Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Trubar, Primož
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Trubar, Primož

Trubar, Primož, protestantischer Reformator und Begründer der slowenischen Schriftsprache, * Raščica 9.06.(?) 1508, † Derendingen (bei Tübingen) 28.06.1586.

Leben

Der Sohn des Müllers Miha T. sollte auf Wunsch seines Vaters Priester werden. Er besuchte zuerst die Lateinschule in Rijeka (etwa 1520-1521) und anschließend die Schule des Benediktinerklosters St. Peter in Salzburg (1521-1524). Für seine innere Entwicklung wurden die Jahre 1524- 1527 entscheidend, da er als Kammerdiener des Triester Bischofs Pietro Bonomo gleichzeitig an dessen privaten Studienzirkeln teilnahm und hier die Schriften von Erasmus, Calvin und anderen Humanisten und Reformatoren kennenlernte. Mit dem Ertrag einer ihm vom Bischof verliehenen Pfarrei, die er von einem Vikar verwalten ließ, konnte T. seine Ausbildung an der Bürgerschule St. Stefan in Wien fortsetzen. Nach dem türkischen Vorstoß kehrte er im Herbst 1529 nach Triest zurück, wo er im Jahr darauf die niederen Weihen empfing. Im Laufe seiner Ausbildung und insbesondere während seiner nun folgenden Tätigkeit als Pfarrer in Tüffer (Laško) und später (ab 1535) in Laibach (Ljubljana) kam T. immer mehr zu der Überzeugung, daß die katholische Kirche zu einem großen Teil für die Rückständigkeit des slowenischen Volkes verantwortlich sei. Deshalb kämpfte er vor allem gegen den verbreiteten religiösen Fanatismus an, ohne sich jedoch schon zum Protestantismus zu bekennen. Um sich den in Laibach gegen ihn einsetzenden Anfeindungen zu entziehen, kehrte er 1540 nach Triest zurück und wurde Hofkaplan des Bischofs. Da er jedoch auch hier von seinen Gegnern nicht verschont blieb, ging er 1542 erneut nach Laibach, wo ihm Bonomo ein Kanonikat beschafft hatte. Als 1547 unter dem Bischof Urban Textor eine systematische Protestantenverfolgung begann, entging T. der drohenden Verhaftung durch seine Flucht nach Deutschland. Erst jetzt brach er endgültig mit dem Katholizismus, nachdem er exkommuniziert und sein Vermögen beschlagnahmt worden war. Unter dem Einfluß des Nürnberger Predigers Veit Dietrich wandte er sich dem Luthertum zu und besiegelte den Bruch mit der katholischen Kirche, indem er 1549 heiratete.
Nach kurzem Aufenthalt in Nürnberg erhielt er durch Vermittlung Dietrichs eine Stelle als Prediger in Rothenburg/T. Auch in der Fremde sah er in der Überwindung der Rückständigkeit seines Volkes und in der Verkündung von Gottes Wort in der Muttersprache seine hauptsächlichen Aufgaben. In Nürnberg hatte er gesehen, wie wichtig es ist, die Bibel und andere Schriften in die Volkssprache zu übersetzen; wahrscheinlich hatte er hier tschechische Drucke gesehen und erkannt, daß sich auch das Slowenische mit deutschen Lettern drucken ließe. Unter schwierigen materiellen Bedingungen begann T. in Rothenburg mit der Übersetzung religiöser Schriften. Schließlich gelang es ihm mit Unterstützung des Herzogs Christoph von Württemberg, im Jahre 1551 seine ersten slowenischen Bücher drucken zu lassen: einen „Catechismus in der windischen Sprache“, der ein Kompendium aus Werken von Luther, Johannes Brenz, Veit Dietrich und Matthias Flacius (Matija Vlacic) darstellte, sowie ein „Abecedarium“ mit kurzgefaßtem Katechismus. Beide Bücher sollten gleichermaßen der Verbreitung des Lesens und Schreibens und der religiösen Bildung dienen. T. hatte die krainische Mundart seiner unmittelbaren Heimat zur Grundlage seiner Schriftsprache gemacht, was angesichts der zentralen Lage von Krain in der Vielfalt der slowenischen Dialekte und lokalen Varianten eine glückliche Entscheidung war und viel zur Verallgemeinerung der Schriftsprache beigetragen hat.
Im Juni 1553 trat T. eine neue Stelle als Stadtpfarrer in Kempten an, und da nun die finanziellen Sorgen ihn nicht mehr so stark belasteten, konnte er sich noch intensiver als bisher der Übersetzungsarbeit widmen. Dies geschah insbesondere, nachdem er mit dem früheren Bischof von Koper und jetzigen Berater Herzog Christophs, Petar Pavao Ver gerije, in Kontakt gekommen war, der ihn drängte, die Übersetzung der Bibel in Angriff zu nehmen, die Verwendung der lateinischen Schrift anregte und für die Unterstützung des Drucks sorgte. Ergebnis dieser nur etwas über ein Jahr dauernden Zusammenarbeit waren vier übersetzte und gedruckte Bücher, darunter als erster Teil der begonnenen Übersetzung des Neuen Testaments das Matthäus-Evangelium, „Ta evangeli svetiga Matevža“ (1555). Weitere Übersetzungen wurden in dichter Folge gedruckt (1557 „Ta prvi dejl noviga testamenta“, enthaltend die Evangelien, die Gesta Apostolorum und einen slowenischen Kalender; 1560 „Ta drugi dejl noviga testamenta“; 1561 „Svetiga Pavla ta dva listi h tim Korintarjem inu ... Galatarjem“; 1562 „Artikuli“, eine freie Kontamination der drei lutherischen Konfessionen), wobei die Druckkosten zum Teil aus Beiträgen protestantischer Gemeinden in Slowenien aufgebracht wurden.
Nicht zuletzt mit dem Gedanken, die slawischen Völker des Balkans für die neue Religion zu gewinnen und so den Vormarsch der Türken aufzuhalten, war schon während der Zusammenarbeit mit Vergerije die Idee entstanden, die protestantischen Bücher auch in andere slawische Sprachen zu übersetzen. T. gewann für dieses Vorhaben Stjepan Konzul, der 1557 mit der Übersetzung des Neuen Testaments in das Kroatische begann. Aus dieser Kooperation, der sich 1561 auch Antun Dalmatin anschloß, entwickelte sich eine slawische Bibelanstalt, in der zuerst überwiegend T.s slowenische Werke übersetzt wurden. Der Druck der Bücher in glagolitischen, kyrillischen und lateinischen Lettern erfolgte in einer Druckerei in Urach, die von Baron Hans Ungnad finanziert wurde. Da T. dieses Unternehmen mitbegründet hatte und es anfänglich selbst leitete, konnte er der Berufung zum Superintendenten der slowenischen Kirche erst im Juni 1562 Folge leisten und nach Laibach übersiedeln, wo er von den Bürgern begeistert empfangen wurde. Nachdem er 1564 eine slowenische Kirchenordnung („Slovenska cerkovna ordninga“) veröffentlicht hatte, in der er die Organisation der protestantischen Kirche und des slowenischen Schulwesens entwarf, damit aber mit den Befugnissen der weltlichen Macht in Konflikt geriet, mußte er das Land 1565 erneut verlassen und endgültig nach Deutschland zurückkehren. Zuerst in Lauffen am Neckar und ab 1566 ständig in Derendingen ansässig, widmete sich T. neben seinem Pfarramt weiterhin der Übersetzung und Schriftstellerei - finanziell in gesicherter Position, da ihm die Krainer Landstände die Provision als Superintendent bis zu seinem Lebensende fortzahlten.
Als einzige Übersetzung aus dem Alten Testament veröffentlichte er 1566 „Ta celi psalter Davidov“, sein Hauptaugenmerk galt aber weiter dem Neuen Testament, woraus er 1567 „Svetiga Pavla listuvi“ und 1577 „Noviga testamenta puslednji dejl“ drucken ließ, um schließlich 1582 das gesamte Neue Testament („Ta celi novi testament) herauszubringen. Daneben hatte er 1567 eine Liedersammlung („Eni psalmi...“) mit teilweise recht originellen Eigenschöpfungen und 1575 und 1579 weitere Lieder und Psalmen veröffentlicht. Seine letzte Ubersetzungsarbeit galt der Lutherschen Hauspostille, die postum von seinem Sohn Felicijan herausgegeben wurde („Hišna postila“, 1595).
Obwohl ein wesentlicher Teil seines reformatorischen Werks von der Gegenreformation alsbald zunichte gemacht wurde, hatte T. doch gezeigt, daß sich die nur noch von den un gebildeten Bauern gesprochene slowenische Sprache durchaus als Schriftsprache eignet, und er hat auf diese Weise zur nationalen Erhaltung des starker Germanisierung ausgesetzten slowenischen Volkes beigetragen. Indem er die kroatischen Übersetzungen und Drucke von Konzul und Dalmatin anregte und förderte, hat er darüber hinaus als erster eine gemeinschaftlich-südslawische kulturelle Aktivität in die Wege geleitet.

Literatur

Elze, Theodor: Die Superintendenten der evangelischen Kirche in Krain während des sechzehnten Jahrhunderts. Wien 1863.
Kidrič, Fran: Bibliografski uvod v zgodovino reformacijske književnosti pri južnih Slovanih v XVI. veku. Ljubljana 1927.
Rupel, Mirko: Slovenski protestanski pisci. Ljubljana 1934.
Kidrič, Francè: Primož Trubar. Ljubljana 1951.
Rupel, Mirko: Primož Trubar. Ljubljana 1962. (Deutsche Übersetzung München 1965.)

Verfasser

Gottfried Prunkl (GND: 172322057)

GND: 118761005

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd118761005.html


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Empfohlene Zitierweise: Gottfried Prunkl, Trubar, Primož, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 350-352 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1804, abgerufen am: (Abrufdatum)

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