Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Theodoros I. Laskaris
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Theodoros I. Laskaris

Theodoros I. Laskaris, byzantinischer Kaiser in Nikaia 1204-1222, * ca. 1175, † Nikaia ca. August 1222.

Leben

Th., der nach seiner Heirat mit Anna Angelina, der Tochter Kaiser Alexios III. Angelos und der Euphrosyne Kamaterina, zum Despoten ernannt worden war, galt zwar seit der Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer 1204 als byzantinischer Herrscher, zum Kaiser gekrönt wurde er aber erst am 6. April 1208 in Nikaia durch den Patriarchen Michael IV. Autoreianos. Wie alle nikänischen Kaiser strebte er danach, Konstantinopel, die Hauptstadt des byzantinischen Reiches, wieder von den Lateinern zurückzugewinnen. Zunächst aber galten seine Bemühungen der Gründung und Stabilisierung des von vielen Seiten bedrohten nikänischen Reiches - Vorbild für die Organisation des neuen Staates war das alte Byzanz. Heinrich von Flandern und Graf Ludwig von Blois - ihm war durch den lateinischen Teilungsvertrag Nikaia zugesprochen worden - drangen in Kleinasien vor, und nach der Niederlage des Th. im Dezember 1204 bei Poimanenon gerieten die meisten Städte Bithyniens unter Lateinerherrschaft. Die Wende kam durch den Aufstand der thrakischen Aristokratie und dessen Unterstützung durch Zar Kalojan. Nach der Entscheidungsschlacht am 14. April 1205 bei Adrianopel, bei der Kaiser Balduin 1. von Flandern gefangen wurde und Ludwig von Blois fiel, zogen sich die Lateiner aus Kleinasien fast gänzlich zurück; Th. konnte nun seine Macht im westlichen Kleinasien gegenüber den trapezuntinischen Großkomnenen und zahlreichen Teilherrschern (bei Philadelpheia Theo-doros Mankaphas, im Maiandertal Manuel Maurozomes, bei Milet Sabbas Asidenos) festigen. Ein neuerlicher Einfall der Lateiner Ende 1206 unter Kaiser Heinrich von Flandern in Kleinasien endete im Frühjahr 1207 mit einem Waffenstillstand auf zwei Jahre. Im Osten drohte aber Nikaia Gefahr durch das seldschukische Sultanat von Ikonion: Es verbündete sich 1209 in einem Geheimvertrag mit dem lateinischen Kaiserreich gegen die Allianz Th.’ mit dem kleinarmenischen König Leon II. - dessen Nichte Philippa heiratete Th. 1214; diese zweite Ehe wurde bereits nach einem Jahr geschieden, ihr entstammte ein Sohn. Aus erster Ehe hatte Th. zwei jung verstorbene Söhne und drei Töchter (Irene heiratete 1212 den Nachfolger Th.’, Johannes III. Dukas Vatatzes). Eine dritte Ehe schloß Th. mit Maria, der Tochter der lateinischen Kaiserin Jolante, um auch so Ansprüche auf Konstantinopel zu legitimieren. Nach erbitterten und verlustreichen Kämpfen blieb Th. im Frühjahr 1211 bei Antiocheia am Maiander schließlich über Sultan Kaikosru I. siegreich. Der Sultan, der seine Expansionsgelüste in die Forderung nach dem Kaiserthron für den zu ihm geflohenen Exkaiser Alexios III. Angelos gekleidet hatte, fiel, Alexios III. wurde gefangengenommen. Ein Vertrag mit dem neuen Sultan Izzeddin Keykävus I., gab Th. erneut freie Hand gegen die Lateiner, die in Kleinkämpfen in Westkleinasien im Oktober 1211 siegreich bis Pergamon und Nymphaion Vordringen konnten. In dem im Dezember 1214 geschlossenen Friedensvertrag von Nymphaion wurden schließlich die Grenzen genau festgelegt: die Lateiner behielten die Nordwestecke Kleinasiens bis Adramyttion, das ni- känische Reich von Th. wurde bis an die Grenzen des seldschukischen Sultanats bestätigt. Durch den Zusammenbruch der großkomnenischen Herrschaft am Pontus konnte Th. 1214 auch das ganze westlich von Sinope gelegene Herrschaftsgebiet des David Komnenos mit Herakleia und Amastris annektieren und so eine starke Stellung an der Südküste des Schwarzen Meeres erreichen. Ein weiteres Vordringen verhinderte allerdings Sultan Izzed din Keykävus I. durch die Einnahme von Sinope und die Bestätigung des Kaisers Alexios I. Megas Komnenos als seldschukischer Vasall in Trapezunt. Um seine Position gegenüber dem Westen zu stärken, schloß Th. im August 1219 einen Handelsvertrag auf fünf Jahre mit Venedig und bot Robert von Courtenay sogar die Hand seiner Tochter Eudokia an, eine Ehe, die letztlich durch die Gegnerschaft des nikänischen Patriarchen Manuel I. Saran-tenos nicht zustande kam, dessen Position durch die serbische Anerkennung seiner Suprematie gestärkt worden war. Ebenso auf starken Widerstand stieß Th.’ Gedanke an eine Kirchenunion mit Rom, besonders in Epiros, wo Theodoros Dukas Angelos Komnenos ebenfalls Ansprüche auf die byzantinische Kaiserkrone erhob. Etwa im August 1222 starb Th. und wurde im Hyakinthos-Kloster in Nikaia begraben.

Literatur

Gardner, Alice: The Lascarids of Nicaea. London 1912 (Neudruck Amsterdam 1964), 52-115 (mit Bibliographie).
Sinogowitz, B.: Über das byzantinische Kaisertum nach dem vierten Kreuzzuge (1204-1205). In: Byzant. Z. 45 (1952) 345-356.
Ferjančić, Božidar: Despoti u Vizantiji i južno-slovenskim zemljama. Beograd 1960, 30-33.
Ostrogorsky: S. 351-357 (mit Bibliographie).
Nicol, Donald M.: The Greek and Latin Empires, 1204-61. In: The Cambridge Medieval History. Vol. IV: The Byzantine Empire. Part I: Byzantium and its neighbours. Cambridge 1966, 291-307 (mit Bibliographie).
Istorija Vizantii. Bd 3. Red. Gennadij G. Litavrin. Moskva 1967, 30-35, 51-57 (mit Bibliographie).

Verfasser

Rainer Walther (GND: 119004585)

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Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd119004585.html


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Empfohlene Zitierweise: Rainer Walther, Theodoros I. Laskaris, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 298-300 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1765, abgerufen am: (Abrufdatum)

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