennen und eine Schwester L.s, Olivera-Despina, in den Harem Sultan Bayezids I. zu geben, sicherlich nicht ohne Mitwirkung L.s gefallen. Als türkischer Vasall weilte L. häufig am Sultanshof und nahm regelmäßig an den Eroberungskriegen der Osmanen gegen christliche Reiche teil. In der Schlacht gegen Mircea den Alten (Rovine 17.05.1395) und König Sigismund von Ungarn (Nikopolis 25.09.1396) zeichnete sich L. als tapferer Streiter aus. Die Schlacht von Nikopolis soll durch L. und seine serbischen Truppen zu Ungunsten der Christen entschieden worden sein. Ein mißglückter Feldzug nach Bosnien 1398 brachte L. vorübergehend die Ungnade Bayezids ein, die jedoch seine Mutter Milica durch persönliches Erscheinen am Sultanshof bereinigen konnte. Die vernichtende Niederlage der Osmanen gegen Tamerlan bei Angora (Ankara) am 28. Juli 1402 befreite L., der sich und seine Truppen retten konnte, aus der Vasallität. In Konstantinopel erhielt er vom byzantinischen Mitkaiser Johannes VII., dessen Schwägerin L. bald darauf heiratete, die Despotenwürde. Von Konstantinopel aus besuchte L. Lesbos, um seine zukünftige Gattin, Helena Gattilusio, kennenzulernen (die Heirat fand erst 1405 statt). Über Albanien kehrte L. dann nach Serbien zurück, nicht ohne zuvor ein durch Türken verstärktes Heer der Brankovići schlagen zu müssen. In der Folge änderte L. seine Politik, indem er sich unter die Oberherrschaft des ungarischen Königs stellte, wofür er das Banat Mačva (Machow) und die Festung Belgrad als Lehen erhielt. Als ungarischer Magnat weilte L. häufig in Ofen und nahm u. a. an der Krönung Sigismunds zum deutschen König in Aachen (1410) und am Konzil von Konstanz (1414-1418) teil. Während der Nachfolgekriege bei den Osmanen gelang es L., aus den damit verflochtenen Kämpfen gegen seinen Bruder Vuk und die Brankovići als Sieger hervorzugehen und dem osmanischen Prinzen Mehmed zur Alleinherrschaft zu verhelfen. 1412 konnte der kinderlose L. seinem einzigen überlebenden Verwandten, Djuradj Branković, Versöhnung und die Nachfolge anbieten, so daß die das Land verwüstenden Kämpfe aufhörten; 1413 wurde Mehmed I. durch die aktive Unterstützung L.s mit seinen Gegnern fertig, wodurch Serbien eine längere Friedensperiode erhielt. Außenpolitische Aktivität begann L. erst wieder, als sich ihm 1421 die Gelegenheit bot, als Erbe der Balšići die Zeta zu erwerben. Der daraus folgende Konflikt mit Venedig brachte zwar nicht den erhofften Gewinn, weil die Belagerung Skutaris ergebnislos blieb, jedoch kamen die Städte Antivari (Bar), Budva und Drivasto im Frieden von Bojana vom 12. August 1423 zum serbischen Despotat. Gegen Ende seines Lebens mußte sich L. neuer türkischer Angriffe erwehren. 1426 unternahm Sultan Murad II. einen Balkanfeldzug, in dessen Verlauf Serbien bis Kruševac geplündert wurde, 1427 drohte ein Angriff auf Vidin, auf dessen Nachricht hin L. nach Belgrad eilte. Auf dem Wege erlitt er einen Herzschlag und starb am folgenden Tage, dem 19. Juli 1427. Im Jahr zuvor hatte L. auf einem Reichstag in Srebrnica seinen Neffen Djuradj Branković zum Nachfolger bestimmt und diese Regelung im Vertrag von Tata mit König Sigismund außenpolitisch abgesichert (Mai 1426), wobei allerdings das Banat Mačva mit Belgrad und Golubac an Ungarn zurückfielen. L. ist nach König Stefan dem Erstgekrönten der zweite serbische Herrscher, der sich literarisch betätigte. Das „Slovo ljubve“ (Lied der Huld), ein Akrostichon, ist mit Sicherheit von der Hand L.s, während die „Inschrift der Marmorsäule auf dem Amselfeld“ und einige andere Werke ihm mit unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit zugeschrieben werden. Als Förderer von Literatur und Kunst bot er Mönchen aus den bereits von Türken eroberten Gebieten des Balkans Zuflucht, unter ihnen Konstantin von Kostenec, „der Philosoph“, der neben Übersetzungen auch grammatische Schriften und 1431/32 die Vita L.s verfaßte. Im Grabkloster L.s, Manasija-Resava, war unter L. und seinen Nachfolgern die sogenannte Schreiberschule von Resava tätig, die ein wichtiges Zentrum slawisch-orthodoxer Gelehrsamkeit wurde. Zu seiner Zeit erlebte Serbien vor allem im Bergbau einen großen wirtschaftlichen Aufschwung, wovon das Bergrecht und das Statut für Novo Brdo von 1412 zeugen. Sowohl osmanischer als auch ungarischer Vasall, glänzender Feldherr und kunstliebender Mäzen, als Dichter bekannt und als Gelehrter gerühmt, war L. eine bemerkenswerte Gestalt der europäischen Frührenaissance. In der politischen Schwebe zwischen zwei Großmächten gelang es L., den Zerfall Serbiens in einzelne Herrschaften, wie er im benachbarten Bosnien zu sehen war, zu verhindern und das Land in eine letzte wirtschaftliche und kulturelle Blüte zu führen.

Literatur

Stanojević, Stanoje: Die Biographie Stefan Lazarević’s von Konstantin dem Philosophen als Geschichtsquelle. In: Arch. slav. Philol. 18 (1896) 409-472.
Braun, Maximilian: Lebensbeschreibung des Despoten Stefan Lazarević von Konstantin dem Philosophen. Göttingen 1956.
Radojičić, Djordje Spasoje: Književna stremljenja despota Stefana Lazarevića. In: Letop. Matice srpske 377 (1956) 583-601.
Ders.: Antologija stare srpske književnosti (XI- XVIII veka). Beograd 1960.
Zakon o rudnicima despota Stefana Lazarevića. (Jus metallicum despotae Stephani Lazarević). Hrsg. Nikola Radojčić. Beograd 1962.
Kašanin, Milan: Resava despota Stefana. In: Zograf. Časopis za srednjovekovnu umetnost 3 (1969) 3-10.
Čirković, Sima: Moravska Srbija u istoriji srpskog naroda. In: Moravska škola i njeno doba. Beograd 1972, 101-109.
Božić, Ivan: Srpske zemlje u doba Stefana Lazarevića. In: Moravska škola i njeno doba. Beograd 1972, 111-122.
Kašanin, Milan: Srpska književnost u srednjem veku. Beograd 1973.

Verfasser

Frank Kämpfer (GND: 129105678)

Empfohlene Zitierweise: Frank Kämpfer, Lazarević, Stefan, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 14-16 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1237, abgerufen am: 29.04.2024