Kopitar, Bartholomäus

GND: 11856529X

Kopitar, Bartholomäus (Jernej), slowenischer Philologe und Slawist, * Repnje (Oberkrain) 21.08.1780, † Wien 11.08.1844, Sohn eines Landwirtes.

Leben

 Nach Absolvierung des Laibacher Lyzeums im Jahre 1800 und einigen Hauslehrerjahren bei dem patriotischen Mäzen Siegmund Freiherr von Zois kam K. 1808 zum Studium der Rechtswissenschaften nach Wien. Durch Vermittlung seines Gönners wurde er jedoch 1810 Zensor der „slawischen und griechischen“ Bücher und zugleich Skriptor an der Hofbibliothek. Hier wirkte und arbeitete er, später zum Kustos und Hofrat aufrückend, als einer der großen Philologen jener Zeit bis an sein Lebensende. Entscheidend auf K.s geistige und wissenschaftliche Entwicklung wirkten verschiedene Faktoren ein. Die Kenntnis der deutschen Philologie und Germanistik von Johann Adelung bis Jacob Grimm äußerte sich besonders in seiner historisch-etymologisch betonten Forschungsweise. Überaus wichtig war sein Schülerverhältnis zu Josef Dobrovský, mit dem er eng zusammenarbeitete, weshalb er sich auch als dessen legitimer Erbe betrachtete. Diese Position als „erster Slawist“ verteidigte K. als gefürchteter Polemiker rechthaberisch und streitsüchtig wie alle seine Ansichten. Tatsächlich ist er über seinen eigenen Schüler Franz von Miklosich zum Begründer der Wiener slawistischen Schule geworden. Aus K.s strengem Katholizismus mit Ablehnung alles Orthodoxen und besonders Russischen, resultierte schließlich sein betonter Austroslawismus, der gelegentlich Forschung und Ergebnisse färbte. Viele von K.s Plänen und Ideen sind unverwirklicht geblieben. Ein beachtlicher Teil seiner weitläufigen, scharfsinnigen Kenntnisse verströmte in der außerordentlich umfangreichen Korrespondenz mit der ganzen sprachgelehrten Welt seiner Zeit und in der erstaunlich selbstlosen Hilfsbereitschaft für andere. An erster Stelle bleibt hier Vuk Karadžić zu nennen. So ist außer vielen kleinen Beiträgen nur ein größeres Werk, der „Glagolita Clozianus“ (1836), von ihm erschienen. Im Mittelpunkt von K.s Interesse stand das Altkirchenslawische, dessen vermeintlich pannonisch-slowenischen Ursprung er vertrat. Beschäftigt hat ihn auch das Alter der beiden slawischen Schriftarten und die Schaffung eines gemeinsamen (selbstverständlich lateinischen) Alphabets für alle slawischen Völker. Am wenigsten Glück hatte K. in der Slowenistik trotz seiner slowenischen Grammatik aus dem Jahre 1808 (Grammatik der slawischen Sprache in Krain, Kärnten und Steyermark, Nachdruck München 1970); die Entwicklung ist über ihn hinweg verlaufen. Nur noch historische Bedeutung haben auch viele andere philologische Fragen, mit denen er sich auseinandersetzte. Eine Biographie über den geistreichen und widerspruchsvollen Gelehrten, dessen eigentliche Wirkung in Anregungen bestand, liegt noch immer nicht vor.

Literatur

Kopitar , Barth[olomäus]: Kleinere Schriften. Hrsg. Franz Miklosich. Wien 1857.
Marn, Josip (Hrsg.): Kopitarjeva spomenica. Ljubljana 1880.
Petrovskij, Nikolaj M.: Pervye gody dejatel’nosti V. Kopitarja. Kazan’ 1906.
Paul, Karel: Bartoloměj Kopitar a Pavla Josefa Šafaříka Geschichte der slawischen Sprache und Literatur. In: Slavia 5 (1926) 58-64.
Grivec, Franc: Ob stoletnici Kopitarjeve smrti. In: Bogoslovni Vestnik 24 (1944) 1-18.
Nahtigal, Rajko: Jernej Kopitar. In: Letopis Slovenske akademije znanosti in umetnosti 2 (1947) 185-191.
Hafner, Stanislaus: Bartholomäus Kopitar und die slawischen Handschriften der Athosklöster. In Südost-Forsch. 18 (1959) 89-122.

Verfasser

Josef Hahn (GND: 1121331297)

Empfohlene Zitierweise: Josef Hahn, Kopitar, Bartholomäus, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 470-471 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1176, abgerufen am: 18.04.2024